Passivrauchen

Rauch, Stäube – Tabakrauch in Innenräumen

Auch Passivrauchen hat Einfluss auf die Gesundheit. Die Auswirkungen von Tabakrauch in Innenräumen sind erschreckend und werden meistens unterschätzt. Der nachfolgende Beitrag möchte zu mehr Aufmerksamkeit auffordern und motivieren, die Einflüsse des Passivrauchens zu meiden. Insbesondere bereits von Atemwegserkrankungen Betroffene und natürlich Kinder – vor allem Kleinkinder – werden durch sogenannten Second Hand Smoke in Innenräumen belastet.

Tabakrauch ist mit Abstand der gefährlichste, jedoch leicht vermeidbare, Innenraumschadstoff. Er ist ein komplexes Gemisch aus zahlreichen Substanzen, die beim Verbrennen des Tabaks entstehen. Das Einatmen von Tabakrauch aus der umgebenden Luft wird als Passivrauchen bezeichnet.

Tabak Passivrauchen
copyright Deutsches Krebsforschungszentrum, Stabsstelle Krebsprävention, 2010

Passivrauchen verursacht eine frühzeitige Sterblichkeit. Es erhöht das Lungenkrebsrisiko um 20 bis 30 Prozent und das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen um 25 bis 30 Prozent. Ein Report zu den Auswirkungen von Passivrauchen in Innenräumen aus dem Jahr 2006 stellt außerdem heraus, dass Kinder, die Tabakrauch ausgesetzt sind, ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Kindstod, akute Atemwegsinfektionen, Mittelohrentzündungen und schweres Asthma besitzen.

Außerdem wird in dem Bericht dargelegt, dass für die Tabakrauchbelastung kein Grenzwert angegeben werden kann, unterhalb dessen kein gesundheitsschädliches Risiko besteht.

Zusammensetzung von Tabakrauch
In frischem Tabakrauch wurden bisher über 4 800 verschiedene Substanzen identifiziert, von denen mindestens 250 toxisch beziehungsweise giftig sind. Als giftig werden Substanzen bezeichnet, die eine schädliche Wirkung auf Lebewesen besitzen. Die Giftigkeit ist, im Gegensatz zu den Kanzerogenen (krebserzeugende Substanzen), für die keine unschädliche Menge angegeben werden kann, abhängig von der Konzentration. Von einem eigentlichen Gift spricht man nur, wenn Substanzen auch in sehr geringen Mengen giftig sind, also im Bereich von Milligramm-Mengen.

Tabakrauch enthält neben dem abhängig machenden Nikotin auch Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und eine Vielzahl von Kanzerogenen sowie viele andere Gifte, die beim Einatmen aufgenommen werden.

Tabak Passivrauchen

Ausgewählte gesundheitsgefährdende Substanzen im Tabakrauch, ihre gewöhnliche Verwendung und Auswirkungen auf die Gesundheit. ® Deutsches Krebsforschungszentrum 2009, Überarbeitung: Deutsches Krebsforschungszentrum, Stabsstelle Krebsprävention, 2010

Zusatzstoffe in Tabakprodukten
Darüber hinaus sind auch viele Stoffe, die den Tabakprodukten beim Herstellungsprozess zugesetzt werden, gesundheitsgefährdend. Diese Zusatzstoffe dienen hauptsächlich dazu, den Geruch und den Geschmack sowie die Inhalation für den Raucher so angenehm wie möglich zu gestalten.

So wird beispielsweise nicht nur Mentholzigaretten sondern in geringer Menge auch Tabak fast aller Zigarettensorten Menthol zugesetzt, da es eine generelle kühlende sowie leicht betäubende Wirkung besitzt. Auch können in Tabakprodukten Zucker sowie Lakritze, Honig oder Kakao als Aromastoffe enthalten sein. Andere Zusatzstoffe dienen dazu, die Brenneigenschaften der Zigarette zu optimieren oder den Tabak länger feucht zu halten. Die meisten der zugelassenen Zusatzstoffe von Tabakprodukten sind zwar auch in Lebensmitteln erlaubt, aus ihnen werden jedoch beim Verbrennungsprozess neue Stoffe gebildet, die hochgiftig sein können. Aus Menthol können beispielsweise die krebserzeugenden Substanzen Benzol, Phenol und Benzo[a]pyren entstehen. Die Verwendung von Zusatzstoffen macht ein ohnehin schon gefährliches Produkt noch gefährlicher.

Komplexer Verbrennungsprozess
Tabakrauch ist ein komplexes Gemisch von Partikeln und Gasen, die durch die Verbrennung des Tabaks und bei Zigaretten auch des Papiers sowie der Zusatzstoffe bei hohen Temperaturen entstehen. Neben Verbrennungsprozessen finden sich überlagernde chemische sowie Destillations- und Kondensationsprozesse statt.

Seine komplexe Zusammensetzung verändert sich während seiner Verdünnung und seiner Verteilung in der Luft in Abhängigkeit von den Bedingungen sowie mit der Zeit. So ist Tabakrauch ein sehr dynamisches Gemisch, das seine Eigenschaften und seine Konzentration mit der Zeit verändert. Die Rauchpartikel ändern ihre Größe und Zusammensetzung, gasförmige Komponenten verflüchtigen sich und der Feuchtigkeitsgehalt ändert sich. Die gasförmigen Elemente adsorbieren an Materialien und der Partikelgehalt nimmt nicht nur durch die Verdünnung mit der umgebenden Luft ab, sondern auch durch die Anheftung an Oberflächen in Räumen sowie dadurch, dass die Partikel von anwesenden Menschen eingeatmet oder verschluckt werden.

Aufgrund dieser dynamischen Natur des Tabakrauchs ist eine exakte quantitative Definition seiner Zusammensetzung nicht möglich. Die Konzentrationen von Partikeln, die mit der Atemluft aufgenommen werden, können in geschlossenen Räumen extrem hoch sein.

Hauptstromrauch und Nebenstromrauch
Tabakrauch besteht aus einem durch die umgebende Luft verdünnten Gemisch von Hauptstromrauch, den der Raucher ausgeatmet, und Nebenstromrauch, der durch die glimmende Zigarette oder ein anderes Tabakprodukt freigesetzt wird. Während der Hauptstromrauch etwa 15 Prozent des Tabakrauchs ausmacht und am Mundende der Zigarette während des Ziehens sowie beim Ausstoßen der Luft durch den Raucher entsteht, ist der Nebenstromrauch mit einem Anteil von 85 Prozent der gesamte durch eine Zigarette erzeugte Rauch.

Den Hauptanteil am Nebenstromrauch, etwa 95 Prozent, macht der Rauch aus, der in den Phasen entsteht, während derer nicht an der Zigarette gezogen wird und in denen die Zigarette lediglich glimmt und der aufgrund der Auftriebskraft nach oben steigt. Ein geringer Anteil entweicht auch beim Glimmen am Mundende der Zigarette und ein weiterer kleiner Anteil der Gase diffundiert während beider Phasen aus dem Tabakstrang heraus.

Tabak Passivrauchen

® Deutsches Krebsforschungszentrum, Stabsstelle Krebsprävention, 2010

Nebenstromrauch enthält prinzipiell die gleichen Inhaltsstoffe wie der Hauptstromrauch. Lediglich die Anteile und das Mengenverhältnis der einzelnen Komponenten unterscheiden sich. Weil Nebenstromrauch bei einer niedrigeren Temperatur entsteht als Hauptstromrauch, sind viele der toxischen Substanzen in ihm zunächst höher konzentriert. Der Nebenstromrauch vermischt sich relativ schnell mit der umgebenden Luft, so dass die Konzentration der Inhaltsstoffe mit der Zeit sinkt.
Die rasche Verdünnung des Nebenstromrauchs bedeutet jedoch nicht, dass dadurch auch die Toxizität abnimmt, denn aus Tabakindustriedokumenten über die Forschung von Philip Morris am firmeneigenen Institut für Biologische Forschung (INBIFO) geht hervor, dass Nebenstromrauch unmittelbar nach seiner Bildung etwa viermal toxischer pro Gramm der gesamten Menge an Rauchpartikeln ist als Hauptstromrauch.

Dritthandrauch – Thirdhand Smoke
Sobald eine Zigarette in einem Raum geraucht wird, steigen die Konzentrationen der Tabakrauchkomponenten in der Luft an und sinken dann exponentiell in Abhängigkeit von der Belüftung, der Temperatur, der relativen Luftfeuchtigkeit und der Luftzirkulation.

So kann die schädliche Wirkung von Tabakrauch in klimatisierten Räumen aufgrund einer geringeren Ventilationsrate doppelt so hoch sein wie in nicht klimatisierten Räumen. Außerdem lagern sich die Tabakrauchpartikel auf Oberflächen in der Umgebung ab.

Die Bildung von tabakspezifischen Nitrosaminen aus der Reaktion von Nikotin des Tabakrauchs, das an Oberflächen in Innenräumen, wie Wänden, Möbeln, Teppichen, Kleidung und auch an der Haut, gebunden ist, mit salpetriger Säure bietet eine Erklärung für ein zusätzliches Gesundheitsrisiko durch „Dritthandrauch“ (Thirdhand Smoke). Dieser Begriff bezeichnet die Kontamination durch Tabakrauch, die zurückbleibt, nachdem die Zigarette ausgelöscht wurde.

Durch den Kontakt mit Oberflächen, die mit den Gasen und Partikeln aus dem Tabakrauch kontaminiert sind, werden diese Substanzen und die Reaktionsprodukte, die anfänglich noch nicht oder nur in geringer Menge im Tabakrauch enthalten waren, in den Körper aufgenommen. Besonders Kinder sind durch Thirdhand Smoke gefährdet, da sie oft mit Oberflächen, zum Beispiel von Polstern und Teppichen, in Kontakt kommen. Hinzu kommt die Adsorption an ihre eigene Haut, die Umwandlung zu kanzerogenen und erbgutverändernden Metaboliten sowie deren transdermale Aufnahme. So ist erwiesen, dass Kinder mehr als doppelt so viel Staub – und damit auch Tabakkanzerogene – aufnehmen als Erwachsene.

Tabak Passivrauchen

Dr. Martina Pötschke-Langer
Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention
und des WHO-Kollaborationszentrums für
Tabakkontrolle, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
www.dkfz.de / www.tabakkontrolle.de

Quelle: Rote Reihe, Tabakprävention und Tabakkontrolle, Schutz der Familie vor Tabakrauch Band 14, Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg, 2010 sowie 7. Patientenforum Lunge, 2014 des Lungeninformationsdienstes

Kernaussagen

  • Tabakrauch enthält mehr als 4 800 verschiedene Substanzen, von denen mindestens 250 toxisch sind und deswegen eine gesundheitsschädliche Wirkung besitzen.
  • 90 Inhaltsstoffe des Tabakrauchs wurden bisher als krebserzeugend oder möglicherweise krebserzeugend eingestuft.
  • Tabakrauch ist ein sehr komplexes und dynamisches Gemisch aus Partikeln und Gasen, das seine Eigenschaften und seine Konzentration in Abhängigkeit von den Umgebungsbedingungen und von der Zeit ändert.
  • Der Tabakrauch in der Raumluft besteht zu 85 Prozent aus Nebenstromrauch, der hauptsächlich zwischen den Zugphasen der Zigarette entweicht, und zu 15 Prozent aus Hauptstromrauch, der vom Raucher nach dem Ziehen an der Zigarette ausgeatmet wird.
  • Weil Nebenstromrauch bei niedrigeren Temperaturen durch zum Teil unvollständige Verbrennungsprozesse entsteht, enthält er unverdünnt einige der gesundheitsschädlichen Substanzen in höherer Konzentration, so dass er giftiger als der Hauptstromrauch ist.
  • Die Toxizität des Tabakrauchs nimmt mit der Zeit zu, da sich die Konzentration mancher der Kanzerogene und Gifte im Laufe der Zeit durch weitere chemische Reaktionen erhöht und andere zusätzlich entstehen.


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Bildnachweis:
Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg
Kitty – AdobeStock

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