Symptomatische Verschlechterung bei COPD

Jetzt bin ich COPD-Patient

Meine körperliche Leistungsfähigkeit ließ merklich nach. Mein Hausarzt vermutete zunächst: „Sie werden einfach älter.“

Drei Jahre später wurde aufgrund einer lang anhaltenden, starken Erkältung mit leichtem Schleimauswurf eine Überweisung zum Lungenfacharzt notwendig. Nach Röntgen der Lunge erhielt ich ein Inhalationsspray mit der Empfehlung: „Probieren Sie zunächst aus, ob es Ihnen unter diesem Medikament besser geht und kommen dann wieder.“ Bin ich aber nicht, denn mir ging es gut. Anstatt der Treppe, nahm ich inzwischen allerdings immer den Aufzug.

Nochmals drei Jahre und einige deutliche Infekte ohne Arztbesuch weiter, dann die Diagnose in einer Lungenfachklinik: „Sie haben COPD und Lungenemphysem.“ Im Röntgenbild und CT war das möglicherweise durch Lungenentzündungen vernarbte Lungengewebe ebenso sichtbar wie das Lungenemphysem. Bereiche, die unwiederbringlich für die Atmung verloren sind.

Doch mir geht es immer noch gut, ich empfinde keine Atemnot, habe äußerst selten Husten und kaum Schleimbildung. Nur meine Muskulatur ist spürbar weniger geworden, bei Anstrengungen schwitze ich sofort und meine Aktivitäten muss ich öfter unterbrechen.

Ein Jahr nach Diagnosestellung mit COPD und Lungenemphysem weiß ich nun, dass ich auf meine Lunge hätte besser aufpassen sollen. Zwar habe ich bereits vor 25 Jahren mit dem Rauchen aufgehört, aber die Lunge ist und bleibt geschwächt und anfällig.

Hätte ich etwas anders gemacht, wenn mir die Diagnose eher bewusst gewesen wäre? Ja klar! Ich hätte bei den schweren Infekten frühzeitig gehandelt oder diesen vielleicht vorbeugen können, die Notwendigkeit der Therapie erkannt und ebenso gezielt zum Erhalt meiner Muskelmasse beigetragen.

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Karl-Heinz Wallbusch (63), Chemnitz, COPD II/B nach GOLD mit Lungenemphysem und Alpha-1-Antitrypsinmangel, Typ PiMZ

Liebe Leserinnen, liebe Leser,
die chronisch obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem werden übergeordnet als COPD bezeichnet. Die Erkrankung geht mit Entzündungen und Veränderungen am Lungengewebe einher.

Die Atmung betreffend verursacht COPD Symptome wie Atemnot, Husten und Auswurf. Insgesamt betrachtet, kann sich das Beschwerdebild sehr vielfältig und individuell ausgeprägt darstellen.

Die Symptome unterliegen dabei „normalen“ Schwankungen, die durch viele Faktoren beeinflusst werden. Verschlechtern sich die Beschwerden jedoch deutlich und anhaltend, liegt in den meisten Fällen eine Exazerbation vor. Atemnot ist das ganz dominierende und für viele Betroffene psychisch äußerst belastende Symptom.

Exazerbationen, vor allem schwere und häufig wiederkehrende, nehmen erheblichen Einfluss auf den weiteren Verlauf der COPD und damit auf die Lungenfunktion.

Das wichtigste therapeutische Ziel ist daher, Exazerbationen möglichst zu verhindern und eine Stabilisierung zu erreichen, um die Progression der Erkrankung zu verlangsamen.

Gleichermaßen bedeutend ist das Erkennen und frühzeitige Handeln bei symptomatischen Verschlechterungen, um eine schwere Exazerbation zu vermeiden.

Der Ihnen vorliegende Ratgeber der Patienten-Bibliothek befasst sich mit den Auswirkungen von symptomatischen Verschlechterungen bei COPD sowie den Möglichkeiten, diesen entgegenzuwirken.

Die im Ratgeber enthaltenen ganz persönlichen Erfahrungen von COPD-Patienten können helfen, Zusammenhänge besser zu verstehen und unterstützend dazu beitragen, Ängste von Betroffenen und auch Angehörigen zu relativieren.

Aufgrund der Komplexität ist es empfehlenswert, den Ratgeber mehrfach zu lesen.

Ihr Jens Lingemann
Vorsitzender COPD – Deutschland e.V.
Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland

Basisinformation COPD

Die Abkürzung COPD steht für die englische Bezeichnung chronic obstructive pulmonary disease bzw. chronisch obstruktive Bronchitis.

Chronisch bedeutet, dass eine COPD dauerhaft vorliegt, die Erkrankung bisher nicht geheilt, deren Verlauf jedoch positiv beeinflusst werden kann.

Obstruktiv heißt Verengung und verweist darauf, dass bei einer COPD die Bronchien verengt sind. Zwei wesentliche Ursachen liegen der Verengung zugrunde: die gesteigerte Entzündungsreaktion im Bereich der kleinen Atemwege und die Zerstörung des Lungengewebes durch das Lungenemphysem.

Bronchitis ist der medizinische Fachausdruck für eine Entzündung der Bronchien. Wobei die chronische Bronchitis der Atemwegsobstruktion entweder zeitlich vorangeht oder dieser nachfolgen kann.

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDEine COPD ist eine dauerhaft bestehende Verengung und Entzündung der Bronchien mit einhergehenden Veränderungen am Lungengewebe.

Eine COPD kann mit oder ohne Lungenemphysem auftreten. Meist entwickelt sich ein Lungenemphysem im Rahmen einer COPD, in seltenen Fällen kann jedoch z. B. ein genetisch bedingter Alpha-1-Antitrypsinmangel dessen Ursache sein.
Als Lungenemphysem wird eine irreversible Überblähung der Lunge bezeichnet, die sich durch den Abbau bzw. die Zerstörung von Gewebe an den Lungenbläschen (Alveolen) entwickelt.

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDCOPD und Lungenemphysem gehen mit einer meist schleichenden Verschlechterung der Lungenfunktion einher und sind vor allem durch eine Behinderung in der Ausatmung gekennzeichnet. Die Auswirkungen einer COPD betreffen den gesamten Körper.

Aveolen

Symptomatische Verschlechterung

Symptomentwicklung
Eine COPD äußert sich vor allem mit respiratorischen, die Atmung betreffenden, Symptomen wie

  • Atemnot – als Anzeichen einer Atemwegsobstruktion
  • Husten und Auswurf – als Anzeichen einer Bronchitis

Als erste frühe Symptomatik kann anhaltender Husten auftreten (insbesondere bei Rauchern oder Passivrauchern), was fälschlicherweise über lange Zeit toleriert bzw. als „normal“ empfunden wird. Bei Patienten, bei denen das Emphysem im Vordergrund steht, tritt primär Atemnot unter Belastung auf, oftmals ohne Husten und Auswurf.

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDAtemnot zeigt sich zunächst nur unter Belastung, wie klassischerweise z. B. beim Treppensteigen oder bei anderen körperlichen Anstrengungen. Im weiteren Verlauf der COPD ist Atemnot latent auch in Ruhe vorhanden.

Weitere mögliche allgemeine Anzeichen:

  • Müdigkeit
  • Abnahme der Belastbarkeit
  • pfeifende Atemgeräusche
  • Engegefühl im Brustraum
  • Gewichtsabnahme
  • Abnahme von Muskelmasse (vor allem in Armen und Beinen)
  • Verspannungen der Atem(hilfs)muskulatur (Brust/Nacken etc.)
  • erhöhte Anfälligkeit für Atemwegsinfektionen

In den Erkrankungsstadien I und II werden selbst schwere Atemwegsinfekte oft nicht mit einer möglicherweise vorliegenden COPD in Verbindung gebracht.

Viel zu häufig wird ein Arzt erst dann aufgesucht, wenn der Leidensdruck sehr hoch ist, die Symptome fast unerträglich geworden sind und sich die Erkrankung bereits in einem fortgeschritteneren Stadium befindet. Verlorene Lungenfunktion ist jedoch unwiederbringlich verloren.

Auf und Ab der Symptomstärke
Die Ausprägung der Symptomatik äußert sich individuell sehr verschieden. Manche Patienten weisen beispielsweise eine vielfältige Symptomatik auf. Bei anderen Patienten dominiert dagegen insbesondere eine Symptomatik deutlicher, wie beispielsweise unproduktiver Reizhusten ohne Auswurf oder aber eine kontinuierliche Schleimbildung etc. Die Lebensqualität wird allerdings durch das Symptom Atemnot am meisten beeinträchtigt.

Grundsätzlich unterliegt das Ausmaß der vorhandenen Beschwerden stetigen Schwankungen. Viele Faktoren können darauf Einfluss nehmen, wie z. B. die persönliche psychische Tagesform, möglicherweise vorhandene Begleiterkrankungen, Luftschadstoffe sowohl im Außen- (Ozon, Abgas etc.) als auch im Innenbereich (Reinigungsmittel, Duftstoffe etc.), Stress, körperliche Anstrengungen und vieles mehr.

Bestimmte Wetterlagen übernehmen hinsichtlich der Schwankungen eine bedeutende Rolle. So werden Wintermonate mit Kälte, gleichzeitig verbunden mit einer erhöhten Infektanfälligkeit, von vielen COPD-Patienten als schwer verträglich empfunden. Kälte hat zur Folge, dass sich Bronchien zusammenziehen und weniger Sauerstoff transportiert wird. Manchmal reichen bereits Temperaturschwankungen von wenigen Grad aus, um die persönliche Symptomempfindung zu beeinflussen. Auch hohe Luftfeuchtigkeit kann sich belastend auswirken.

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDIn den 18 Jahren seit meiner Diagnosestellung, hat sich für mich persönlich zweifelsfrei gezeigt, dass in Bezug auf die durch die Erkrankung entstehenden Einschränkungen und körperlichen Befindlichkeiten, kein Tag dem anderen gleicht. Nicht selten wechselt das Empfinden der unterschiedlichen Symptome innerhalb eines Tages. In meinem Fall sind Witterungsbedingungen maßgeblicher Auslöser jeglicher Schwankungen.
Jens Lingemann, Vorsitzender COPD – Deutschland e.V.  www.copd-deutschland.de

Auch tageszeitlich immer wiederkehrende Schwankungen sind für COPD charakteristisch. Manche Patienten zeigen vor allem in den frühen Morgenstunden eine deutlich verstärkte Symptomatik.

Kontinuierliche Tagesschwankungen können in vielen Fällen durch einen optimierten Einnahmezeitpunkt der Inhalation reduziert oder ganz vermieden werden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber.

Akute symptomatische Verschlechterung
Von den „normalen“ Symptomschwankungen abzugrenzen sind die akuten, krisenhaften Verschlechterungen, die phasenweise auftreten können. Sie werden auch als Erkrankungsschübe bezeichnet.

Der medizinische Fachbegriff für eine deutliche Verschlechterung einer bereits bestehenden Symptomatik lautet Exazerbation (lateinisch exacerbare = aufbringen, aufstacheln). Tritt die Verschlimmerung plötzlich auf, spricht man von einer akuten Exazerbation.

Exazerbationen können in allen Stadien, vor allem jedoch in den Stadien II-IV, einer COPD vorkommen. Manche Patienten weisen häufiger eine akute Verschlechterung auf, andere seltener. Während sich Patienten in der Regel von einer leichten Exazerbation gut erholen, können schwere und immer wiederkehrende Exazerbationen die Prognose, d. h. den Verlauf der Erkrankung und somit weiterem Verlust von Lungenfunktion, nachhaltig beeinträchtigen.

Definition: Eine Exazerbation bei COPD ist eine akute, über mindestens zwei Tage anhaltende Verschlechterung der respiratorischen Symptome (Auswurf, Husten, Atemnot) mit der Notwendigkeit einer Intensivierung der Therapie.
Quelle: COPD-Leitlinie 2018 https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-006.html

Eine Exazerbation ist ein komplexes Ereignis, das meist mit verstärkter Entzündung der Atemwege, erhöhter Schleimbildung und ausgeprägter Lungenüberblähung einhergeht. Diese Veränderungen führen zur verstärkten Atemnot, das als Leitsymptom einer Exazerbation bezeichnet werden kann, und weiteren symptomatischen Anzeichen.

Erste mögliche Signale für eine Verschlechterung der Symptomatik:

  • vermehrte Atemnot, auch in Ruhe
  • vermehrter Husten
  • Veränderungen des Auswurfs (Menge, Zähigkeit, gelb-grüne Färbung bei bakteriellen Infekten)
  • verminderte Belastbarkeit
  • vermehrte Müdigkeit, Abgeschlagenheit
  • möglicherweise Engegefühl im Brustraum
  • möglicherweise Fieber
  • der Einsatz der Bedarfsmedikation zeigt nicht die übliche Wirkung

Die häufigste Ursache von Exazerbationen sind vorausgehende virale Atemwegsinfekte.

Weitere Beispiele möglicher Ursachen:

  • bakterielle Auslöser (Haemophilus influenzae und Pneumokokken)
  • Schadstoffe (Noxen) wie Rauchen, Umweltnoxen (Smog, Ozon)

Ebenso können Begleiterkrankungen wie beispielsweise chronische Herzerkrankungen, eine Lungenentzündung (Pneumonie), der Verschluss einer oder mehrerer Lungenarterien (Lungenembolie) oder ein Pneumothorax (krankhafte Luftansammlung im Brustkorb, der zu einem Kollaps eines Lungenflügels führt) Ursache einer Exazerbation sein, was differentialdiagnostisch abgeklärt werden muss.

Eine Exazerbation kann in einem unterschiedlichen Ausmaß stattfinden und wird daher unterteilt in:

  • leicht – wird nur mit zusätzlichen Gaben von kurz wirkenden Bronchodilatatoren (Arzneimittel, die die Bronchien erweitern) behandelt
  • mittelschwer -wird zusätzlich mit systemisch, d. h. auf den ganzen Körper wirkenden oralen (in Tablettenform verabreichten) Glucocorticosteroiden (Cortison) und/oder Antibiotika behandelt
  • schwer – Patient muss hospitalisiert, d. h. in ein Krankenhaus eingewiesen werden bzw. sucht selbst die Notaufnahme auf

Als sehr schwere Exazerbation werden Ereignisse bezeichnet, bei denen eine intensivierte Therapie auf einer Intensivstation oder spezialisierten Versorgungsstation erforderlich wird.

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDHäufig, jedoch nicht immer, entspricht der bestehende Schweregrad der COPD dem der akuten Exazerbation. Allerdings können auch Patienten in einem frühen Stadium der Erkrankung eine schwere Exazerbation entwickeln bzw. Patienten in einem fortgeschrittenen Stadium eine leichtgradige Exazerbation.

Quelle: COPD-Leitlinie 2018 https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-006.html

Emotionales Wechselspiel

Die ersten Schritte
Die Diagnose der chronisch progressiven Erkrankung COPD zu erhalten, führt oft zu großer Verunsicherung. Viele resignieren. Die meisten versuchen – je nachdem in welchem Stadium sich die Erkrankung und die entsprechende Symptomatik befindet – zunächst weiter zu leben wie bisher. Andere wollen die Erkrankung möglichst verheimlichen und gestehen auch sich selbst gegenüber die Erkrankung nicht ein.

Um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Erkrankung im diagnostizierten Status zu stabilisieren, ist ein Leben mit der Erkrankung notwendig, denn es bedarf Ihrer aktiven Mitarbeit.

Haben Sie den Mut, sich mit der Erkrankung auseinanderzusetzen, Schritt für Schritt, um frühzeitig handeln zu können.

Am Anfang, als ich die Diagnose erhielt, hatte ich überhaupt keine Ahnung, was es heißt, mit der Erkrankung zu leben, damit umzugehen. Es ging mir im Prinzip gut, nur manchmal war ich etwas „aus der Puste“. Ich machte mir keine Sorgen. Auch die erste Lungenentzündung habe ich nicht richtig eingeordnet, sie wurde ja erfolgreich mit Antibiotika behandelt. Aber dann kam eine Verschlechterung nach der anderen. Ich fühlte mich hilflos, wenn mich die Atemnot „lähmte“. Den Krankenwagen rufen? Ich war mir nicht sicher, ob es nötig war.
Erst da habe ich begriffen, was COPD bedeutet und begonnen, mich aktiv mit der Erkrankung und deren Stabilisierung auseinanderzusetzen.
Werner Schneider (59), München

Der Umgang mit Atemnot
Atemnot ist das am meisten belastende Symptom bei COPD und das Hauptsymptom bei Exazerbationen. Die Furcht vor Luftnotanfällen ist bei manchen Patienten stets präsent. Außenstehende können dieses Gefühl nur schwer nachvollziehen. Denn auch wenn die Sauerstoffwerte in Ordnung sind, die Situation unter Kontrolle scheint, kann sich Luftnot und Angst verschlimmern oder gar Panik auslösen.

Die Bedrohlichkeit, die das Hauptsymptom Atemnot verursacht, macht ein sich gegenseitiges Bedingen von körperlichem (Atemlimitation) und emotionalem Befinden (Not beim Atmen) jedoch verständlicher.

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Zwei Mechanismen können erklären, warum Angstgefühl und Atemnot so eng miteinander verwoben sind:

  • Luftnot erzeugt automatisch, ohne willentlichen Einfluss, Angstgefühle
  • schnelle und flache Atmung verstärkt die Atemnot

Ausgelöst wird Angst durch einen Reiz, den das Gehirn automatisch bei Auftreten von Atemnot erhält. Die Gehirnregion der sog. Amygdala (auch Mandelkern genannt) ist an der Entstehung der Angst beteiligt. Dieser Mechanismus ist evolutionär begründet, seit Urzeiten ist der Mensch dadurch in der Lage, noch bevor ihm die Gefahr bewusst ist, blitzschnell zu reagieren.

Auch der zweite Mechanismus ist ein Automatismus. Er betrifft den Einfluss derPsyche bzw. Emotionen auf die Atmung.
Angst beeinflusst Atmung, sie wird flacher und schneller. Aufgrund der COPD wird dadurch die Lunge zusätzlich überbläht, die Luftnot verstärkt sich.

Dieser Kreislauf, der sich steigernden Angst und Atemnot, lässt sich willentlich durch bewusstes Atmen unterbrechen. Bereits tiefes, langsames Atmen sowie atemerleichternde Körperstellungen zeigen eine positive Wirkung. Die langsame, verzögerte Ausatmung verringert zunächst das Angstgefühl, so dass die Atmung an sich ruhiger wird und der Körper entspannt.

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© Dr. Oliver Göhl www.trainingbeicopd.de

Moderne therapeutische Konzepte berücksichtigen diesen Aspekt der bewussten Einflussnahme der Atmung auf die Psyche bei der Behandlung von Luftnot. Es kommen sowohl physiotherapeutische Maßnahmen als auch Entspannungstechniken zum Einsatz.

Ergänzend stehen insbesondere in fortgeschrittenen Stadien der COPD-Medikamente zur Verfügung. Zu den medikamentösen Optionen zählen z. B. sog. Anxiolytika mit einem Angst lösenden Effekt oder auch beispielsweise Morphin, das die Luftnot mindert und dadurch Angst lösend wirkt.

Quelle: Dr. Justus de Zeeuw, Köln

Bedeutung der eigenen Symptomatik

Sowohl die möglichen Symptome als auch das Ausmaß und die Auswirkungen der Exazerbationen sind von Patient zu Patient individuell. Umso wichtiger also, die eigene Symptomatik zu kennen und dessen Wahrnehmung zu schärfen, um das Beschwerdebild der vorliegenden Symptome dem behandelnden Arzt so genau wie möglich mitteilen zu können.

Die Schwere der vorhandenen Symptomatik und das Exazerbationsrisiko (Gruppe A-D) bilden die Grundlage für die medikamentöse Therapie.

Die Schweregradeinteilung der COPD gemäß Empfehlungen nach GOLD beinhaltet daher ergänzend zur Messung der Lungenfunktion anhand des FEV1-Wertes (GOLD Grad 1-4) die patientenrelevanten Kriterien der Schwere der Symptome mittels subjektivem Fragebogentest (CAT-, mMRC- oder CCQ-Test) und des Exazerbationsrisikos anhand vergangener Exazerbationen, mit und ohne Krankenhauseinweisung, innerhalb der letzten 12 Monate (Gruppe A-D).

GOLD 1      FEV1 ≥ 80 % des Sollwertes
GOLD 2      FEV1 < 79 % und ≥ 50 % des Sollwertes
GOLD 3      FEV1 < 49 % und ≥ 30 % des Sollwertes
GOLD 4      FEV1 < 29 % des Sollwertes

Gruppe A   0-1 Exazerbation im letzten Jahr, die nicht im Krankenhaus behandelt werden musste; wenige Symptome (CAT < 10; mMRC ≤ 1, CCQ < 1)

Gruppe B   0-1 Exazerbation im letzten Jahr, die nicht im Krankenhaus behandelt werden musste, mehr Symptome (CAT ≥ 10, mMRC ≥ 2, CCQ ≥ 1)

Gruppe C   ≥ 2 Exazerbationen im letzten Jahr ohne Krankenhaus oder ≥ 1 Exazerbation im Krankenhaus; wenige Symptome (CAT < 10, mMRC ≤ 1, CCQ < 1)

Gruppe D   ≥ 2 Exazerbationen im letzten Jahr ohne Krankenhaus oder ≥ 1 Exazerbation im Krankenhaus, mehr Symptome (CAT ≥ 10, mMRC ≥ 2, CCQ ≥ 1 )

A oder B = geringes Exazerbationsrisiko, C oder D = hohes Exazerbationsrisiko
A oder C = geringe Symptome, B oder D = höhergradige Symptome

Quelle: GOLD-Empfehlungen 2018 und COPD-Leitlinie 2018 https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-006.html

Bereits stattgefundene Exazerbationen stellen das größte Risiko dar, weitere Exazerbationen zu erleiden. Die GOLD-Einteilung verdeutlicht, dass die Schwere der Symptome und die Anzahl der Exazerbationen, nicht abhängig sind vom Grad der vorhandenen Lungenfunktion.

Persönliches Erleben

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDVerstärkte Atemnot ist das Hauptsymptom einer akuten Verschlechterung. Doch ebenso können sich andere Symptome der Lungenerkrankung verstärken oder neue Symptome hinzukommen. Die Ausprägungen und ebenso die Auswirkungen sind individuell und vielfältig. Zum besseren Verständnis schildern einige COPD-Patienten hier ihre ganz persönlichen Erfahrungen:

„Entdeckt wurde das Vorliegen der COPD in Zusammenhang mit einer Lungenentzündung im Jahr 2000.
Deutliche Luftnot war allerdings bereits früher 
vorhanden, die ich als Raucherin fälschlicherweise als normal eingestuft habe. Nach der Diagnose erfolgte der Rauchstopp und ich wurde medikamentös eingestellt. Die Erkrankung entwickelte sich kontinuierlich weiter, jedoch langsam, so dass ich meinen Beruf trotzdem bis zu meinem 60igsten Lebensjahr ausüben konnte“, schildert Gundel Wegener (66), Osnabrück.
„Das Erkennen von Vorzeichen einer Exazerbation in Zusammenhang mit meiner individuellen Situation musste ich erst durch Gespräche mit meinem Lungenfacharzt und durch Schulungen während einer Rehabilitation erlernen. Vorher habe ich zwei Situationen erlebt, bei denen es mir einige Tage symptomatisch insgesamt zwar etwas schlechter ging, dies von mir jedoch nicht weiter beachtet wurde und dann urplötzlich innerhalb weniger Minuten eine so starke Verschlechterung mit ausgeprägter Atemnot auftrat, dass ich den Notarzt rufen musste. Heute kann ich die Anzeichen besser erkennen und weiß zudem, welche Maßnahmen ich selbst frühzeitig einleiten kann. Eine Notsituation habe ich seither nicht mehr erlebt.“

„COPD wurde bei mir im Jahr 2008 diagnostiziert. Viele Jahre ging es mir mit der Erkrankung einigermaßen gut. Anfangs bei einem FEV1-Wert (Lungenfunktionswert, sog. Einsekundenkapazität) von 64 % des Normwertes. Im Laufe der Zeit dann mit 54 %. Mein Leben konnte ich fast wie vor der Diagnose führen, sogar Skilaufen war möglich. Lediglich die große Müdigkeit, die ich häufig verspürte, machte mir zu schaffen – obwohl auch das noch erträglich war“, berichtet Barbara Durand (56), München.
Vor drei Jahren verschlechterte sich die Situation schlagartig aufgrund einer ziemlich heftigen akuten Exazerbation mit Krankenhausaufenthalt. Der EV1-Wert ist inzwischen auf 39 % abgesunken. Trotzdem verfüge ich immer noch über relativ viel Kraft – was ich auf meine sportliche Konstitution zurückführe. Medikamentös bin ich optimal eingestellt. Mit dem Symptom Atemnot besser umzugehen, habe ich in der Atemnot-Ambulanz in München gelernt.

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPD„Aufgrund eines schweren viralen und im späteren Verlauf auch bakteriellen Infektes mit deutlicher Verschlechterung aller Symptome wurde ich ohne Notsituation von meinem Arzt ins Krankenhaus eingewiesen. Nach Abklingen der Infekte war mein FEV1-Wert auf 24 % gesunken und eine stationäre Rehabilitation in einer Lungenklinik als Anschlussheilbehandlung wurde eingeleitet. Wieder zu Hause konnte ich den Lungensport und die Atemtherapie fortsetzen. Die aktuelle Untersuchung bei meinem Lungenfacharzt ergab einen Wiederanstieg auf meinen ursprünglichen FEV1-Wert von 33 %“, dokumentiert Heiner Baumann (64), Lindlar.

Die Diagnose COPD erhielt Michael Fischersworring (52) im Jahr 2004. „Ich habe die Erkrankung zunächst als gegeben hingenommen, ohne mich jedoch näher damit zu befassen, denn die Einschränkungen waren noch nicht so gravierend. Die verordneten Medikamente habe ich eingenommen und fröhlich weiter geraucht.“
Ab 2011 verschlechterten sich jedoch Symptomatik und Belastbarkeit sukzessive. Im Dezember 2016 erfolgte dann der große Einbruch. Aufgrund eines Infektes hatte Michael Fischersworring eine akute Exazerbation. „Es ging mit total schlecht. Ich war nicht einmal mehr in der Lage, auch nur die kleinste Kleinigkeit zu erledigen.“ Ehefrau Marion rief den Notarzt. Es wurde ein starker Anstieg des Kohlendioxidgehaltes im Blut festgestellt und eine damit einhergehende CO2-Narkose mit Bewusstseinsstörungen und zunehmender Schläfrigkeit. „14 Tage habe ich insgesamt auf der Intensivstation gelegen, viel Zeit um nachzudenken und auch zu überlegen, wie es weitergehen soll.“ Der erste daraus folgende Entschluss war der Rauchstopp. Medikamentös wurde Michael Fischersworring neu eingestellt.
Zudem wurde eine Langzeit-Sauerstofftherapie (LOT) notwendig, in der Nacht entlastet zusätzlich eine nicht-invasive Beatmung (NIV) über einen Zeitraum von acht Stunden die Atemmuskulatur und verbessert gleichzeitig die Blutgaswerte. „Meine Lebensqualität hat sich seither um 100 % verbessert. Bereits vier Wochen nach dem Rauchstopp war die morgendlich sehr belastende Symptomatik des Hustens komplett verschwunden. Auch mit der medikamentösen Therapie komme ich gut zurecht und fühle mich seit der Neueinstellung weniger eingeschränkt. Ich führe trotz fortgeschrittenem COPD-Stadium ein relativ aktives Leben und kann sogar weiterhin täglich etwa drei Stunden als Wartungsmonteur für Verkehrssicherheitssysteme arbeiten. Ich habe erfahren, wie wichtig es ist, sich zu informieren, über die Erkrankung zu sprechen, auch mit seinem Umfeld, und zudem niemals aufzugeben.“

Mehr über Michael Fischersworring finden Sie in der Winterausgabe 2017 der Patienten-Bibliothek / COPD in Deutschland auf www.Patienten-Bibliothek.de.

Bedarfsmedikation und Notfallmedikation

Neben der täglichen Dauermedikation bei COPD, bei der es sich um Medikamente zur Inhalation mit einer Wirkung über 12-24 Stunden handelt, stehen ergänzend Medikationen für den Bedarf und für den Notfall zur Verfügung.

Fälschlicherweise wird eine Bedarfsmedikation oft bereits als Notfallmedikation bezeichnet. Womit jedoch das wichtige Ziel einer Bedarfsmedikation, Atemnotsituationen vorzubeugen und zu therapieren, verloren geht.

Bedarfsmedikation
Wie der Name schon verdeutlicht, wird eine Bedarfsmedikation nicht regelmäßig, sondern nur im Bedarfsfall eingesetzt. Es handelt sich dabei um schnell wirksame, die Bronchien erweiternde Medikamente zur Inhalation, dessen Wirkung im Mittel etwa 4 Stunden anhält.

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDEine Bedarfsmedikation wird eingesetzt, um:

  • Atemnotsituationen vorzubeugen z. B. vor Situationen, bei denen man weiß, dass sich voraussichtlich Atemnot einstellen wird, wie sportliche Betätigungen, Einkaufen etc.
  • akute, plötzlich auftretende Luftnotsituationen zu therapieren z. B. bei einem nächtlichen Aufwachen mit Atemnot, witterungsbedingten Einflüssen

Eine Erstverordnung sollte nicht nur eine Dauermedikation beinhalten, sondern immer auch eine Bedarfsmedikation.

Wann ein Bedarf besteht, kann im Prinzip nur vom Patienten selbst definiert werden, nur er selbst spürt die symptomatische Veränderung. Zu beachten ist: Ist der zusätzliche Einsatz eines Bedarfssprays kontinuierlich sehr häufig notwendig, sollte die Dauermedikation überprüft und optimiert werden.

Die Anwendung des Inhalationssystems (Device) zur Bedarfsmedikation muss ebenso wie das der Dauermedikation geübt werden – alleine schon vor dem Hintergrund, dass ein Bedarfsmedikament nicht so oft eingesetzt wird. Der richtige Umgang mit dem Inhalationssystem ist die wichtigste Grundlage der Therapie.

Notfallmedikation
Eine Bedarfsmedikation sollte zu jeder Zeit griffbereit sein, d. h. unmittelbar bei sich getragen werden, um einen Notfall möglichst zu vermeiden.

Partner oder Angehörige sollten gleichermaßen über die Anwendung und die Verwahrung informiert sein und für den Fall, dass die Wirkung des Bedarfssprays nicht, wie erwartet, eintritt, das Procedere einer Notfallsituation bzw. bei akuter schwerer Luftnot die Rufnummern des behandelnden Arztes bzw. Notarztes kennen.

Wenn ein Bedarfsspray nicht mehr wie gewohnt wirkt, ist dies ein deutliches Zeichen für eine Exazerbation.

Zu den Notfallmedikamenten zählen Cortison in Tablettenform und Antibiotika.

Um eine bedarfsgerechte Anwendung sicherzustellen, können diese Medikamente zur Selbstmedikation im Notfall allerdings nur entsprechend eschulten Patienten verordnet werden.

Cortison hat eine rasche Wirkung auf die Entzündung, die mit einer Exazerbation einhergeht und somit auch auf die Atemnot. Liegt eine schwergradige Lungenfunktionseinschränkung von unter 50 % FEV1 vor, kann sich die Lunge durch den Einsatz von Cortison schneller wieder erholen und die Symptomatik normalisieren.

Antibiotika werden insbesondere bei einem deutlichen Anstieg des Sekrets mit eitriger Verfärbung als Ausdruck einer bakteriellen Infektion sowie deutlicher Atemnot verabreicht.

Eine Notfallmedikation wird eingesetzt, um:

  • in Ergänzung zum Bedarfsspray akute, plötzliche Atemnot zu therapieren
  • Entzündungen rasch zu reduzieren und der Entwicklung einer schweren Exazerbation entgegenzuwirken

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Erkennen und frühzeitig handeln

Symptomanalyse: Richtige Einschätzung der aktuellen Situation

Stabile Lunge
• Sie haben tagsüber selten Atemnot
• Sie haben kaum Husten
• Sie haben wenig Auswurf
• Sie sind normal belastbar
• Der Verbrauch Ihres Bedarfssprays ist unverändert
• Keine Zeichen eines Infektes
• Ihr Peak-Flow-Wert entspricht Ihrem persönlichen Bestwert

Instabile Lunge
• Sie haben tagsüber öfter Atemnot
• Der Husten verstärkt sich
• Der Auswurf nimmt zu und verändert sich
• Ihre Belastung nimmt ab
• Sie müssen Ihr Bedarfsspray öfter anwenden
• Zeichen eines Infektes können auftreten
• Ihre Peak-Flow-Werte sinken

Infekt
• Verstärkte Atemnot
• Vermehrt Husten
• Zunahme von Menge und Zähigkeit des Auswurfs, der sich bei einem bakteriellen Infekt gelb-grün verfärbt
• Deutlich eingeschränkte Belastbarkeit
• Sie müssen Ihr Bedarfsspray häufig anwenden
• Allgemeines Krankheitsgefühl, Schwitzen, Halsschmerzen, Fieber
• Abfall der Peak-Flow-Werte

Quelle: Persönlicher COPD-Aktionsplan auf Grundlage des COBRA-Schulungsprogramms,
Prof. Dr. Heinrich Worth, Fürth und Dr. Christian Schacher, Nürnberg, Deutsche Atemwegsliga e. V. www.atemwegsliga.de

Hinweis: Tragen Sie zusammen mit Ihrem behandelnden Arzt, die entsprechend verordneten Medikamente und Einnahmeempfehlungen gemäß der Beschwerdesituation z. B. in den Persönlichen COPD-Aktionsplan ein, den Sie auf www.atemwegsliga.de herunterladen können.

Aktionsplan: Richtiges Verhalten bei akuter Luftnot

  • Zwei Hübe des Bedarfssprays
    Besprechen Sie mit Ihrem Arzt auch die mögliche Verwendung einer Inhalationshilfe (Spacer). Auch bei Verwendung eines Verneblers können atemwegserweiternde Medikamente inhaliert werden.
  • Fünf bis zehn Minuten in atemerleichternder Körperhaltung – Lippenbremse (Ausatmen gegen locker aufeinanderliegende Lippen) abwarten
  • Stellt sich keine Besserung ein, zwei weitere Hübe des Bedarfssprays
  • Einnahme des Notfallmedikamentes, 50 mg Prednisolon (Cortisontablette) bzw. gemäß individueller Verordnung
  • Weitere zehn bis fünfzehn Minuten in atemerleichternder Stellung – Lippenbremse abwarten
  • Bei weiterer Verschlechterung rufen Sie den Notarzt (Telefon 112)
Quelle: COBRA-Schulungsprogramm, Deutsche Atemwegsliga. e. V. www.atemwegslige.de

Anzeichen für eine schwere Exazerbation können neben einer ausgeprägten Atemnot in Ruhe und hoher Atemfrequenz auch Verwirrtheit, Benommenheit, neu auftretende Symptome wie z. B. Zyanose (bläuliche Verfärbung der Haut, Schleimhäute, insbesondere Lippen und Fingernägeln), periphere Ödeme (Wasseransammlungen im Gewebe, meist in Beinen und Armen) sein.
Zögern Sie nicht, einen Notarzt anzurufen!

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDPeak-Flow-Messung
Der Peak-Flow-Meter ist ein einfach zu handhabendes mechanisches oder elektronisches Messgerät, mit dem die maximale Strömungsgeschwindigkeit der Atemluft während der Ausatmung bestimmt wird und so als „kleiner Ersatz“ für die Einsekundenkapazität (FEV1-Wert) angesehen und zur persönlichen Verlaufskontrolle eingesetzt werden kann.

Zu beachten ist jedoch, dass die Schwankungen bei einer COPD minimal sind und zudem bei einer akuten Verschlechterung die Zunahme der Beschwerden dem Abfall des Peak-Flow-Wertes vorangeht.

Nachsorge Exazerbation

Jede Exazerbation sollte, auch wenn sich die Symptomatik aufgrund der selbst eingeleiteten, verordneten Bedarfs- und ggf. Notfallmedikation wieder stabilisiert hat, dem behandelnden Arzt unverzüglich mitgeteilt werden. Nur so kann die aktuelle Situation überprüft und ggf. notwendige ergänzende Behandlungsschritte eingeleitet werden.

Das entscheidende Ziel der Therapie einer Exazerbation besteht darin, die negativen Auswirkungen der aktuellen Exazerbation zu minimieren und weitere Ereignisse zu verhindern.

Nach erfolgreicher Stabilisierung sollten neben der Überprüfung der Langzeittherapie möglichst alle Maßnahmen ergriffen werden, die das Risiko für weitere Exazerbationen senken – siehe nachfolgendes Kapitel „Präventive Behandlungsoptionen“.

Schwere Exazerbationen
Schwere Exazerbationen müssen im Krankenhaus behandelt werden. Zu berücksichtigen ist immer auch das vorliegende Stadium der COPD sowie bestehende schwerwiegende Begleiterkrankungen (z. B. Herzschwäche, neu auftretende Herzrhythmusstörungen etc.).

Neben der medikamentösen Therapie kann möglicherweise eine Sauerstofftherapie erfolgen. Ebenso kann eine Maskenbeatmung (nicht-invasive Beatmung) zur Erholung der Atemmuskulatur beitragen, da diese bei akuten Verschlechterungen besonders belastet wird.

Wichtig! Eine Verlaufsbeobachtung und Kontrolle des Gesundheitszustandes durch den Lungenfacharzt wird nach Entlassung aus dem Krankenhaus in einem Zeitraum von maximal 4 Wochen und erneut nach maximal 16 Wochen empfohlen, da es sich um einen sensiblen Zeitraum mit hohen Rückfallquoten handelt und so das Risiko eines erneuten Krankenhausaufenthaltes reduziert werden kann.

Weiterhin wird die Durchführung einer pneumologischen Rehabilitation als Anschlussheilbehandlung nach einem Krankenhausaufenthalt empfohlen, um das Risiko für eine erneute Exazerbation zu senken.

Quelle: GOLD-Empfehlungen 2018 www.goldcopd.org

Aktionsplan: Emotionales Selbstmanagement
COPD-Patienten, die bereits Erfahrungen mit Exazerbationen gesammelt haben, wissen um den Teufelskreis aus Angst und Atemnot. Manche können sich mit Selbstmanagementtechniken beruhigen, die sie beispielsweise in einer Pneumologischen Rehabilitation erlernt haben, anderen fällt dies schwerer.

Hilfreich für das „Selbst“-Management von Exazerbationen ist, gezielt die Selbstwirksamkeitserwartungen, d. h. die Überzeugung, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können, zu stärken. Die Grundlage hierfür bilden die eigenen Erfahrungen im Zusammenhang mit einem akuten Krankheitsschub. Einfache Fragestellungen helfen in der rückblickenden Betrachtung herauszufiltern, welche individuellen Maßnahmen bei der Bewältigung am besten geholfen haben.

Erstellen Sie anhand dieser Nachbetrachtung und Ihrer persönlichen Wahrnehmung einen ganz individuellen Aktionsplan zur besseren Bewältigung und zum emotionalen Selbstmanagement von akuten Verschlechterungen:

Was geschieht meistens, bevor ich eine Exazerbation habe?
o Was kann ich dann tun?
o Wer kann mich dabei unterstützen?

Wie fühle ich mich, wenn die Atemnot schlimmer wird?
o Was kann ich dann tun?
o Wer kann mich dabei unterstützen?

Wie reagiere ich bei Atemnot auf die Anwesenheit von Angehörigen?
o Was kann ich dann tun?
o Was können die anderen dann tun?

Wie reagiere ich auf die Hilfe von Arzt/Rettungsdienst/Klinik?
o Was bedeutet das für mich?
o Was bedeutet das für meine Angehörigen?

Wie kann ich mich bei Atemnot am besten selbst beruhigen?
o Was bedeutet das für mich?
o Wer kann mich dabei unterstützen?

Am besten bewahren Sie diesen individuellen Aktionsplan zusammen mit dem Aktionsplan COPD, den Bedarfs- und Notfallmedikamenten sowie den Telefonnummern des behandelnden Arztes und der Notfallnummer immer griffbereit auf.

Quelle: Monika Tempel, Regensburg, www.monikatempel.de

Präventive Behandlungsoptionen

Die aktuelle COPD Leitlinie 2018 dokumentiert Behandlungsoptionen, die innerhalb von Studien positive Effekte hinsichtlich der Prävention von weiteren Exerzerbationen nachweisen können:

Bronchodilatatoren Basistherapie zur Dauermedikation
Langwirksame Bronchien erweiternde inhalative Substanzen zur Reduktion und Prävention von Symptomen; sie verbessern die Lungenfunktion, die Atemnot, den Gesundheitsstatus und senken die Exazerbationsrate, wobei Kombinationstherapien effektiver sind als Einzelsubstanzen

Kortikosteroide
Cortisonhaltige Arzneimittel zur Entzündungshemmung in fixer Zweifach- oder Dreifachkombination mit Bronchodilatatoren

anti-entzündlich (kein Cortison)
Roflumilast, ein sog. Phosphodiesterase-4-Hemmer mit Wirkung in den Entzündungszellen

Antiinfektiva
Medikamente, die der Therapie von Infektionskrankheiten dienen:
► Influenzavakzine
► Langzeit-Makrolide (Langzeit-Antibiotika)

Mukoregulatoren
Arzneimittel zur Schleimlösung:
► N-Acetylcystein
► Carbocystein
► Cineol

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDWeitere Interventionen

Raucherentwöhnung

Patientenschulung

Rehabilitation

Lungenvolumenreduktion

Quelle: Leitlinie COPD 2018 http://www.awmf.org/leitlinien/detail/II/020-006.html

Aktiver Umgang mit der Erkrankung

Durch den aktiven Umgang mit der Erkrankung können Sie selber sehr viel dazu beitragen, Exazerbationen möglichst zu verhindern bzw. deren Häufigkeit zu verringern. Die ersten Schritte zum aktiven Umgang mit der Erkrankung sind: die Erkrankung anzunehmen, nicht aufzugeben und zu beginnen, das Leben mit der Erkrankung aktiv zu gestalten.

Exazerbationen bedeuten eine körperliche, emotionale und soziale Herausforderung. Sowohl Patienten als auch Angehörige müssen während und nach einer Exazerbation ihr Leben neu „ausbalancieren“. Neuere wissenschaftliche Ansätze zeigen, dass neben der körperlichen Widerstandskraft ebenso die psychische Widerstandskraft (Resilienz) eine wichtige Rolle für das Ausmaß und die Dauer der Folgen einer Exazerbation spielt.

Maßnahmen zur Stärkung der psychischen Kräfte:

Arzt-Patienten-Gespräch
Ihr Arzt ist Ihr Partner im Management Ihrer Erkrankung. Ein Vertrauensverhältnis und ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe bilden die bestmögliche Basis auch bei kritischen Erkrankungssituationen. Suchen Sie das Gespräch mit Ihrem Arzt und scheuen Sie sich nicht, Ihre Ängste anzusprechen.

Patientenschulung
Wer über seine Erkrankung informiert ist und gut über sie Bescheid weiß, kann in der Regel auch besser mit ihr umgehen. In einer gut strukturierten COPD-Schulung, ambulant und/oder in einer Rehabilitationsklinik durchgeführt, erhalten Sie Informationen über die Erkrankung, die Möglichkeiten der Krankheitsbewältigung unter Einschluss eigener Beobachtungen der Symptome und einer schweregradorientierten Anpassung der Medikation.

Angstbewältigung
Oft werden psychische Symptome und Ängste bei einer COPD als „normale“ Reaktion auf die Erkrankung betrachtet – sowohl von Seiten der Patienten als auch von Ärzten. Angst und Depressionen sind jedoch von besonderer Tragweite und nehmen nicht nur Einfluss auf die Lebensqualität, sondern haben ungünstige Auswirkungen auf die Einhaltung des Therapieplans und damit oft ein erhöhtes Risiko an Verschlechterungen. Aktive Angstbewältigung sei es durch Information, ein Gespräch mit dem Arzt oder die Einbindung eines Psychologen sind daher wichtige Elemente, um die emotionale Widerstandskraft zu stärken.

Hilfe zur Selbsthilfe
„Wenn ich ein Problem habe, kann ich mir nicht immer selbst helfen, ich komme aber weiter, wenn ich mich in Bewegung setze, indem ich Kontakt zu Menschen suche, die in einer ähnlichen Situation sind.“

Quelle: BAG Selbsthilfe e.V. www.bag-selbsthilfe.de

Maßnahmen zur Stärkung der körperlichen Kräfte:

Rauchstopp
Ein Rauchstopp ist die wirksamste und effektivste Maßnahme, um die Progression der COPD zu verlangsamen und die Exazerbationsrate zu verringern!

Konsequente Einhaltung der Therapie
Die kontinuierliche, konsequente Einhaltung der verordneten Therapiemaßnahmen senkt die Symptomatik und reduziert die Exazerbationsrate. Haben Sie Fragen zur Therapie, besprechen Sie diese unbedingt immer mit Ihrem Arzt.

Vermeidung von Infekten
Zur Vermeidung von viralen Infekten wird jährlich jeweils Ende November eine Influenza-Impfung empfohlen. Beachten Sie, dass neben der standardmäßigen Dreifachimpfung, auch eine wirksamere Vierfachimpfung möglich ist. Weiterhin wird die Pneumokokken-Impfung empfohlen. Die meisten Infekte werden durch die Hände übertragen. Verzichten Sie daher auf die üblichen Begrüßungsrituale und achten Sie verstärkt auf Ihre Händehygiene.

Körperliche Aktivität
Speziell an die COPD und den aktuellen Schweregrad angepasstes Training kann die Lebensqualität und Belastbarkeit erhöhen. Lungensport und medizinische Trainingstherapie sind neben der medikamentösen Therapie zentrale und unverzichtbare Maßnahmen für ein optimales Behandlungskonzept. Jeder Schritt zählt!

Atemphysiotherapie
Mithilfe von Atemtechniken können Symptome wie Husten und Atemnot aktiv gelindert werden, weitere Ziele einer Atemphysiotherapie sind die Stärkung der Atemmuskulatur, die Mobilisation von Bronchialsekret und die Linderung von Husten.

Ernährung
Übergewicht und insbesondere Untergewicht belasten das Gesamtbefinden einer COPD zusätzlich und sollten vermieden werden.

Exarzerbation-bei-COPD-4-300x182 Symptomatische Verschlechterung bei COPDHäufige Fragen und ihre Antworten

COPD hat einen progressiven, d.h. einen sich stetig verschlechternden, chronischen Verlauf. Was bedeutet Progression bei COPD?

Zunächst sollte jedem COPD-Patienten bewusst sein, dass Tabakrauch die Progression der Erkrankung deutlich beschleunigt und daher ein Rauchstopp die erste Maßnahme innerhalb des Behandlungskonzeptes sein muss. Mehrere gut strukturierte Programme zur Entwöhnung stehen hierfür zur Verfügung. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt!

Altersbedingt verändert sich bei jedem Menschen im Laufe des Lebens die Lungenfunktion, die Lungenfunktionswerte nehmen ab. Im Sinne der Einsekundenkapazität (FEV1) bedeutet dies pro Jahr etwa 30 ml weniger Lungenkapazität.

Wird ein COPD-Patient nicht therapiert und raucht zudem weiter, muss man von einer etwaigen jährlichen Abnahme von 60-100 ml ausgehen. Die Lungenkapazität verringert sich also deutlich schneller als bei Lungengesunden. Erfolgt ein Rauchstopp und werden zudem die Medikamente entsprechend der Verordnung regelmäßig eingenommen, kann inzwischen eine Annäherung an die Reduktionswerte eines Lungengesunden erreicht werden.

Bedeutet für COPD-Patienten, dass jeder Infekt eine Exazerbation ist?

Die Atemwege sind bei einer COPD durch die chronische Infektion deutlich empfindlicher. Bei einer Virusinfektion, der Hauptursache für eine Exazerbation, reagieren COPD-Patienten wesentlich stärker, als Lungengesunde.

Tritt in Folge des Infektes mehr Luftnot auf, kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass es sich um eine Exazerbation handelt. Bleibt es bei einer laufenden Nase und Halsschmerzen, sind nur die oberen Atemwege betroffen und es handelt sich nicht um eine Exazerbation.

Infekte sollten, bei Vorliegen einer COPD, so gut wie möglich durch alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen, wie z. B. Impfungen, persönliche Verhaltenhaltensweisen wie z. B. Händehygiene und körperliche Widerstandskraft, wie z. B. körperliche Aktivitäten und gesunde, ausgewogene Ernährung, vermieden werden.


Bildnachweis:
Deckblatt, S. 3, 21, 24 Viacheslav Iakobchuk –Fotolia.com, S. 5 lanamaster, S. 6 luismolinero, S. 7 Arcady, S. 9 rainbow33, S. 10, 13, 14 trahko, S. 11 Dr. Oliver Göhl, www.trainingbeicopd.de, S. 15 laboko, S. 16 Elena, S. 18 Aleksandr Ugorenkov, U4 Yuri Acurs, ArTo, Alexander Raths – alles Fotolia.com

Wissenschaftliche Beratung:
Monika Tempel, Ärztin, Regensburg, www.monikatempel.de

Text/Redaktion:
Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek

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