Forschung zum Anfassen

Beatmungsgerät

Wie wird ein neues Beatmungsgerät getestet?

Am Forschungszentrum Borstel wurde in Zusammenarbeit mit der Firma FLO Medical ein neues Beatmungsgerät entwickelt, das seit 2016 bei COPD-Patienten eingesetzt wird, wenn diese nicht mehr in der Lage sind, das im Körper anfallende Kohlendioxid auszuatmen. Das neue Gerät (Vigaro®) hat eine Besonderheit – es ahmt die Atemtechnik der Lippenbremse nach. Diese Atemtechnik hilft vielen Menschen mit COPD, kann aber natürlich nur angewendet werden, solange man wach ist und konzentriert atmet. Über das Gerät kann nun die ganze Nacht über das Prinzip der „Lippenbremse“ genutzt werden.

Viele Patienten berichten, dass das neue Gerät ihnen helfe, weil die morgendliche Luftnot bei Abnahme der Maske gebessert sei (sog. Deventilationssyndrom) und weil die körperliche Leistungsfähigkeit zunehme.

Für eine medizinische Bewertung genügen die Berichte einzelner Patienten jedoch nicht. Daher werden das Vigaro®-Gerät und die „Lippenbremsenbeatmung“ derzeit in einer großen klinischen Studie untersucht (Nummer im Deutschen Register Klinischer Studien: DRKS00012325). Fünf deutsche Lungenkliniken beteiligen sich daran, herauszufinden, ob das neue Gerät tatsächlich die Vorteile hat, die manche Patienten beobachten (Kontaktdaten siehe unten). Seit September 2019 ist auch das Städtische Klinikum Dortmund an der Studie beteiligt, was für Patienten in Nordrhein-Westfalen eine Erleichterung bedeutet.

Finanziert wird die Studie vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL) und läuft nach folgendem Schema ab: Patienten mit einer COPD und einer bereits bestehenden Beatmungstherapie werden zunächst gründlich untersucht, ob sie in die Aufnahmekriterien der Studie passen könnten. Die Patienten verbringen eine Nacht mit dem eigenen Beatmungsgerät in der Klinik und es wird gemessen, wie gut die eigene Atmung mit dem Gerät harmoniert. Danach erhält nach dem Zufallsprinzip die eine Hälfte der teilnehmenden Patienten das Vigaro®-Gerät, die andere Hälfte behält das eigene Gerät.

Die Behandlung wird über einen Zeitraum von 3 Monaten durchgeführt. Jeweils nach den ersten 4 Wochen und nochmals nach Ablauf der 3 Monate wird jeder Studienpatient erneut untersucht:

  • Wie hat sich die körperliche Belastbarkeit verändert (6-Minuten-Gehtest)?
  • Wie hoch ist der Gehalt an Sauerstoff- und Kohlendioxid im Blut (Blutgasanalyse)?
  • Wie hat sich die Mechanik der Atmung verändert (Lungenfunktionstest)?
  • Wie ist die Lebensqualität (Fragebögen)?

Anschließend kann jeder Patient entscheiden, ob er das eigene Beatmungsgerät weiternutzen möchte oder ob das  neue Gerät verordnet werden soll. Alle Patienten werden noch weiteren 9 Monate mit regelmäßigen Telefonanrufen nachbeobachtet, um auch die Langzeiteffekte der Behandlung zu erfassen. Zudem erhalten die Studienteilnehmer mehrfach einen Schrittzähler, damit der Bewegungsumfang zuhause gemessen werden kann.

Alle Messwerte werden detailliert dokumentiert und verglichen, sobald genügend Patienten in beiden Behandlungsgruppen rekrutiert wurden. Erst danach kann eine wissenschaftlich fundierte Aussage getroffen werden, was die neue Beatmungstherapie im Vergleich zur bisher üblichen Beatmungstherapie leisten kann.

Patienten mit COPD und einer bereits bestehenden Beatmungstherapie (nicht-invasiven Beatmung – NIV) können sich selbst unkompliziert für eine Teilnahme an dieser Studie bewerben. Interessierte können im Internet rasch prüfen, ob sie in Frage kommen (http://lippenbremse.fz-borstel.de). Anschließend können Sie eines der folgenden Studienzentren kontaktieren:

Koordinierendes Zentrum
Forschungszentrum Borstel, Medizinische Klinik
PD Dr. Christian Herzmann/Dr. Stephan Rüller
Parkallee 35, 23845 Borstel
Tel. 04537-188-8080
lippenbremse@fz-borstel.de

Weitere Prüfzentren

LungenClinic Großhansdorf
Prof. Dr. med. Klaus F. Rabe
Studienassistenz
Wöhrendamm 80, 22927 Großhansdorf

Thoraxklinik Heidelberg
Sekretariat Prof. Dr. Felix Herth
Röntgenstraße 1, 69126 Heidelberg

Medizinische Hochschule Hannover
Schlaflabor der Medizinischen Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover

Klinikum Dortmund
Frau Landsiedel-Mechenbier
Tel.: 0231-953-18206
Münsterstraße 240, 44145 Dortmund

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PD Dr. med. Christian Herzmann
Forschungszentrum Borstel

Lesen Sie auch…

die Beiträge über die Lippenbremsenbeatmung bei COPD in der Frühjahrsausgabe 2017 und der Winterausgabe 2018 der Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge, online als Download auf www.Patienten-Bibliothek.de.


Text: PD Dr. Christian Herzmann, Borstel

Foto: FLO Medical

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Der Beitrag wurde in der Winterausgabe 2019 der Fachzeitschrift „Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge“ veröffentlicht.

www.Patienten-Bibliothek.de

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