Artikel aus der Zeitschrift Patienten-Bibliothek / COPD in Deutschland – Winter 2017
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…Umgang mit der unspezifischen Vielfalt
Schon immer war Reinhold Maria Junior (66) aus Friedrichshafen viel mit dem Fahrrad unterwegs. Dass seine Ehefrau auf einmal öfters an ihm vorbeizog und schneller war, ließ ihn aufmerksam werden. Als dann auch noch beim Bergsteigen die Luft wegblieb, ging Reinhold Junior mit seiner Hausärztin auf Spurensuche. Bereits beim Abhören der Lunge mit dem Stethoskop war das für eine Lungenfibrose typische Knisterrasseln hörbar und ausschlaggebend für eine ausführliche Diagnostik durch Lungenfachärzte. Neben einer hochauflösenden Computertomographie (CT) wurde eine Bronchoskopie (Lungenspiegelung) durchgeführt.
Der Verdacht bestätigte sich: Lungenfibrose unbekannter Ursache (Idiopathische Lungenfibrose – IPF). Weiterhin wurden bei der Bronchoskopie entzündliche Prozesse festge-stellt, die sich als chronisch allergische Alveolitis (allergisch bedingte Entzündung der Lungenbläschen) herausstellten – vermutliche Ursache: diverse Allergene u. a. Daunen.
Während Daunen aus dem persönlichen Umfeld noch leicht zu eliminieren sind, gestaltet sich der Umgang mit einer seltenen Lungenerkrankung und zudem noch unbekannter Ursache fast als unüberwindbar. Zumal sich die medikamentöse Therapie als äußerst schwierig gestaltete. Hochdosiertes Cortison und immunsuppressive Medikationen aufgrund der stark entzündlichen Prozesse und eine antifibrotische Therapie brachten starke Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen mit sich – sowie eine spürbare, wenn auch verständliche, Unsicherheit der Ärzte, da bei einer Lungenfibrose nicht auf langjährig etablierte Therapieerfahrungen zurückgegriffen werden kann.
Als sei es noch nicht genug, begleiten Reinhold Junior seit Jahren eine Schlafapnoe (Atemaussetzer im Schlaf), die mit einer CPAP-Therapie während der Nacht behandelt wird und eine Osteoporose (Knochenschwund), die sich bereits in Impressionsfrakturen (Eindrückungsfrakturen) geäußert hat. Eine Situation, die sowohl für Patient, als auch für seine Ehefrau und die betreuenden Ärzte eine mehr als schwierige Herausforderung darstellt, zumal die verschiedenen Erkrankungen und notwendigen Medikationen immer im Zusammenspiel betrachtet werden müssen.
Charakteristisch gesund
…so bezeichnet Reinhold Junior selbst sein Erscheinungsbild. Und genau so ist es, er wirkt, wenn man ihn anschaut, vollkommen gesund.
Nichts kann man sehen: Die Atemnot der Fibrose zeigt sich erst unter Belastung, die Schlafapnoe erst in der Nacht und die Osteoporoseeinbrüche nur im MRT. Wie erklärt man also anderen, wie man sich wirklich fühlt? Was kann, was soll man sagen, wenn man gefragt wird, wie es einem geht? Eine zusätzliche emotional belastende Hürde, neben dem Balanceakt der Krankheitsvielfalt. Inzwischen hat sich die Lungenfunktion verschlechtert, spürbar und nun auch sichtbar, denn während einer Rehabilitationsmaßnahme im März dieses Jahres wurde die Notwendigkeit einer Langzeit-Sauerstofftherapie festgestellt.
Tagsüber unter Belastung ist der Einsatz der Sauerstofftherapie notwendig. „Belastung bedeutet allerdings bereits nach der ersten Treppe oder weniger als 100 Meter auf ebener Fläche“, so Reinhold Junior.
Um seine gesundheitliche Situation möglichst optimal zu stabilisieren, sucht Reinhold Junior derzeit Kontakt zu einem auf IPF spezialisierten Lungenzentrum, um sich hier eine Zweitmeinung einzuholen.
Lesen Sie mehr über die Idiopathische Lungenfibrose im gleichnamigen Ratgeber. Herausgegeben vom COPD – Deutschland e.V. und der Patientenorganisation Lungenemphysem – COPD Deutschland. Der Ratgeber kann auf www.copd-deutschland.de bestellt und online gelesen werden.
Besuchen Sie auch die Internetseite des Lungenfibrose e.V. www.lungenfibrose.de
Bildnachweise:
Yuri Arcurs – Fotolia.com
Reinhold Junior
Interview/Text:
Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek
Der Beitrag wurde in der Winterausgabe 2017 der Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge veröffentlicht.