Pneumologische Rehabilitation

…in Zeiten von Corona

In einer aktuellen Empfehlung zur Pneumologischen Rehabilitation bei CoVid-19 beschreibt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) die gesundheitlichen Folgen von CoVid-19 und leitet daraus rehabilitative Maßnahmen für die Betroffenen ab.

Etwa 173.000 Menschen in Deutschland haben nach Schätzungen des Robert Koch-Institutes eine CoVid-19-Erkrankung überstanden und gelten formal als „genesen“. Doch auch nach Abklingen der Infektion können die Lungenfunktion und körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt sein. Daher benötigen einige „genesene“ Patienten auch nach der Akutphase der Erkrankung eine fachkundige Nachsorge und Rehabilitation durch erfahrene Pneumologen.

Koczulla-Rembert Pneumologische Rehabilitation

Im Gespräch mit Professor Dr. Rembert Koczulla, Chefarzt, Fachzentrum für Pneumologie, Schön Klinik Berchtesgadener Land, Schönau erfahren wir mehr.

CoVid-19 bringt in vielen Bereichen Verunsicherung mit sich. Chronische Lungenpatienten ohne Infektion fragen sich beispielsweise, ob in Coronazeiten eine reguläre stationäre Pneumologische Rehabilitatationsmaßnahme überhaupt möglich ist.

Pneumologische Rehabilitation findet ganz normal statt, natürlich unter den erforderlichen Schutzmaßnahmen der Hygiene. Dies bedeutet insbesondere: Abstandsregelungen, Mundschutz und Händedesinfektion.

Um diesen Regularien zu entsprechen, wurde beispielsweise in unserer Rehabilitationsklinik die Zahl der vor Ort befindlichen Rehapatienten reduziert. Somit können die erforderlichen Abstände sowohl bei den therapeutischen Maßnahmen als auch bei den Mahlzeiten eingehalten werden.

Patienten, die eine stationäre Pneumologische Rehabilitationsmaßnahme benötigen, sollten sich daher nicht scheuen, diese auch zu beantragen.

Wichtig zu wissen ist lediglich, dass eine Befreiung vom Mund-Nasen-Schutz während des Aufenthaltes nicht möglich ist, da es sich um einen Krankenhausbetrieb handelt. Sollte ein Mund-Nasen-Schutz überhaupt nicht tolerabel sein, kann ggf. ein sog. Face-Shield, d.h. ein aus Kunststoff bestehendes Visier, eine Alternative darstellen, wobei der Schutz hier deutlich weniger effizient ist. Es handelt sich jedoch um eine Einzelfallentscheidung.

Welche Erfahrungen haben Sie bei Anschlussheilbehandlungen (AHB), d.h. einer unmittelbar auf einen Krankenhausaufenthalt folgenden Rehabilitationsmaßnahme, nach einer CoVid-19-Infektion gemacht?

Wir haben gelernt, dass eine CoVid-19-Erkrankung letztendlich nicht nur die Lunge betreffen kann, wenngleich der Fokus auf der Lunge liegt. Vielfältige Befunde dokumentieren, dass auch die Gefäße ein Angriffsort für das Virus sind und den gesamten Erkrankungsverlauf beeinflussen können.   

Da der menschliche Körper von einem Gefäßnetz durchzogen ist, können viele Stellen betroffen sein, beispielsweise das Herz, die Nieren, es kann aber auch zu neurologischen Ausfällen und allgemein zu Gefäßproblemen kommen.

Bei Patienten, die aufgrund eines schweren Verlaufs mit CoVid-19 beatmet werden mussten, kommt es zudem zu einer langen Liegezeit im Krankenhaus, was einen deutlichen Muskelverlust, eine sog. Sarkopenie, und unter Umständen eine Beeinträchtigung des neuromuskulären Zusammenspiels, also der Signalübertragung der Nerven auf die Muskulatur, mit sich bringt.

Aufgrund dieser möglichen Vielfalt der Auswirkungen von CoVid-19 ist bei einer Aufnahme zur Pneumologischen Rehabilitation daher zunächst eine sehr sorgfältige Bestandsaufnahme der vorliegenden Beeinträchtigungen erforderlich.

Das Wichtigste, was wir also gelernt haben, ist, dass die Erkrankung möglicherweise sehr viele Zielorgane betrifft und sehr verschiedene, individuelle Verläufe mit sich bringen kann.

Auch bei Patienten ohne schweren Verlauf und ohne Krankenhausaufenthalt kann im Nachgang einer CoVid-19-Infektion eine Pneumologische Rehabilitation erforderlich werden. Was sollten CoVid-19-Patienten grundsätzlich wissen?

Es ist tatsächlich so, dass nicht nur bei Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, sondern auch bei Patienten, die einen leichten Verlauf der Infektion zu Hause erlebt haben, im Nachgang deutliche Veränderungen auftreten können. Hierbei kann es sich auch um Patienten handeln, die gar nicht auf CoVid-19 getestet wurden, klinische Nachweise jedoch Rückschlüsse auf eine stattgefundene CoVid-19-Infektion zulassen.

Bei den Veränderungen kann es sich beispielsweise um pulmonale, die Lunge betreffende, handeln, aber auch um das Fatigue-Syndrom, das vor allem durch eine anhaltende Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Erschöpfung gekennzeichnet ist und ebenso neuromuskuläre oder kognitive Symptome. 

Hinweise kann der persönliche Vergleich des eigenen Leistungszustandes vor und nach einer möglichen Infektion geben. Anhaltende Veränderungen sollten auf jeden Fall ärztlicherseits kontrolliert und ggf. therapiert werden. 

Einigen Medienberichten ist zu entnehmen, dass die Pneumologische Rehabilitation bei CoVid-19-Infektionen deutlich länger dauert. Wie ist das zu interpretieren?

Bei sehr schweren Verläufen ist es aufgrund der bereits beschriebenen Beeinträchtigungen durch die langen Liegezeit nicht möglich, innerhalb eines regulären dreiwöchigen Rehaufenthaltes den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen – allein bedingt durch die Muskelphysiologie. Stellt man sich vor, man würde innerhalb kürzester Zeit etliche Kilogramm an Gewicht verlieren, macht dies verständlich, dass es nicht möglich ist, das verlorene Muskelgewebe innerhalb von nur drei Wochen wieder aufzubauen.   

Wir empfehlen daher, die Rehabilitationsmaßnahmen entweder zu Hause in Form einer ambulanten Rehabilitation, alternativ einem Fitnesstraining oder im Rahmen des angeleiteten Selbstaufbaus weiter fortzuführen. Teilweise kann eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme auch in Abstimmung mit den Kostenträgern verlängert werden

Welche Erfahrungen haben Sie speziell mit chronischen Lungenpatienten, die sich mit CoVid-19 infiziert haben?

Auch hier ist zu bedenken, dass sich Krankheitsverläufe sehr unterschiedlich und sehr individuell gestalten. Bei einigen infizierten Lungentransplantationspatienten beispielsweise konnten wir einen sehr symptomarmen Verlauf feststellen.

Grundsätzlich gilt bei jedem einzelnen Patienten, eine sehr genaue Bestandsaufnahme in Abhängigkeit zum vorherigen Zustand vorzunehmen, um dann ein realistisch erreichbares Rehabilitationsziel festzulegen.

Hinweis: Die vollständigen Empfehlungen der DGP können auf der Website www.pneumologie.de abgerufen werden.


Bildnachweis:
Igor Link – AdobeStock
Professor Dr. Rembert Koczulla

Text:
Interview/Text Sabine Habicht – Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek


Koczulla-Rembert Pneumologische Rehabilitation

Der Beitrag wurde in der Herbstausgabe 2020 der Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge veröffentlicht.


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