Blasenkrebs

…frühzeitig erkennen und behandeln

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

durch Aufklärungskampagnen und die Möglichkeit an Vorsorgeuntersuchungen teilzunehmen sind Basisinformationen zu Krebserkrankungen wie Brustkrebs, Darm- und Lungenkrebs, Hautkrebs wie auch Gebärmutterhals- und Prostatakrebs vielen Menschen bekannt.

Blasenkrebs ist bisher jedoch eher unbekannt, obwohl auch hier die Informationsangebote in den letzten Jahren vielfältiger geworden sind. Routinemäßige Vorsorgeuntersuchungen gegen Blasenkrebs werden jedoch nicht durchgeführt.

Jährlich erkranken rund 28.000 Menschen neu an Blasenkrebs, wobei mehr Männer betroffen sind als Frauen. Quelle: Robert Koch Institut, 2012 Tumore der Harnblase stehen hinsichtlich der Häufigkeit der Krebserkrankungen bei Männern an fünfter und bei Frauen an neunter Stelle.

Wichtig ist eine möglichst frühzeitige Erkennung, denn je eher der Blasenkrebs diagnostiziert werden kann, desto besser ist er behandelbar.

Welche Symptome können auf einen Blasenkrebs hinweisen? Welche Risikofaktoren können Blasenkrebs möglicherweise begünstigen? Wie wird Blasenkrebs diagnostiziert und wie kann er behandelt werden?

Auf diese und viele weitere Fragen möchten wir in diesem Beitrag eingehen. Der Ratgeber möchte eine erste Orientierungshilfe darstellen, wichtige Basisinformationen aufzeigen und dokumentieren, wo Sie weitergehende Unterstützung und Informationen erhalten können. Wird die Diagnose Blasenkrebs gestellt, kann der Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen sehr hilfreich sein.

Da die Diagnose Blasenkrebs häufig erst sehr spät gestellt wird, ist ein weiteres Anliegen des Ratgebers, mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu erzielen, um eine frühzeitige Diagnostik zu unterstützen. Achten Sie auf Veränderungen Ihres Körpers und suchen Sie rechtzeitig Ihren Arzt auf.

Ihre

Patienten-Bibliothek

Basisinformationen

Aufbau und Funktion der Blase

Die Blase ist ein wichtiger Bestandteil des Harntraktes. Der Harntrakt setzt sich aus den beiden Nieren, den Harnleitern, der Harnblase sowie der Harnröhre zusammen. Die Blase ist ein sogenanntes Hohlorgan und befindet sich im kleinen Becken.

Die wichtigste Funktion der Blase ist die Aufnahme und Zwischenspeicherung des Urins, der von den Nieren kontinuierlich produziert wird, dann über den Weg der Harnleiter in die Blase gelangt, bevor er über die Harnröhre ausgeschieden wird.

Der Urin wird in den Nieren durch Filtration des Blutes produziert. Er besteht aus verschiedenen Abfallstoffen des Stoffwechsels, insbesondere sind dies Harnstoff und Harnsäure sowie nicht mehr benötigte Nähr- und Giftstoffe.

Das normale Fassungsvermögen der Blase liegt bei etwa 500 – 800 ml, variiert jedoch stark. Der Harndrang tritt allerdings ab einer Menge von ca. 200 bis 400 ml auf.

Das Fassungsvermögen der Blase ist nur möglich, da diese im Prinzip wie ein muskulöser Ballon aufgebaut ist, der sich kugelähnlich ausweiten kann. Die Blasenwand besteht aus unterschiedlichen Schichten (Schleimhaut, Muskulatur und Binde-/Fettgewebe), wobei die Muskelschicht Korbgeflecht artig aufgebaut ist, was sowohl für die Dehnfähigkeit wie auch für das Zusammenziehen und Entleeren der Blase von Bedeutung ist.

Am Beginn der Harnröhre befindet sich der innere Schließmuskel der Blase, dessen Öffnen und Schließen nicht willentlich sondern durch einen von Nervenfasern gesteuerten Reflex funktioniert. Unter der Harnblase befindet sich der Beckenboden, dessen Muskulatur die Harnröhre als äußerer Schließmuskel ringförmig umschließt. Der äußere Schließmuskel wird zum Wasserlassen willentlich geöffnet.

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Blasenkrebs

Blasenkrebs ist ein bösartiger Tumor in der Blase. Der Begriff Tumor kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Geschwulst oder Anschwellung. Der Tumor entsteht, indem sich körpereigene Zellen verändern, selbständig vermehren und immer weiter wachsen. Tumore können gutartig oder bösartig sein. Gutartige Tumore in der Harnblase sind allerdings sehr selten.

Die Tumore gehen fast immer von den Schleimhautzellen, dem Urothel aus. Das Urothel (auch Übergangszellen genannt) ist ein mehrschichtiges Deckgewebe, das zwar hauptsächlich aber nicht nur in der Harnblase, sondern auch in den weiteren ableitenden Harnwegen, also dem Nierenbecken, den Harnleitern und dem oberen Teil der Harnröhre, vorkommt.

Etwa 90 % – 95 % der Blasentumore gehen vom Urothel aus. Daher wird Blasenkrebs auch häufig als Urothelkarzinom bezeichnet.

Blasentumore sind meist auf die Blasenschleimhaut begrenzt, sie können aber in alle Blasenwandschichten wie z.B. die Blasenmuskulatur und auch in benachbarte Organe einwachsen.
Blasenkrebstumore werden in zwei Gruppen unterteilt:

  • oberflächliche Tumore (70 – 80 %)
  • invasive (gewebsverletzende) Tumore – d.h. Tumore, die bereits bis in die Blasenmuskulatur eingedrungen sind (20 – 30 %)

Blasenkrebs tritt äußerst selten vor dem 45. Lebensjahr auf. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 73 und 77 Jahren. 80 % der Neuerkrankungen treten nach dem 60. Lebensjahr auf.

Männer sind etwa dreimal so häufig von Blasenkrebs betroffen wie Frauen. Allerdings nehmen die Erkrankungszahlen bei Frauen zu, was möglicherweise mit dem gleichermaßen ansteigenden Rauchverhalten bei Frauen in Verbindung gebracht werden kann.

Blasenkrebs-5-1024x299 Blasenkrebs

Risikofaktoren

Die Ursachen, warum Blasenkrebs entsteht, sind bis heute nicht endgültig geklärt. Erwiesen ist jedoch, dass bestimmte Faktoren das Risiko, an Blasenkrebs zu erkranken, begünstigen können.

Rauchen

Ähnlich wie bei Lungenkrebs und COPD (chronisch entzündliche Lungenerkrankung) steht auch bei Blasenkrebs das Rauchen an erster Stelle der Risikofaktoren.

Der Grund hierfür ist eine Vielzahl von krebserregenden Substanzen, die im Tabak enthalten sind. Durch die Inhalation gelangen diese Stoffe nicht nur in die Lunge, sondern über die Lunge auch ins Blut. Das Blut wiederum wird in der Niere von Giftstoffen gereinigt, so dass nun die krebserregenden Substanzen über den Urin in die Harnblase fließen, wo sie so lange verweilen, bis sie ausgeschieden werden. Die krebserregenden Substanzen können somit ihre ganze Wirkung in der Harnblase entfalten.

Experten schätzen, dass etwa 30 bis 70 Prozent aller Blasenkrebs-Erkrankungen auf das Rauchen zurückzuführen sind.

Quelle: Blasenkrebs, Die blauen Ratgeber 18 – deutsche Krebshilfe, 2011, S. 12
siehe auch https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Patientenleitlinien/Blasenkrebs_Patientenleitlinie_DeutscheKrebshilfe.pdf

Beachten Sie, dass auch Passivraucher gefährdet sind, da auch sie die krebserregenden Substanzen einatmen.

Chemische Stoffe

Eine Reihe von chemischen Stoffen kann das Blasenkrebsrisiko erhöhen, wobei sogenannte aromatische Amine (Abkömmlinge des Ammoniaks) und die zahlreichen Vertreter dieser Stoffgruppe von besonderer Bedeutung sind. Das Hauptzielorgan der krebserregenden Wirkung von aromatischen Aminen ist die Harnblase. Aromatische Amine wurden in vielfältiger Weise als Ausgangs- oder Zwischenprodukt insbesondere für die Herstellung von Farbstoffen, Pigmenten und Pflanzenstoffmitteln verwendet. Heute ist die Verwendung solcher Substanzen weitgehend verboten, wenn auch nicht gänzlich unterbunden. Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz wurden angepasst. Dennoch bleibt das berufsbedingte Risiko bestehen. Ein Krebstumor kann sich auch noch 10 – 40 Jahre nach einem andauernden (mehr als 2 Jahre bestehenden) direkten Kontakt mit diesen Substanzen entwickeln. Die Substanzen werden über die Haut oder über die Atemwege aufgenommen.

Insbesondere sind Mitarbeiter in der Farbindustrie, gummiverarbeitenden Industrie, Gasproduktion in der Kohleindustrie, Kammerjäger, Laboratoriumsangestellte, Aluminiumindustrie, Textilfärbung, Textilindustrie, Druckindustrie, Kimonomaler, Friseure, Strahlenindustrie und Kunststoffindustrie gefährdet.

Quelle: Uroonkologie, H. Rübben, Springer Verlag, 2009
siehe auch https://www.springer.com/de/book/9783642350313

Harnblasenkrebs durch aromatische Amine kann als Berufskrankheit anerkannt werden und wird als Berufskrankheit – BK-Nr. 1301 – geführt. Informationen hierzu sind bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zu finden:

http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Berufskrankheiten/Dokumente/Merkblaetter.html

Bei einem berechtigten Verdacht einer Berufskrankheit ist eine Meldung an die Berufsgenossenschaft erforderlich.

Weitere Risikofaktoren

  • höheres Alter (selten vor dem 45. Lebensjahr)
  • familiäre Häufungen
  • chronische Entzündung der Blase (Zystitis) – insbesondere, wenn diese gemeinsam mit Blasensteinen oder einem Dauerkatheter einhergehen
  • häufige und langfristige Einnahme von Phenazetin (Schmerzmittel) – die Substanz wurde 1986 in Deutschland verboten
  • chronische Infektionen z.B. durch Bilharziose (tropischer Schädling, der in stehenden Gewässern vorkommt)
  • Strahlentherapie im kleinen Becken und Chemotherapiebehandlungen mit Cyclophosphamid

Untersucht wird derzeit zudem die Bedeutung von Arsen und Nitrat im Trinkwasser sowie von übermäßigem Alkoholgenuss (Bier / Schnaps) als Risikofaktor.

Hinsichtlich der immer wieder im Gespräch befindlichen Nahrungsmittel Kaffee und künstliche Süßstoffe (Saccharin und Cyclamat) konnte inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass diese zu keinem erhöhten Risiko von Blasenkrebs führen.

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Symptome

In einem frühen Stadium sind bei einem Blasenkrebs kaum spezifische Symptome festzustellen.

Lediglich einige erste Anzeichen können auf einen Blasenkrebs hinweisen

  • Blut im Urin (Hämaturie). Hierbei färbt sich der Urin rötlich oder bräunlich. Etwa acht von zehn Betroffenen nehmen Blut im Urin wahr, was in der Regel jedoch ohne Schmerzen verläuft.
  • Verstärkter Harndrang (Pollakisurie). Allerdings wird hierbei nur eine relativ geringe Menge an Urin ausgeschieden.
  • Schmerzen in den Flanken (Rumpfseiten des Körpers) oder im Becken ohne erkennbare Ursache.
  • Erschwertes und/oder schmerzhaftes Ablassen des Urins (Dysurie). Diese Symptome können jedoch auch Anzeichen einer relativ harmlosen Blasenentzündung (Zystitis) oder anderer Erkrankungen sein. Vermehrt auftretende, in relativ kurzen Abständen wiederkehrende Blasenentzündung können ebenfalls Hinweise für einen Blasentumor sein.

Seien Sie aufmerksam und gehen Sie rechtzeitig zu Ihrem Hausarzt oder einem Facharzt (Urologen). Er wird die Symptomatik abklären und in den meisten Fällen eine harmlose Ursache feststellen. Doch auch wenn die Diagnose Blasenkrebs gestellt wird, bedeutet eine frühe Diagnose gute Behandlungsoptionen.

Wichtig! Je früher Blasenkrebs diagnostiziert wird, desto besser sind die Heilungschancen. Lassen Sie mögliche Krankheitssymptome ärztlich abklären.

Ein tastbarer Tumor im Bauchraum, Lymphknotenvergrößerungen und Knochenschmerzen zeigen in der Regel an, dass ein weit fortgeschrittener Harnblasentumor vorliegt. Doch auch hier gilt, nur durch die Abklärung eines Urologen kann eine zweifelsfreie Diagnose erfolgen.

Früherkennung

Wie bereits beschrieben, liegt das mittlere Erkrankungsalter bei einem Harnblasenkarzinom zwischen 73 und 77 Jahren. Alleine aufgrund der älter werdenden Gesellschaft ist somit in den kommenden Jahren und Jahrzehnten mit einer deutlichen Steigerung der von Blasenkrebs Betroffenen zu rechnen.

Quelle: AWMF online, Angemeldetes Leitlinienvorhaben Harnblasenkarzinom
siehe auch https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/032-038OL.html

Neue Verfahren hinsichtlich Diagnostik und operativer Maßnahmen konnten gerade in den letzten Jahren entwickelt werden.

Um diesen Tatsachen gerecht zu werden, wird derzeit eine Leitlinie für das Harnblasenkarzinom entwickelt, deren Fertigstellung für 2015 geplant ist. Ziel dieser interdisziplinären Leitlinie ist die Förderung und Weiterentwicklung von Prävention, Früherkennung, Diagnostik, Prognostik, Therapie und Nachsorge des Harnblasenkarzinoms. Federführende Gesellschaften bei der Erstellung der Leitlinie sind die Deutsche Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) und die Deutsche Krebsgesellschaft e.V.

Aktuell gibt es jedoch für die Erkrankung Blasenkrebs kein Vorsorgeprogramm.

Innerhalb der Vorsorgeuntersuchung „Check 35 +“, die ab dem 36. Lebensjahr alle zwei Jahre beim Hausarzt durchgeführt werden kann, ist eine Urinuntersuchung auf Blut-, Protein- und Glukoseausscheidung enthalten.

Weitere Untersuchungen wie z.B. die Urinzytologie, NMP22 oder BTA-Testung (nähere Informationen siehe nachfolgendes Kapitel zur Diagnostik) sind derzeit nicht als Vorsorgeuntersuchungen anerkannt.

Sollten Sie ein erhöhtes Risiko für ein Blasenkarzinom haben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Maßnahmen bzw. Kontrolluntersuchungen!

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Diagnostik

Basisdiagnostische Untersuchungen werden ggfs. vom Hausarzt durchgeführt, die weiterführende Diagnostik wird von einem Facharzt, dem Urologen vorgenommen.

Anamnese

Die Diagnostik beginnt immer mit einem Gespräch. Die sogenannte Anamnese, also das Wissen um die gesundheitliche Vorgeschichte wie auch das aktuelle Befinden, geben dem Arzt erste wichtige Hinweise auf mögliche Ursachen der Beschwerden. Ergänzende Informationen über mögliche Risikofaktoren im Beruf oder im privaten Bereich ermöglichen ein umfassendes Bild.

Laboruntersuchungen

Eine Urinprobe wird im Labor auf das Vorhandensein von Blut untersucht. Mittels einer Blutuntersuchung kann weiterhin festgestellt werden, ob an die Blase angrenzende Organe wie Nieren und Leber in ihrer Funktion eingeschränkt sind. Durch eine Urinkultur kann zudem ausgeschlossen werden, dass es sich bei den Symptomen um einen Harnwegsinfekt handelt.

Hinweis: Die nachfolgenden beiden Laboruntersuchungen sind keine Kassenleistungen, sondern gehören zu den individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Diese Tests haben sich bisher aufgrund der diagnostischen Sicherheit (falsch positive Diagnosen) nicht als Routineverfahren durchsetzen können. Sprechen Sie insbesondere im Falle eines erhöhten Erkrankungsrisikos mit Ihrem Arzt über diese Untersuchungsverfahren.

Urinzytologie

Bei der Urinzytologie (Zytologie ist die Lehre von den Zellen) können mittels einer Urinprobe veränderte Blasenschleimhautzellen (Urothelzellen) im Labor diagnostiziert werden. Urothelzellen lösen sich kontinuierlich von der Blasenwand ab und gelangen so in den Urin. Bei Tumorzellen geschieht dies in einer höheren Frequenz als bei gesunden Zellen.

Protein-Marker

Derzeit wird anhand verschiedener Testungen versucht, Verfahren zu etablieren, die frühzeitig ein Tumorwachstum erkennen lassen, aber auch zur Nachsorge eingesetzt werden können und zudem einfach in der Anwendung sind. Diese sogenannten Markersysteme (z.B. NMP-22, BTA-Test, UroVysion) können mittels einer Urinprobe im Hinblick auf Tumorzellen verschiedene relevante Proteine erkennen.

Bildgebende Untersuchungen

Unter bildgebenden Untersuchungen versteht man apparative diagnostische Verfahren, die einen Befund visuell sichtbar darstellen.

Ultraschall (Sonographie)

Bei der Ultraschalluntersuchung wird der Schallkopf des Gerätes leicht über den Bereich, der über dem zu untersuchenden Organ liegt, gedrückt und über die Haut bewegt. Die Hautpartie wird vorab mit einem wasserhaltigen Gel bestrichen, damit sich keine, das Ergebnis verfälschende, Luft zwischen Schallkopf und Haut befindet. Mit der Ultraschalltechnik werden innere Organe wie Blase, Leber, Nieren, Nebennieren, Milz und Lymphknoten auf mögliche Veränderungen hin betrachtet. Mögliche Nierenabflussstörungen oder Restharnbildungen können erkannt werden.

Röntgenuntersuchung der Harnwege (Urographie)

Unter Urographie versteht man eine kontrastmittelgestützte Röntgenuntersuchung des gesamten Harnsystems (auch Ausscheidungsurogramm oder Ausscheidungsurographie genannt).
Hierbei wird zuerst ein jodhaltiges Kontrastmittel in eine Vene des Unterarms gespritzt. Das Kontrastmittel wird von den Nieren ausgeschieden und füllt anschließend die Harnwege. Mittels mehrerer Röntgenaufnahmen in Abständen von fünf, zehn und 20 Minuten kann nun die gesamte Funktion der Harnwege sichtbar gemacht werden.

Computertomographie (CT)

Computertomographie ist eine spezielle Röntgenuntersuchung, die noch detailliertere Aufnahmen als das Röntgen in einem Schnittbildverfahren ermöglicht. Es können zudem auch die inneren Organe im Bauch- und Brustraum, der Schädel und ggfs. vergrößerte Lymphknoten dargestellt werden.

Während der Untersuchung wird der Patient durch den Computertomograph, eine kurze rotierende Röntgenröhre, geschoben. Das CT ergänzt oder ersetzt aufgrund seiner größeren Detailgenauigkeit oftmals das Röntgen.

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Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT)

Dieses Schnittbildverfahren wird auch Kernspintomographie genannt und arbeitet ohne Röntgenstrahlen, jedoch mit Kontrastmittel.
Die entstehenden Bilder werden mittels eines starken Magnetfeldes und Radiowellen erzeugt. Die Bilder können im Quer- oder Längsschnitt, dreidimensional und als bewegte Bilder angezeigt werden.

Die Untersuchung erfolgt in einer Röhre, die inzwischen meist nicht mehr den kompletten Körper aufnimmt, sondern den Kopf freilässt – was vielen Patienten angenehmer erscheint.
Das MRT kann das CT bzw. Röntgen nicht gänzlich ersetzen und wird daher nur bei speziellen Fragestellungen von Fall zu Fall eingesetzt.

Skelettszintigramm

Das Verfahren wird auch Knochenszintigraphie genannt. Nachdem ein schwach radioaktives Kontrastmittel gespritzt wurde, kann mittels Röntgenaufnahmen festgestellt werden, ob sich Metastasen (Tochtergeschwulste) im Knochen gebildet haben.
Die Skelettszintigraphie wird nur bei fortgeschrittenen Tumoren angewendet.

Diagnostischer Eingriff / Gewebeprobe

Ein diagnostischer Eingriff ist eine Untersuchung mittels Einführen eines kleinen diagnostischen Gerätes in den Körper.

Blasenspiegelung (Zytoskopie)

Die Blasenspiegelung ist der sogenannte Goldstandard (das bewährteste und beste derzeitige Verfahren) zur Feststellung eines Blasentumors.

Die Blasenspiegelung wird unter örtlicher Betäubung der Harnröhre durchgeführt. Um in die Blase zu gelangen, wird ein dünner, beweglicher Schlauch (Endoskop) in die Harnröhre eingeführt. Eine winzige Kamera befindet sich am Kopf des Endoskops, ebenso eine Lichtquelle, so dass der Arzt die Blase von innen betrachten und Veränderungen feststellen kann. Die Schleimhaut der Blase kann mittels der Blasenspiegelung systematisch begutachtet werden.

Gleichzeitig kann eine Gewebeprobe (Biopsie) erfolgen. Eine durch das Endoskop eingeführte Zange ermöglicht die Entnahme von Schleimhautgewebe. Diese Probe wird anschließend in einem Labor unter dem Mikroskop feingeweblich (histologisch) untersucht.

Weiterhin besteht die Möglichkeit, während der Blasenspiegelung eine Blasenspülung mit Kochsalzlösung vorzunehmen. Aus der Spüllösung können Urothelzellen gewonnen werden, die mikroskopisch untersucht werden.

Photodynamische Diagnostik (PDD)

Flächig wachsende, d.h. nicht in die Muskulatur einwachsende oder auch sehr winzige Blasentumore sind bei der Blasenspiegelung meist nur undeutlich oder gar nicht erkennbar.

Das Verfahren der photodynamischen Diagnostik ermöglicht in der Regel, auch diese schwierig zu findenden Tumore zu identifizieren.

Zur Durchführung der PDD wird mindestens eine Stunde vor der Blasenspiegelung über einen Blasenkatheter eine Arzneimittellösung in die Blase eingeführt. Diese Substanz wird verstärkt von den Tumorzellen aufgenommen. Wird während der Blasenspiegelung die Tumorzelle mit ultraviolettem Blaulicht (daher die Bezeichnung Blaulicht-Zystoskopie oder auch Fluoreszenz-Zystoskopie) über das Endoskop ausgeleuchtet, fluoreszieren die Tumorzellen gut erkennbar rot.

Die Tumor-Fluoreszenz ist leuchtend und klar umschrieben, während gutartiges Gewebe nicht oder nur schwach blassrosa fluoresziert.

Die Blaulicht Zytoskopie ist eine ergänzende Diagnostik und wird zusätzlich zur normalen Weisslicht Untersuchung in gleicher Sitzung durchgeführt.

Durch die photodynamische Diagnostik können Tumore bereits in einem frühen Stadium erkannt und qualitativ besser operiert werden. Dies führt dazu, dass die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens geringer wird.

PDD wird nicht nur zur Diagnostik sondern auch bei der Therapie (während der TUR) und zur Nachsorge (während der Blasenspiegelung) eingesetzt.

Quellen: Europäische wissenschaftliche Leitlinie (EAU-Guidelines) und Konsensusempfehlungen des Arbeitskreises Onkologie der Deutschen Gesellschaft für Urologie, 2008 – siehe auch https://www.urologenportal.de/index.html

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Therapie

Bei den vorangegangenen diagnostischen Maßnahmen war es insbesondere wichtig herauszufinden, ob überhaupt ein Blasentumor vorliegt. Wurde der Verdacht bestätigt, gilt es zur Einleitung gezielter therapeutischer Maßnahmen das Stadium, in dem sich die Krebserkrankung befindet, zu bestimmen.

Transurethrale Resektion (TUR oder TUR-B)

Um eine Stadieneinteilung vorzunehmen, wird der Tumor mittels einer transurethralen Resektion abgetragen. Der Eingriff kann unter Teil- oder Vollnarkose erfolgen. Die Entfernung wird, ähnlich wie bei der Blasenspiegelung, mit einem Endoskop über die Harnröhre mittels einer Elektroschlinge vorgenommen. Bei diesem Verfahren wird Gewebe zur genauen Diagnosestellung gewonnen sowie die Tiefenausdehnung und die Aggressivität des Tumors bestimmt. Um die Qualität der TUR zu erhöhen, wird der Einsatz einer photodynamischen Diagnostik (siehe Kapitel Diagnostik) von den europäischen Leitlinien empfohlen.

Stadieneinteilung (Staging)

Die Einteilung der Stadien bei Blasenkrebs erfolgt meist nach der internationalen TNM-Klassifikation.

Der T-Wert (Tumor) hat 4 Stufen und gibt die Eindringtiefe an. T1 bedeutet, dass der Tumor noch nicht tief in die Struktur der Blase eingedrungen ist. Bei T2 ist er bereits in die Muskelschicht eingewachsen. T3 und T4 besagen, dass auch angrenzende Organe betroffen sind. Tis ist eine in der Schleimhaut wachsende agressive Tumorform, das Ta ein papillärer Tumor, der jedoch auf die Blasenschleimhaut beschränkt ist.

Der N-Wert (Lymphknoten – Nodus) hat die Stufen N0, keinen Lymphknotenbefall und bei N1 bis N3 liegt ein Lymphknotenbefall unterschiedlicher Größe vor.

Der M-Wert (Metastasen) hat die Stufen M0, keine Metastasen und M1 bedeutet vorliegende Metastasen in anderen Organen.

Darüber hinaus werden die Tumorzellen zusätzlich differenziert nach ihrem Grad der Agressivität. Der G-Wert 1 bedeutet eine geringe, G2 eine mäßige und G3 eine hohe Agressivität.

Oberflächlich wachsende Tumore (Ta, Tis und T1)

Bei einem oberflächlich wachsenden Tumor stellt die TUR bereits den ersten Schritt der Therapiemaßnahmen dar. Um die Tumorausdehnung besser darzustellen und mit möglichst hoher Sicherheit den gesamten Tumor zu entfernen, wird der Einsatz der photodynamischen Diagnostik empfohlen.

Um wiederkehrende Tumore (Rezidive) zu vermeiden wird in fast allen Fällen innerhalb der ersten 12 Stunden nach TUR eine anschließende lokale Chemotherapie (Instillationstherapie) durchgeführt.

In die Blasenwand einwachsende, gewebeverletzende Tumore (T2 – T4)

Wird bei der TUR festgestellt, dass der Tumor in die Muskelwand der Blase einwächst bzw. durchwächst, ist die komplette Entfernung des Tumors über den Weg der Harnröhre nicht möglich.

Eine komplette Entfernung der Harnblase (Zystektomie) wird notwendig. Alternativ besteht die Möglichkeit der Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie, allerdings mit einer schlechteren Prognose.

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Wird die Harnblase entfernt, so werden gleichzeitig die benachbarten Lymphknoten und befallene Nachbarorgane entnommen. Bei der Frau sind dies die Gebärmutter, Eierstöcke und Teile der Scheide. Bei dem Mann sind es die Prostata und Samenblasen.

Um die Funktion der Blase zu ersetzen, kann eine Ersatzblase (Neoblase) aus einem Stück des Dünndarms gefertigt werden.

Die häufigste Urinableitung neben der Neoblase ist das Ileumconduit, ein Dünndarmstoma (künstliche Körperöffnung). Hier wird der Urin über ein kurzes Dünndarmstück aus dem Stoma (meist im rechten Unterbauch) herausgeleitet. Der Urin wird durch einen auf die Haut aufgeklebten Auffangbeutel aufgefangen. In seltenen Fällen wird nach einer Blasenentfernung ein Pouch angelegt, dies ist eine Darmblase, die über ein in der Bauchdecke befindliches Stoma durch den Patienten katheterisiert werden kann. Dies ist jedoch das seltenste der drei Verfahren.

Wichtig: Ihr Arzt wird alle notwendigen therapeutischen Schritte ausführlich mit Ihnen besprechen. Dies sollte ohne Zeitdruck in Ruhe geschehen. Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen oder Begrifflichkeiten unbekannt sind.

Nachsorge

Nach abgeschlossener Therapie erfolgt die Rehabilitation und Nachsorge mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen bei Ihrem behandelnden Urologen.

Durch die Nachsorge können Begleit- und Folgebeschwerden, die durch die Erkrankung oder auch durch die therapeutische Maßnahmen auftreten können, erfasst und gelindert werden.

Besonders wichtig sind die Kontrolluntersuchungen, um ein mögliches Wiederauftreten eines Tumors (Rezidiv) frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Die Intervalle der Untersuchungen bei einem oberflächlichen Tumor liegen in der Regel in einem Abstand von drei Monaten, nach fünf Jahren erfolgen sie in Abständen von sechs Monaten. Blasenspiegelungen werden regelmäßig durchgeführt.

Bei einer Blasenentfernung werden die Kontrolluntersuchungen abhängig von den jeweiligen Symptomen und Befunden durchgeführt.

Anschlussheilbehandlung (AR)

Wird eine Blasenentfernung durchgeführt, kann nach dem Krankenhausaufenthalt eine Anschlussheilbehandlung bzw. Anschlussrehabilitation in einer speziellen Nachsorgeklinik durchgeführt werden. Diese muss spätestens zwei Wochen nach Entlassung aus der Akutklinik oder sechs Wochen nach Bestrahlungsende angetreten werden. Der Antrag für die Anschlussheilbehandlung muss bereits im Krankenhaus gestellt werden.

Beratung

Eine Krebserkrankung stellt immer eine besondere Situation dar, die nicht nur den Körper belastet sondern auch die Psyche, manchmal auch das soziale Umfeld und die berufliche Situation. Eine speziell auf Krebserkrankung ausgerichtete psychoonkologische oder eine psychosoziale Beratung steht hierfür zur Verfügung. Nutzen Sie das Angebot und sprechen Sie Ihren Arzt auf die vorhandenen Möglichkeiten an.

Selbsthilfe

Kontakte zu anderen Betroffenen, die gleiche oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben, können sehr hilfreich sein. Kontaktadressen zu Selbsthilfeverbänden finden Sie in der nachfolgenden Rubrik.


Bildnachweis aus Ratgeber:
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Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dirk Zaak, Klinikum Traunstein 2 x, S. 14 Henrie, Umschlagseite Juan Gärtner, Yuri arcurs 2 x, psdsign1 – alles Fotolia.com

Text/Redaktion: Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek

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Die Printversion kann unter www.Patienten-Bibliothek.de bestellt werden.

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