Richtig inhalieren

…es muss in der Lunge ankommen!

Die Inhalationstherapie nimmt sowohl in der Behandlung des Asthma bronchiale als auch der COPD (chronisch verengende Bronchitis und Lungenemphysem) den zentralen Stellenwert ein und das mit gutem Grund: Die inhalative Therapie ist überaus wirksam.

Nur in einigen speziellen Fällen wird die Darreichung von Medikamenten beispielsweise in Form von Tabletten gewählt, wie manchmal z. B. bei Cortison, Antibiotika oder Antikörpern.  

Viele Vorteile dokumentieren, warum die inhalative „Route“ bevorzugt wird:

  • lokale Anwendung und direkter Weg an den Ort des Geschehens
  • winzigste Wirkstoffmengen und weniger Nebenwirkungen
  • schneller Einsatz und schnelle Wirkung   
  • lange Wirkung
  • überall, zu jeder Zeit und ohne fremde Hilfe anwendbar

Jeder kann es, aber…

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Eine Inhalationstherapie besteht aus zwei Komponenten: der zu inhalierenden Substanz und dem Inhalationsgerät, welches das Medikament über die Einatmung zu den Bronchien tief in die Lungen transportieren soll. 

Damit der Wirkstoff auch wirklich in der Lunge ankommt, bedarf es jedoch der richtigen Handhabung des Inhalationsgerätes. Jede Inhalation muss „sitzen“, denn nur dann kann eine Wirkung eintreten.

Die Auswahl an zur Verfügung stehenden Inhalationsgeräten (Devices) ist riesig groß und so vielfältig wie bei keiner anderen Therapie der Inneren Medizin. Zunächst gilt es daher herauszufinden, welches Gerät individuell zu welchem Patienten passt. Entscheidend für die richtige Auswahl des Gerätes ist vor allem die Stärke der Einatmung (Inspirationsfluss), die aufgebracht werden muss, um das Medikament einatmen zu können sowie die Koordinationsfähigkeit der Atmung in Zusammenspiel mit der Gerätebedienung.

Inhalationsgeräte werden in vier verschiedene Systemtypen gemäß ihrer Funktionalität unterteilt: Dosieraerosole (treibgasbetriebene Aerosole), die nochmals in Hand ausgelöste und atemzuggesteuerte Geräte unterteilt werden und zudem mit einem Spacer (Inhalationshilfe) angewendet werden können; Trockenpulverinhalatoren mit Einzeldosierung oder Mehrdosenbehälter; Doppelstrahlimpaktionsinhalator – das System Respimat und Vernebler.

Nach der Auswahl muss eine Einweisung und Schulung der richtigen Handhabung erfolgen, bevor es anschließend heißt: üben, üben, üben. Patient und Inhalationsgerät müssen quasi eine „Einheit“ werden, damit jede Anwendung ganz automatisch richtig gelingt.

Was sich einfach anhören mag, ist es in der Realität jedoch keineswegs. „Es ist eine Kunst, das richtige Gerät mit dem entsprechenden Patienten zu ´vermählen`, da sich die Inhalationssysteme in ihrem Aufbau, ihrer Funktionalität und in ihrer Anwendung deutlich unterscheiden. Jedes Inhalationsgerät fordert ein anderes (quasi systemspezifisches) ´optimales` Inhalationsmanöver“, formuliert Dr. Voshaar, Moers. „Arzt und Patient sind gefordert, solange zu suchen, bis das System gefunden ist, mit dem der Patient wirklich zurechtkommt. Das eine ideale und für jeden Patienten geeignete Gerät gibt es nicht.“

Tritt nicht die gewünschte Wirkung ein…

Fehler in der Anwendung der Inhalation treten sehr häufig auf. Zur Sicherheit sollte daher dem behandelnden Arzt regelmäßig das Anwendungsmanöver demonstriert werden, damit mögliche Fehler rasch ausgeräumt werden können.

Tritt die gewünschte Wirkung einer Inhalationstherapie nicht ein, sollte unbedingt vor einem Wechsel und insbesondere vor einer Erweiterung der Therapie immer zuerst das  Inhalationsmanöver als mögliche Fehlerquelle überprüft werden.

Allzu oft kommt es vor, dass bereits seit längerer Zeit bestehende Fehler in der Durchführung der Inhalationstherapie dafür sorgen, dass nicht genügend Wirkstoff die Lunge erreicht.

Die Folgen sind:

  • eine schlechtere Symptomkontrolle
  • häufigere Krankenhausaufenthalte
  • häufigere notfallmäßige Arztbesuche
  • mehr Verbrauch von Antibiotika und oralen Kortikosteroiden (Cortison in Tablettenform)

Liegt die Ursache in der falschen Handhabung der Therapie, ist eine Erweiterung der Therapie also der falsche Schritt. Vielmehr ist eine erneute Schulung zum Erlernen der Inhalationstechnik notwendig. „Meine Aufforderung an jeden Patienten ist, denken Sie selbst mit an diese Möglichkeit und sprechen Sie aktiv Ihren Arzt auf eine Überprüfung des Inhalationsmanövers an“, appelliert Dr. Voshaar.

Gut zu wissen…

Ein unbeeinflussbarer Faktor, wie viel Wirkstoff tatsächlich in die Lunge gelangt, ist die Anatomie des Rachens und Kehlkopfes. „Zuallererst entscheidet die Kehlkopfregion, wie viel Wirkstoff  tatsächlich in die Bronchien gelangt. Jeder Kehlkopf ist so individuell wie der Abdruck eines Fingers.“

Einen weiteren, allerdings beeinflussbaren Faktor, gilt es ebenfalls zu verinnerlichen: Langsames und tiefes Einatmen. Schnelles Inhalieren führt insbesondere dazu, dass Teile der eingeatmeten Substanz an der Rachenhinterwand „hängenbleiben“ und zudem möglicherweise zu einer Pilzinfektion (Soor) oder einer heiseren Stimme führen.

Der Vergleich mit einem zu schnell fahrenden Auto in einer Kurve kann hilfreich, sich diese Notwendigkeit zu merken. Nur ein langsam fahrendes Auto gelangt sicher um eine Kurve.

Der Austausch eines Inhalationssystems stellt in einer etablierten und gut eingestellten Behandlung einen erheblichen Eingriff in die Patientenbetreuung und die Therapie dar und kann ggf. nur medizinisch begründet werden. Ein Austausch in der Apotheke sollte nicht erfolgen.

Neben der Schulung der Inhalationstherapie empfiehlt sich ergänzend das Anschauen des entsprechenden Anleitungsvideos auf dem YouTube-Kanal der Deutschen Atemwegsliga e.V. – www.atemwegsliga.de.

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Beitrag in Anlehnung an den Vortrag „Wie wichtig ist die korrekte Durchführung der inhalativen Verabreichung von Medikamenten?“, Dr. med. Thomas Voshaar, Ärztlicher Direktor, Chefarzt Medizinische Klinik III, Lungenzentrum Krankenhaus Bethanien, Moers,  anlässlich des 12. Symposium Lunge in Hattingen


Text: Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek

Fotos: www.atemwegsliga.de, Fotolia UMA, Lungezentrum Krankenhaus Bethanien, Moers

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Veröffentlicht in der Winterausgabe 2019 der Zeitschrift „Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge“ www.Patienten-Bibliothek.de

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