Operationsverfahren

operative Eingriffe an der Lunge

Operationen an der Lunge können im Prinzip in zwei große Gruppen eingeteilt werden.

Bei der ersten Gruppe handelt es sich um Eingriffe an Patienten mit einem bösartigen Lungentumor (Lungenkrebs), die eine radikale Operation benötigen, um das Leben zu erhalten.

Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um Operationen bei Patienten, bei denen eine Veränderung des Lungengewebes oder des Zwerchfells vorliegt, die die Effizienz der Atmung einschränken. Eine Operation verfolgt hier das Ziel, die Atemmechanik zu verbessern und damit die Lebensqualität des Patienten zu steigern.

Eingriffe bei Vorliegen eines bösartigen Lungentumors
Bei der Gruppe mit Tumorerkrankungen entsteht ein Konflikt zwischen den Behandlungsmöglichkeiten und der Steigerung bzw. Erhaltung von Lebensqualität der Patienten durch mehrere Faktoren:

Tumorerkrankungen treten bei älteren Patienten häufiger auf. Das gilt insbesondere für das Lungenkarzinom, das vor dem 40. Lebensjahr selten entsteht, mit zunehmendem Alter aber dramatisch zunimmt.

Durch die geburtenstarken Jahrgänge der 60iger Jahre wird die Zahl der älteren Patienten in den nächsten 20 Jahren stark ansteigen. Damit wird auch die Anzahl der Patienten in höherem Alter, die aufgrund eines Lungenkarzinoms behandelt werden müssen, zunehmen.

80-90% der Patienten, die ein Lungenkarzinom entwickeln rauchen oder haben geraucht. Dadurch ist die Lungenfunktion dieser Patienten oft erheblich beeinträchtigt.

Rauchen zerstört die Lungenbläschen und schränkt dadurch die Atemfunktion ein. Diese Lungenerkrankung wird „Chronisch obstruktive Lungenerkrankung“ (COPD) und Lungenemphysem genannt. Sie führt zu einer Einschränkung der Lebensqualität, da die körperliche Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit der betroffenen Patienten oft sehr eingeschränkt sind.

Ein Tumor im frühen Stadium, wie er häufig zufällig im Rahmen von Röntgenuntersuchungen aus anderen Gründen entdeckt wird, führt, für sich genommen, nicht zu einer Einschränkung der Lungenfunktion (s. Abb. 1). Wenn der Tumor jedoch durch eine Operation entfernt werden soll, muss häufig auch nicht vom Tumor befallenes Lungengewebe zusätzlich geopfert werden, da mit einem ausreichenden Sicherheitsabstand zum gesunden Gewebe operiert werden muss. Dies führt zwangsläufig zu einer weiteren Verschlechterung der Lungenfunktion bei einem Patienten, dessen Lungenfunktion durch das Rauchen sowieso schon eingeschränkt ist.

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Abbildung 1: Lungenkrebs im linken Lungenoberlappen

Aus diesem Grunde stellt die präoperative Untersuchung der Lungenfunktion mit Abschätzung ihrer Funktionsreserve und die genaue Berechnung des durch die Operation verursachten Funktionsverlustes eine wesentliche Säule der präoperativen Diagnostik dar. Durch entsprechend aufwendige Untersuchungen mit Atemstrommessungen, Messungen der körperlichen Leistungsfähigkeit und Durchblutungsmessung der Lungen kann relativ genau die Lungenfunktion nach der Operation bestimmt werden.

In diesem Zusammenhang ist es verständlich, dass eine Lungenoperation zwar radikal sein muss, aber gleichzeitig die vorhandene Lunge soweit wie möglich schonen sollte.

Somit ist der für die Lebensqualität und die verbleibende Lungenfunktion schwerwiegendste Eingriff die Entfernung eines gesamten Lungenflügels (Pneumektomie). Diese Operation führt nachweislich zu einer schweren dauerhaften Einschränkung der Lungenfunktion und der Lebensqualität.

In entsprechend erfahrenen Kliniken kann diese Operation jedoch bei den meisten Patienten vermieden werden. Denn durch spezielle Operationstechniken kann der kranke Teil der Lunge mit den zentralen Strukturen entfernt und der verbleibende gesunde Lungenanteil replantiert werden (Abb. 2). Kliniken mit entsprechender Expertise können so die Rate der Entfernungen eines ganzen Lungenflügels auf unter 5% aller Lungenresektionen bei Lungenkrebs senken.

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Abb. 2: Lungenkarzinom in der Lunge rechts zentral, Entfernung mit dem rechten Lungenoberlappen und Replantation der Restlunge.

Zusammenfassend kann man somit in Zusammenhang mit onkologischen Eingriffen sagen, dass viele insbesondere ältere Patienten mit einer durch Rauchen eingeschränkten Lungenfunktion zur radikalen operativen Behandlung eines bösartigen Lungentumors kommen.

Da die radikale onkologische Behandlung zu einem weiteren Verlust der Lungenfunktion führt, ist es sehr wichtig, dass die Operation lungengewebesparend durchgeführt wird.

In von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Lungenkrebszentren, wird der prozentuale Anteil von Lungenflügelentfernungen bzw. gewebeschonenden Eingriffen dokumentiert und kann entsprechend erfragt werden.

Eingriffe bei Vorliegen einer COPD / Lungenemphysem
Die zweite Gruppe von Patienten erfasst Menschen mit einer COPD / Lungenemphysem. Das Lungenemphysem entsteht in der Regel durch das Rauchen. Übrigens führt nicht das Inhalieren von Zigarettenrauch zu einer Verfärbung der Lunge, wie es manchmal dargestellt wird. Eine schwarze Lunge entsteht durch das Einatmen von Ruß oder Kohlestaub wie im Bergbau.

Im Unterschied dazu zerstört das Rauchen massenhaft Lungenbläschen mit dem Effekt, dass die verbleibenden Lungenbläschen einen größeren Durchmesser aufweisen, weil sie die fehlende Funktion der zerstörten Bläschen vergeblich zu ersetzen versuchen. Die Lunge nimmt dadurch insgesamt an Größe zu und wird zu groß für den sie umschließenden Brustkorb (s. Abb. 3)

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Abb. 3: Lunge mit zerstörten blasigen Arealen (dunkel = hoher Luftanteil)

Das Zwerchfell ist ein Muskel, der durch Zusammenziehung und Entspannung das intrathorakale (im Inneren des Brustkorbs befindliche) Lungenvolumen atemabhängig verändert. Ist die Lunge nun zu groß, befindet sich die Muskulatur des Zwerchfells in einem Zustand der Daueranspannung, physiologische Atembewegungen sind jetzt nicht mehr möglich. Dies nennen wir eine „Einschränkung der Atempumpenfunktion“, die zu einem kompletten Versagen der Atmung führen kann.

Eine Operation kann hier zu einer Verbesserung der Atmungsfunktion führen, indem die Lunge durch eine Teilentfernung verkleinert wird. Die Zwerchfellmuskulatur kommt damit wieder in einen effektiven und entspannteren Zustand und das Atmen wird für den Patienten deutlich erleichtert.

Zuerst klingt es widersprüchlich, dass durch eine Teillungenentfernung die Atemfunktion verbessert werden soll. Der Eingriff gelingt aber vor allem dadurch, weil die Zerstörung des Lungegewebes bei einem Anteil von Patienten nicht gleichmäßig verteilt über die Lunge abläuft. Häufig ist sie vor allem in den Lungenspitzen betont. Dies kann bedeuten, dass in den Lungenspitzen nur funktionslose Lungenblasen vorhanden sind, in den unteren Lungenabschnitten aber funktionierendes Lungengewebe existiert.

Die Operation hat nun das Ziel, die funktionslosen blasigen Lungenabschnitte zu entfernen und dadurch die Lunge zu verkleinern ohne dass funktionierendes Lungengewebe entfernt wird. Das vitale Lungengewebe füllt dann den Brustkorb vollständig aus und der Zwerchfellmuskel kann seine Funktion besser ausüben. Dieser Eingriff wird Lungenvolumenreduktion genannt.

Der entscheidende Punkt bei der Behandlung solcher Patienten ist deren Auswahl für die Operation. Es sind differenzierte Analysen der Lungenfunktion, der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Lungendurchblutung notwendig (s. Abb. 4). Anhand dieser Ergebnisse wird in einer Konferenz über das Zielgebiet der Operation entschieden. Bei richtiger Auswahl der Patienten und niedrigem Operationsrisiko wird eine Verbesserung der Lungenfunktion und der Belastbarkeit und somit auch eine entscheidende Verbesserung der Lebensqualität der Patienten erreicht. In vielen Fällen kann sogar eine Verlängerung der Lebensdauer erreicht werden.

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Abb. 4: Messung der Lungendurchblutung bei Lungenemphysem. Das obere Lungendrittel der rechten Lunge ist fast nicht mehr durchblutet

Liegen ein Lungentumor und ein Lungenemphysem vor, so ist es in einigen Fällen sogar möglich, eine Tumorresektion und eine Volumenreduktion zu kombinieren mit dem Ziel, den Tumor radikal zu entfernen und eine Verbesserung der Lungenfunktion zu erreichen.

Gut zu wissen
Oben genannte Ausführungen zeigen, dass vornehmlich das Rauchen auf die Lunge einen extrem ungünstigen Einfluss hat. Deshalb ist die wichtigste Maßnahme zur Erhaltung der Gesundheit gar nicht erst mit dem Rauchen anzufangen oder es aufzugeben. Der Effekt des Verzichtes auf das Rauchen übersteigt jedes noch so gute Ergebnis medizinischer Behandlungen. Zertifizierte Lungenkrebszentren verfügen in der Regel über entsprechende Strukturen, oben beschriebene Untersuchungen und Eingriffe zu ermöglichen.


S-4 Operationsverfahren

Autor: Professor Dr. med. Erich Stoelben
Chefarzt Thoraxchirurgie
Lungenklinik Köln Merheim
Private Universität Witten Herdecke –
Kliniken der Stadt Köln gGmbH

Hinweis: Erstpublikation in der Patientenzeitschrift Chirurgie 1/2014


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Bildnachweis:
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Professor Dr. Erich Stoelben, Köln

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