Atemnot durch Lungenüberblähung

Atemnot: Neuer Ratgeber Lungenemphysem

Bisher werden in der Patientenliteratur, aber meist auch in der wissenschaftlichen Literatur, COPD und Lungenemphysem gemeinsam dargestellt. Viele Patienten kennen jedoch nur unzureichend die Abgrenzungen und die Gemeinsamkeiten der Krankheitsbilder der chronisch obstruktiven Bronchitis und des Lungenemphysems, die zusammengefasst als COPD bezeichnet werden.

Einem „nur“ als Lungenemphysem diagnostizierten Patienten ist oft nicht klar, dass seine Erkrankung übergeordnet als COPD bezeichnet wird und fühlt sich daher von der Bezeichnung COPD möglicherweise nicht angesprochen.

Die drei Leitsymptome einer COPD sind Atemnot, Husten und Auswurf.

Allerdings ist weniger die chronisch obstruktive Bronchitis, sondern insbesondere das Lungenemphysem, Auslöser für Atemnot. Husten und Auswurf hingegen sind die dominierenden Symptome einer chronischen Bronchitis.

Eine COPD geht immer mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion in den Atemwegen einher, die zumeist durch die langjährige Inhalation von Partikeln und Gasen – an erster Stelle steht hier das Rauchen – ausgelöst wird. Die Entwicklung eines Lungenemphysems kann jedoch auch durch andere Ursachen begünstigt werden, wie z. B. einem genetisch bedingten Alpha-1-Antitrypsinmangel.

In diesem Ratgeber werden die besonderen Merkmale und Charakteristika des Lungenemphysems auf Basis der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse dargestellt, um ein besseres Verständnis für das Erkrankungsbild, die damit einhergehenden Veränderungen, die Symptome und die Behandlungsoptionen zu ermöglichen.

Herausgeber des Ratgebers ist die Patienten-Bibliothek gGmbH, Medienpartner des Ratgebers der Edition Patienten für Patienten ist der COPD – Deutschland e.V.

Autoren Jens Lingemann, 1. Vorsitzender COPD – Deutschland e.V. und Sabine Habicht, Medizinjournalistin, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek.

Wissenschaftliche Beratung erfolgte durch PD Dr. med. Daniela Gompelmann, Universitätsklinik Heidelberg – Lungenvolumenreduktion.

Der Ratgeber liegt dieser Ausgabe bei. Ist der Ratgeber nicht mehr enthalten, kann er online gelesen oder als Druckversion angefordert werden:

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Nachfolgend finden Sie einige modifizierte Auszüge des Ratgebers.

Lungenemphysem verstehen

Die Erkrankung
Bei einem Lungenemphysem (Emphysem = Blase) werden die für den Sauerstoff- und Kohlendioxidaustausch zuständigen Lungenbläschen durch einen komplexen Prozess überdehnt und teilweise zerstört. Es bilden sich größere Blasen, in denen sich die Atemluft staut.

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Die entzündeten, verengten kleinsten Atemwege (Bronchiolen), an die unmittelbar die Lungenbläschen anschließen, und die zerstörten Lungenbläschen können ein „Zusammenfallen“ der Atemwege während der Ausatmung bedingen, was wiederum zum Phänomen der Überblähung unter Belastung führen kann.

Quelle: COPD Leitlinie 2018, www.atemwegsliga.de

Atemnot ist das Hauptsymptom eines Lungenemphysems.Eine Lungenüberblähung führt zur erschwerten Atmung.

Entwicklung
Die Entwicklung eines Lungenemphysems verläuft immer individuell, zumeist ist es jedoch ein sehr langsamer, schleichender Prozess. Über Jahre hinweg treten kaum Beschwerden auf, da die Lunge selbst keine Schmerzsensoren hat. Atemnot wird erst bei starker körperlicher Belastung empfunden und führt daher vor allem zu Vermeidungsstrategien – ein fataler Irrtum, da diese den Verlauf der Erkrankung ungünstig beeinflussen.

Trotz andauernder Beschwerden wird die Ursache der Atemnot zunächst häufig im natürlichen Alterungsprozess oder der eigenen Unsportlichkeit etc. vermutet.

Viele Betroffene suchen ihren Arzt erst auf, wenn die Atemnot bereits in Ruhe spürbar ist und z. B. Treppen oder Steigungen kaum mehr bewältigt werden können. Daher wird die Diagnose eines Lungenemphysems vielfach erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium gestellt.

Vor allem durch Infektionen können Krankheitsschübe bzw. Verschlechterungen (Exazerbationen) ausgelöst werden, die mit akuter Atemnot einhergehen und manchmal einen stationären Krankenhausaufenthalt notwendig werden lassen. Aber auch andere Einflüsse, die die Atmung zusätzlich erschweren, wie z. B. Inversionswetterlagen, Kälte, hohe Luftfeuchtigkeit etc., können das Symptom der Atemnot verstärken. Das Beschwerdeempfinden verläuft meist wellenförmig mit wechselnd guten und weniger guten Tagen.

Befindet sich die Erkrankung in einem weit fortgeschritten Stadium, kann ein latentes Gefühl der Atemnot auch in Ruhesituationen vorhanden sein. Die Atemnot wird dann meist nicht nur durch das Lungenemphysem, sondern möglicherweise durch weitere Faktoren wie z. B. Begleiterkrankungen, Bronchialsekret etc. begünstig.

Strukturelle Veränderungen

Lungenbläschen (Alveolen) sind die strukturellen Elemente einer Lunge. Doch was genau passiert bei einem Lungenemphysem am Lungengewebe?

Störung des Reparaturmechanismus
Da mit jedem Atemzug nicht nur Sauerstoff, sondern auch kleine Schwebepartikel wie Staub, schädigende Gase, Viren oder Bakterien in die Lunge gelangen, muss das Immunsystem der Lunge kontinuierlich aktiv sein.

Um die eindringenden Krankheitserreger und Fremdsubstanzen zu zerstören, bilden sich Enzyme (Proteasen). Die Enzyme können jedoch nicht zwischen Fremdsubstanzen und körpereigenem Gewebe unterscheiden. Daher fungieren sog. Antiproteasen (Alpha-1-Antitrypsin) als eine Art molekulares Schutzschild des körpereigenen Gewebes. Ist die Antiproteasenbildung vermindert und nehmen die Proteasen überhand, kommt es zum Gewebeabbau – ein Emphysem entwickelt sich.

Ein Ungleichgewicht von Enzymen (Proteasen und Antiproteasen) stört den natürlichen Abwehr- und Reparaturmechanismus und führt zum Gewebeabbau.

Ursachen
Insbesondere zwei Faktoren scheinen das Ungleichgewicht zu verursachen:

  • dauerhafte bzw. schwerwiegende Entzündungsaktivitäten (häufig)
  • genetisch bedingter Mangel an Alpha-1-Antitrypsin (sehr selten)

Chronische Entzündungen
Eine Entzündung ist eine automatische Schutzreaktion des Körpers auf einen schädigenden Reiz oder eine Verletzung. Dauerhafte und schwerwiegende Entzündungsaktivitäten stören jedoch den natürlichen Abwehr- und Reparaturmechanismus der Lunge.

Die Auslöser für Entzündungen sind vielfältig. Nachweislich am häufigsten wird ein Emphysem allerdings durch Atemwegsentzündungen aufgrund von Zigarettenrauch verursacht. Weitere Auslöser des Ungleichgewichts können beispielsweise eine schwere Virusbronchitis, die chronisch obstruktive Bronchitis, langjähriges unkontrolliertes Asthma bronchiale, schwere Lungenentzündungen etc. sein.

Quelle: Lungenemphysem, www.lungenaerzte-im-netz.de

Alpha-1-Antitrypsinmangel
Ein genetisch bedingter Mangel an Alpha-1-Antitrypsin (AAT) ist – wenngleich eine sehr seltene – weitere Möglichkeit für die Entwicklung eines Lungenemphysems.

Infolge des AAT-Mangels findet sich entweder nur noch eine geringe oder gar keine Alpha-1-Antirypsinkonzentration mehr im Blutserum. Eine spezielle Therapie zur Substitution von AAT kann bei manchen Patienten erfolgen.

Experten empfehlen jedem Lungenemphysem-Patienten eine einmalige Testung auf einen AAT-Mangel beim Haus- oder Lungenfacharzt.

Weitere Informationen finden Sie auch auf www.alpha1-deutschland.de

Körperliche Veränderungen

Die Atemsysteme Lunge und Atempumpe funktionieren in einer ähnlichen Weise wie das Herz-Kreislauf-System. Während im System Lunge der Gasaustausch stattfindet, sorgt die Atempumpe für die regelmäßige und ausreichende Ventilation der Lunge. Lunge und Atempumpe sind dabei gleichermaßen wichtig.

Kommt es bei einem Lungenemphysem aufgrund der Zerstörung der Alveolen zum Elastizitätsverlust des Lungengewebes, geraten die Einatemmuskeln der Atempumpe in Schwierigkeiten. Sie werden aus ihrer optimalen Funktionsstellung gebracht und somit in ihrer Pumparbeit stark beeinträchtigt.

Strukturelle Schädigungen der Lunge beeinträchtigen immer auch die Atempumpe.

Ein Lungenemphysem kann beispielsweise zur Überlastung und Abflachung des Zwerchfells, ebenso zu einer Überbeanspruchung der Atem- und Ausatemmuskeln und somit zu deren Verkürzung führen. Bei einem fortgeschrittenen Lungenemphysem kann sich ein sog. Fassthorax, ein kurzer breiter Brustkorb, entwickeln, der in der Einatemstellung fixiert ist. Quelle: Sabine Weise, München 2018

COPD und/oder Lungenemphysem

COPD ist die Abkürzung für die englische Bezeichnung chronic obstructive pulmonary disease = chronisch verengende Lungenerkrankung.

Die Verengung der Atemwege beruht auf zwei wesentlichen Ursachen:

einer Entzündung im Bereich der kleinsten Atemwege (obstruktive Bronchiolitis)

und einer Zerstörung von Lungengewebe, insbesondere der Lungenbläschen (Lungenemhysem).
Quelle: COPD Leitlinie 2018

Risikofaktoren/Auslöser
Risikofaktoren bzw. Auslöser für die Entwicklung einer COPD sind vor allem:

Erblich bedingte Faktoren

  • genetische Erbgutveränderungen (genetische Präposition) wie z. B. Alpha-1-Antitrypsinmangel
  • überempfindliche Bronchien (bronchiale Hyperreagiblität)
  • Störungen des Lungenwachstums

Verhaltensbedingte Faktoren

  • inhalativer Tabakkonsum (auch Passivrauchen)
  • berufsbedingte inhalative schädigende Stoffe (Noxen)
  • schädigende Umweltstoffe (Luftverunreinigung indoor und outdoor, Biomassenexposition, wie z. B. Kochen am offenen Feuer)
  • vorgeburliche und frühkindliche Einwirkungen (wie z. B. inhalativer Tabakkonsum der Mutter)
  • Atemwegsinfektionen (in der Kindheit)

Typisierungen
Das Krankheitsbild einer COPD äußert sich nicht bei jedem Patienten gleich.

Die betroffenen Patienten unterscheiden sich in vielen Gesichtspunkten, angefangen vom Beginn der Erkrankung, über die unterschiedliche Ausprägung der Beschwerden bis hin zu einem variablen Verlauf.
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Robert Bals, Bad Homburg

Lungenemphysem verstehen …und handeln

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Erfahren Sie mehr über das Lungenemphysem sowie die präventiven, medikamentösen, nicht-medikamentösen, apparativen und operativen/endoskopischen Maßnahmen im neuen Patientenratgeber und den weiteren vorliegenden Themenratgebern auf
www.Patienten-Bibliothek.de und
www.copd-deutschland.de.


Bildnachweis:
Jeanette Dietl – alexImx – Fotolia.com
www.lungeninformationsdienst.de

Text:
Jens Lingemann, Vorsitzender COPD – Deutschland e.V. – Vorwort
Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek


Lungenemphysem-LID-714x1024 Atemnot durch Lungenüberblähung

Der Beitrag wurde in der Sommerausgabe 2019 der Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge veröffentlicht.


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