Einflüsse
Der Nachtschlaf ist charakterisiert durch eine rhythmische Abfolge verschiedener Schlafphasen, wobei sich Tiefschlafphasen, aus denen der Schlafende nur schwer zu wecken ist, mit Leicht- und Traumschlafphasen (REM) abwechseln. Auch bei einem Gesunden sind Traum- und Leichtschlaf bereits besonders anfällig für Störungen der Regulation von Atmung und Kreislauf.
Mit Dr. Holger Hein, Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie, Allergologie, Schlafmedizin, Reinbek und Tagungspräsident der 27. Jahrestagung der DGSM (Deutsche Gesellschaft für Schlafstörungen und Schlafmedizin e.V. www.dgsm.de) sprach die Redaktion über Zusammenhänge und Auswirkungen von Schlaf und chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen.
Wie beeinflussen sich chronische Atemwegs- und Lungenerkrankungen und Schlaf?
Die Muskelentspannung, die zu jedem Schlaf dazugehört und die insbesondere die Phase des Traumschlafes (REM) betrifft, entspannt auch die Atemmuskulatur. Während man also nachts im Bett liegt und träumt, drückt das „entspannte“ Zwerchfell stärker gegen die Lunge, die Lunge wird weniger bewegt und es kommt zu einer Zunahme des Atemwiderstandes sowie in der Regel einer Abnahme des Restvolumens der Lunge.
Bei einer COPD nimmt vor allem im REM-Schlaf die Lungenventilation um bis zu 40 % ab. Zugleich verstärken sich schon vorher bestehende Inhomogenitäten (Ungleichmäßigkeiten) der Belüftung und der Durchblutung der Lunge, sodass die Sauerstoffsättigung abfällt. Vor allem bei COPD-Patienten in einem fortgeschrittenen Stadium kann es daher im REM-Schlaf zu erheblichen nächtlichen Hypoxämien (Sauerstoffentsättigungen) kommen.
Bei einem vorliegenden Asthma hingegen sollte insbesondere die sog. circadiane Rhythmik (siehe Beitrag Kongresssplitter – Die innere Uhr) der Atemwegsweite berücksichtigt werden. Natürlicherweise sind Atemwege morgens weiter, am frühen Nachmittag am weitesten und verengen sich abends bis in die Nacht hinein wieder. Asthmaanfälle treten somit meist in der Nacht auf, wenn die Atemwege enger sind.
Allerdings kann die nächtliche Engstellung der Atemwege auch bei COPD-Patienten eine Rolle spielen und zu Luftnot- und Hustenanfällen und damit zu Weckreaktionen führen.
Bei Patienten mit beiden Erkrankungen, sowohl COPD als auch Asthma, können sich die genannten Effekte in der Nacht nochmals deutlich verstärken.
Grundsätzlich sollten Atemwegs- und Lungenpatienten mit Übergewicht wissen, dass der Schlaf in Rückenlage physiognomisch ungünstig ist, da es durch die korpulenten Bauchorgane zu einer Kompression der Lunge kommt. Vorteilhafter ist eine Schlafposition in Seiten- oder Bauchlage.
Bei Patienten mit Übergewicht kann es in der Liegeposition zudem zu einer Zunahme von Sodbrennen (Reflux) kommen. Hier ist das Schlafen mit leicht erhöhtem Oberkörper empfehlenswert. Reflux kann in den Atemwegen Symptome wie beispielsweise Heiserkeit, Asthma, chronischen Husten und übermäßige Schleimbildung verursachen.
Bei chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen wie Asthma und COPD sollte immer auch an eine Schlafapnoe, eine Schlafstörung mit Atemaussetzern, gedacht werden – zur Differentialdiagnostik als Abgrenzung der Grunderkrankung sowie als mögliche Begleiterkrankung. Zu berücksichtigen ist, dass bei etwa 90 % aller Schlafapnoepatienten ein oft unbemerkter Reflux vorliegt.
Welche „Schlafhygiene“ ist vor allem bei Atemwegs- und Lungenpatienten anzuraten?
Bei Asthma ist auf eine optimale Therapieeinstellung zu achten. Sehr hilfreich ist dabei die regelmäßige Selbstmessung der Lungenfunktion mittels Peak Flow am Morgen wie auch am Abend, denn so kann ggf. rechtzeitig eine notwendige Intensivierung der Medikation erfolgen. Cortisonhaltige Inhalationen sollten aufgrund der nachweislich besseren Wirkung (circadiane Rhythmik) in erster Linie abends verabreicht werden, falls erforderlich ggf. morgens und abends.
Weiterhin sollte auf ein allergenarmes Schlafzimmer geachtet werden. Bei einer Hausstaubmilbenallergie beispielsweise sollten Milbenschutzbezüge (Encasing) eingesetzt, Pflanzen vermieden und vor allem auf ein staubarmes Schlafzimmer geachtet werden.
Bei COPD ist ebenfalls im Hinblick auf den Schlaf wichtig, dass die Medikation gemäß der Verordnung konsequent angewendet wird.
Ich empfehle Patienten ihr Schlafverhalten zunächst selbst zu hinterfragen und zu überprüfen, ob sie regelmäßig schlecht schlafen, tagsüber ständig müde und weniger leistungsfähig sind.
Ist dies der Fall, sollte dies dem behandelnden Arzt unbedingt mitgeteilt werden, sodass diagnostische überprüft werden kann, ob Hinweise für eine Sauerstoffentsättigung bestehen.
Möglicherweise kann schon eine Optimierung der medikamentösen Therapie zu einer Verbesserung führen, evtl. bereits eine Änderung des Einnahmemodus auf morgens und abends.
Empfehlenswert sowohl für Asthma als auch COPD-Patienten ist die Durchführung der sog. Bronchialtoilette am Abend. Hierbei geht es darum, den in den Bronchien sitzenden Schleim durch physiotherapeutisch angeleitete Übungen oder mittels entsprechender Geräte (z. B. Cornet® oder Flutter®) besser abhusten zu können.
Veröffentlicht in der Frühjahrsausgabe 2020 der Fachzeitschrift „Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge www.Patienten-Bibliothek.de
Text: Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek
Foto: AdobeStock Pixel Shot