Wir wollen Wiki für Alpha1 sein…
Natürlich wurde Alpha1 Deutschland e.V., ebenso wie alle anderen, vom Thema Corona völlig „überrannt“ und vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Vor allem in Bezug auf den jährlich stattfindenden Alpha1-Infotag und die damit im Zusammenhang stehende Mitgliederversammlung gab es viel zu bedenken und immer wieder neu zu bewerten.
Wir haben bei Marion Wilkens, Vorsitzende von Alpha1 Deutschland und selbst von Alpha-1-Antitrypsin-Mangel betroffen, nachgefragt, welche Erfahrungen sie in den letzten Wochen sammeln konnte und wie die Alpha1-Selbsthilfe konkret weitergeht:
Bereits mit Beginn der Coronapandemie setzte ich mich kontinuierlich intensiv mit den veröffentlichten Informationen auseinander, speicherte ab und diskutierte mit meinem Mann. Es entwickelte sich der Gedanke, diese selektierte Sammlung des aktuellen Wissens auch mit den Mitgliedern zu teilen. Somit haben wir die Frequenz des Newsletters dynamisch, je nach relevanter Informationslage, erhöht.
Bei unseren Recherchen stellten wir immer wieder fest, dass viel zu viele schlechte, unqualifizierte Nachrichten kommentarlos verbreitet werden, vor allem in den sozialen Medien. Mit Hilfe des Newsletters ist es uns daher besonders wichtig, dieser Informationspolitik entgegenzuwirken. Wir verweisen beispielsweise immer auf seriöse Internetseiten mit offiziellen belegbaren Angaben zu COVID-19 sowie den neuesten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen.
Weiterhin machten wir uns auf die Suche nach Daten, die unmittelbar Alpha1-Patienten in Zusammenhang mit Corona betreffen. Über unser europäisches Netzwerk und den Austausch mit Kollegen aus Selbsthilfeorganisationen anderer Länder konnten wir z. B. in Erfahrung bringen, dass bisher kein Alpha1-Patient an COVID-19 verstorben ist. Diese gute Nachricht macht Mut und ist natürlich ebenfalls Bestandteil des Newsletters.
Um frühzeitig zu gewährleisten, dass keine Daten verloren gehen, bittet unsere wissenschaftliche Beirätin, Frau Professor Sabina Janciauskiene, alle von Corona infizierten Alphas um eine kurze Umfrage.
Die Umfrage ist auf unserer Homepage unter www.alpha1-deutschland.org/sie-sind-gefragt-umfrage-zu-alpha-1-antitrypsin-mangel-und-covid-19 zu finden.
Durch die Teilnahme an der anonymisierten Umfrage ergeben sich eventuell Erkenntnisse, die helfen können, das Risiko eines Alpha1-Betroffenen bei einer Corona-Infektion zu beurteilen, um daraus weitere Schlüsse für die Forschung zu ziehen.
Über unsere Telefonhotline erhielten wir vermehrt Anrufe von Menschen, die einfach Angst vor einer Infizierung haben. Bemerkenswert war jedoch, dass es sich hierbei kaum um unsere eigenen Mitglieder handelte. Vielmehr haben sich vor allem Alpha1-Träger des Genotyps MZ gemeldet, die selbst von einer Erkrankung des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels nicht unmittelbar betroffen sind und sich bisher um AATM wenig gekümmert haben. Teilweise waren es Eltern von Kindern mit einem AATM. Die Situation, auf einmal zu einer Gruppe von Risikopatienten zu gehören, wurde als akute Bedrohung empfunden und führte zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit AATM.
Die wenigen Anrufe unserer Mitglieder bewerten wir als überaus positiv. Dokumentiert dies doch, wie hilfreich es ist, in der Selbsthilfe organisiert zu sein. Die Teilhabe in der Selbsthilfe betrachten wir als eine Form von Schulung, einen Lernprozess im eigenen Umgang mit der Erkrankung.
Auch können sich unsere Mitglieder auf die veröffentlichten Informationen, auf dem Stand der aktuellen Wissenschaft, verlassen. Unsere Aussage: Wir wollen Wiki für Alpha1 sein, meinen wir ernst.
Ich denke, dass sich unsere Mitglieder im gesamten Informationsmanagement gut aufgehoben fühlen und geschulter sind, was zu einem deutlich geringeren telefonischen Gesprächsbedarf führt.
Kontakt
Alpha1 Deutschland e.V.
Alte Landstraße 3, 64579 Gernsheim
Kostenfreie Service-Nummer 0800 – 5894662
info@alpha1-deutschland.org
www.alpha1-deutschland.org
Bildnachweis:
Marion Wilkens, Alpha1 Deutschland e.V.
Yuri Arcurs, Fotolia.com
Interview/Text:
Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek
Der Beitrag wurde in der Sommerausgabe 2020 der Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge veröffentlicht.