Heimdialyse kann eine Alternative sein!

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…den Sprung wagen

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wenn Sie oder ein Angehöriger vom Arzt die Information erhalten, dass eine medikamentöse Therapie nicht mehr ausreicht, sondern nun der Weg mit einer Dialyse gegangen werden muss, ist der Schock groß – auch, wenn die Diagnose absehbar war.

In Abhängigkeit von Apparaturen und Geräten zu sein, seine Selbständigkeit ein Stück weit aufgeben zu müssen, macht erst einmal hilflos und ist ein Schritt ins Ungewisse.

Ihr Arzt wird Ihnen im Gespräch die Möglichkeiten einer Dialyse in einem Dialysezentrum sowie die Möglichkeit einer Heimdialyse erläutern.
Sehr schnell wird meist die Entscheidung für ein Dialysezentrum getroffen. Hier finden Sie die medizinische Sicherheit und entsprechende Begleitung. Eine Entscheidung, die vielleicht aus Unsicherheit und Unwissenheit manchmal zu schnell getroffen wird? Wir denken ja, denn die Heimdialyse kann eine Alternative sein. Die Vorteile liegen insbesondere im Bereich der verbleibenden Selbständigkeit.

Mit diesem Beitrag möchten wir Sie ermuntern, sich mit den unterschiedlichen Möglichkeiten einer Dialyse ausführlich auseinander zu setzen und erst dann eine persönliche individuelle Entscheidung für sich – doch gemeinsam mit Ihrem Lebenspartner/der Familie und Ihrem Arzt – zu treffen.

Wie kann es überhaupt zu einem Nierenversagen kommen? Wie können Sie die Phase vor der Dialyse optimal nutzen? Welche konkreten Möglichkeiten der Dialyse gibt es? Wie gestaltet sich der Alltag mit einer Dialyse?

Erste Antworten auf diese und viele weitere Fragen möchten wir Ihnen mit diesem Beitrag vermitteln. Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Entscheidung. Ich selbst habe den Schritt zur Heimdialyse mit der Bauchfelldialyse gewagt. Vielleicht ist dies auch für Sie der richtige Weg. Mit ihren Erfahrungen stehen sowohl ich, als auch die vielen Mitstreiter meines Vereins Ihnen gerne zur Verfügung.

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Ihre Marion Petznick
Vorsitzende Heim Dialyse Patienten e.V.

Basisinformationen Nierenversagen

Die Niere ist ein lebenswichtiges Organ, das eine Reihe von wichtigen Aufgaben erfüllt, damit unser Körper funktionsfähig ist.
Beeindruckend ist, dass etwa 1.800 Liter Blut täglich durch die beiden Nieren gereinigt werden. Durch die komplexe Filterfunktion der Nieren werden Salze und Abfallstoffe abgebaut und über die Harnwege ausgeschieden.

Neben dieser Hauptfunktion hat die Niere jedoch Einfluss auf viele weitere Körperfunktionen, wie zum Beispiel die Blutdruckregulation, die Regulation des Salz und Säure-Basenhaushaltes, den Knochenstoffwechsel und die Blutbildung.

Tritt ein Nierenversagen auf – ist also die Niere nicht mehr leistungsfähig – kommt der gesamte Organismus aus der „Balance“. Aufgrund der vielfältigen Funktionen kommt es einerseits zu einer Vergiftung des Körpers, da die Schadstoffe nicht mehr ausgeschieden werden können und andererseits zu einem Mangel an lebenswichtigen Stoffen.

Spätestens wenn die Leistung der Nieren auf unter 15 % der Norm abfällt, wird die Nierenfunktion durch eine regelmäßige Dialyse ersetzt.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN) www.dgfn.eu

Chronische Niereninsuffizienz
Dem Nierenversagen geht zumeist ein chronisches Nierenversagen (Niereninsuffizienz) voraus, deren Ursachen vielfältig sein können. Zu den häufigsten Ursachen zählen Diabetes, Nierenentzündungen, Bluthochdruck, erbliche Zystennieren oder eine dauerhafte Schmerzmitteleinnahme.
Ein akutes Nierenversagen tritt eher selten auf.

Chronisches Nierenversagen bedeutet, die Funktion der Nieren verschlechtert sich kontinuierlich, was mit einer Zerstörung des Nierengewebes einhergeht. Das Fortschreiten der Niereninsuffizienz erfolgt zumeist langsam und dauert Jahre.

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Eine wichtige Rolle spielt daher die Früherkennung einer Niereninsuffizienz, um der Schädigung des Nierengewebes möglichst frühzeitig entgegen wirken zu können. Durch eine rechtzeitige Behandlung der zugrunde liegenden Ursachen kann das endgültige Versagen der Nieren manchmal verhindert oder zu mindestens einige Jahre hinausgezögert werden.

Wichtig: Gerne möchten wir an dieser Stelle auf die Wichtigkeit der Vorsorgeuntersuchungen aufmerksam machen. Innerhalb der „Gesundheits-Check-ups“, die Frauen und Männern ab dem Alter von 35 Jahren alle zwei Jahre als Kassenleistung kostenfrei wahrnehmen können, wird auch die Funktion der Nieren überprüft. Nutzen Sie diese Möglichkeit!

Symptome einer Niereninsuffizienz
Eingeteilt wird das Nierenversagen in fünf Stadien des Schweregrades, wobei Stadium 5 das fortgeschrittenste Stadium bedeutet.

In den ersten beiden Stadien sind in der Regel keine Symptome erkennbar. Wird ein Urintest durchgeführt, ist oftmals bereits eine vermehrte Ausscheidung von Eiweiß erkennbar. Manchmal können auch rote Blutkörperchen nachgewiesen werden.

Erst ab dem Stadium drei machen sich spürbar Symptome einer Niereninsuffizienz bemerkbar. Zu den Symptomen zählen z.B.:

  • Abgeschlagenheit, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Nerven-/Knochenschmerzen, Juckreiz am ganzen Körper
  • Wassereinlagerungen in den Beinen (Ödeme), erhöhter Blutdruck
  • Herzrhythmusstörungen, Herz-Kreislauf-Probleme
  • Schwindel, Schwäche, Müdigkeit, Muskelkrämpfe

Als terminale Niereninsuffizienz wird das Stadium 5 bezeichnet, was einen fast vollständigen Ausfall der Nieren bedeutet bzw. eine Leistungsfähigkeit von weniger als 15 % der Norm. Jetzt ist rasches Handeln notwendig, da der unbehandelte Körper sonst vergiftet. Eine Nierenersatztherapie in Form einer Hämodialyse oder Peritonealdialyse kann den Organismus von seinen Giftstoffen reinigen. Eine weitere Alternative kann die Nierentransplantation sein.

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Prädialysephase

Als Prädialyse wird die Zeit vor der Dialyse bezeichnet. Die Prädialyse beginnt bereits mit den ersten Anzeichen der Erkrankung.
Solange noch keine Dialyse notwendig ist, sollten alle Einflussfaktoren auf die Niereninsuffizienz optimiert werden. Denn Ziel muss es sein, den Einsatz einer Dialyse möglichst lange hinauszuzögern. Die Prädialyse kann, je nach Verlauf der Erkrankung, viele Jahre dauern.

Der Prädialyse wird oftmals aufgrund von wenigen oder gar fehlenden Beschwerden zu wenig Beachtung geschenkt und die Möglichkeiten, einer Verschlechterung der Niereninsuffizienz entgegen zu wirken, nur unzureichend genutzt.

Wichtig ist, dass jeder Patient frühzeitig durch einen nephrologischen Facharzt behandelt werden sollte. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Hausarzt und Nephrologen ist wichtig für eine optimale medizinische Versorgung.

Nutzen Sie die Zeit der Prädialyse:

  • Wurde die Diagnose einer chronischen Niereninsuffizienz gestellt, informieren Sie sich ausführlich über die Erkrankung und alle Möglichkeiten der Intervention.
  • Informieren Sie sich rechtzeitig über die verschiedenen Dialyseverfahren. Sprechen Sie mit anderen Betroffenen.
  • Nehmen Sie eine Ernährungsberatung in Anspruch! Dies ist sehr wichtig, da Ihre individuelle Situation bei der Ernährung berücksichtigt werden muss und es hier keine allgemein gültigen Regeln gibt. Dies gilt z.B. für das Thema Flüssigkeitszufuhr und die Aufnahme von Eiweiß.
  • Sind Sie Diabetiker: Achten Sie unbedingt auf eine korrekte Blutzuckereinstellung.
  • Kontrollieren Sie regelmäßig Ihren Blutdruck.
  • Vermeiden Sie Nikotin. Rauchen kann eine Niereninsuffizienz verschlimmern und begünstigt deren Entstehung!
  • Alkohol nur in ganz geringen Maßen.
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Dialyse

Dialyseverfahren wurden bereits 1945 entwickelt und haben in den darauf folgenden Jahrzehnten eine enorme technische Weiterentwicklung erfahren.

Heute kann man sagen, dass sowohl die technischen Voraussetzungen als auch die organisatorischen und medizinischen Bedingungen, also ausreichend Dialyseplätze, Dialysezentren und speziell ausgebildetes medizinisches Fachpersonal, in Deutschland flächendeckend hervorragend sind.
Etwa 70.000 Patienten werden derzeit in Deutschland langfristig mit einem Dialyseverfahren behandelt. Quelle: Deutsche Gesellschaft für Nephrologie

Vorbereitung
Entscheidend in der Phase der Vorbereitung ist die ausführliche Beratung und Information zur Dialyse durch den behandelnden Nephrologen bzw. das Dialysezentrum. Die Vor- und Nachteile der einzelnen Dialyseverfahren werden dabei eingehend erläutert.

Wenn die Entscheidung für die Heimhämodialyse fällt, muss eine theoretische und praktische Schulung erfolgen. Diese wird meist im behandelnden Zentrum durchgeführt. (Nachdem bereits ein Shunt oder Katheter operiert wurde.) Der Betroffene wird erst in die Selbständigkeit nach Hause entlassen, wenn alle Schritte „sitzen“. Außerdem gibt es ausreichend Material zum Nachlesen für zu Hause. Bei der Schulung – als auch bei allen anderen Schritten zur Dialyse – sollte der Lebenspartner bzw. das engste Familienmitglied einbezogen werden.

Eine praxisnahe Ernährungsberatung zeigt auf, welche Maßnahmen in der Prädialyse unterstützend notwendig sind und wie die Ernährung während der Dialyse optimal ausgerichtet werden soll. Je nach gewähltem Dialyseverfahren sind die einzuhaltenden Ernährungsrichtlinien unterschiedlich.

Der Austausch mit Menschen, die bereits eigene Erfahrungen mit der Dialyse haben, kann durch keine andere Information ersetzt werden und ist dringend zu empfehlen.

Grundsätzlich gilt: Je mehr Sie über die Dialyse wissen, desto mehr Ängste können Sie bereits im Vorfeld abbauen. Offensiv mit der eigenen Erkrankung umgehen bedeutet aktive Krankheitsbewältigung, was auch bei der Bewältigung des Alltags hilft.

Durchführung
Die Durchführung der Dialyse kann unter verschiedenen Rahmenbedingungen stattfinden:

  • unter ständiger Anwesenheit eines Arztes/Fachpersonal während der gesamten Dialysedauer als Zentrumsdialyse in
    einem Krankenhaus (mit oder ohne nephrologische Schwerpunktabteilung)
    einer Arztpraxis
    einem Dialysezentrum
  • mit Visite und ständiger Rufbereitschaft des verantwortlichen Arztes unter Absicherung für akute Notfälle
    z.B. in einem ausgelagerten Praxisbereich (sogenannte Limited Care Dialyse bzw. zentralisierte Heimdialyse, LCD)
  • ohne Präsenz verantwortlicher Ärzte, jedoch mit ständiger ärztlicher, pflegerischer und technischer Rufbereitschaft
    in der Wohnung des Patienten (Heimdialyse)

Quelle: Dialysestandard, Deutsche Arbeitsgemeinschaft Klinische Nephrologie e.V., 2006, www.dgfn.eu

Welche der möglichen Dialyseformen eingesetzt wird, hängt von den individuellen, den medizinischen, persönlichen und sozialen Voraussetzungen ab. Grundsätzlich steht allen Dialysepatienten jede Möglichkeit offen, wenn die entsprechenden individuellen Voraussetzungen dies zulassen.

Dialyse im Dialysezentrum
In Dialysezentren wird vorwiegend die Hämodialyse durchgeführt. Die Peritonealdialyse kann unter bestimmten Umständen (Alter, ohne Partner) auch hier stattfinden. Das Dialysezentrum bietet durch die ständige Anwesenheit von Ärzten und Pflegepersonal eine Sicherheit. Die Einbindung der Familie ist nicht notwendig. Die körperliche Belastung durch punktuelle Dialysen und kürzere Dialysezeiten bzw. längere dialysefreie Intervalle, z.B. dem langen Wochenende, sind jedoch größer.

Heimdialyse
Sowohl die Peritonealdialyse als auch die Hämodialyse können in der Heimdialyse durchgeführt werden. Durch eine Heimdialyse ist man ungebundener und flexibler. Die Einbeziehung des Lebenspartners für die Dialyse kann hilfreich sein, ist aber nicht Voraussetzung für eine Heimdialyse. Doch der Wille eigenständig und eigenverantwortlich im Umgang mit der Dialyse zu sein, ist feste Bedingung.

Peritonealdialyse (Bauchfelldialyse)

Bei der Peritonealdialyse (PD) wird das gut durchblutete Bauchfell als körpereigenes Filtermembran genutzt. Der Vorgang der Dialyse findet im Körper des Patienten statt.

Das Bauchfell (Peritoneum) kleidet alle Bauchorgane und die ganze Innenwand der Bauchhöhle mit einer dünnen, von Blutgefäßen durchzogenen, Haut aus. Das Bauchfell ist ähnlich gut durchblutet wie die Nieren und eignet sich daher als Austauschmembran.

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Bei der CAPD (der kontinuierlich ambulanten Peritonealdialyse) lässt man vier Mal am Tag eine spezielle sterile Dialyselösung (2 Liter) über einen vorab operativ implantierten Katheter in die Bauchhöhle fließen. Die Flüssigkeit wird einige Stunden (4 – 5) im Bauchraum belassen. Durch ein osmotisches Austauschverfahren gelangen in dieser Zeit die Giftstoffe und harnpflichtigen Substanzen aus dem Blut in die Dialyseflüssigkeit. Die Dialyseflüssigkeit wird anschließend über den Katheter abgelassen und so die darin enthaltenen Giftstoffe aus dem Körper entfernt.

Darüber hinaus wird dem Körper durch die in der Dialyselösung enthaltene Glukose (Zucker) gleichzeitig überschüssiges Wasser entzogen.

Durch den kontinuierlichen vier Mal am Tag ablaufenden Prozess kommt die Peritonealdialyse der natürlichen Arbeitsweise der Nieren sehr nahe.

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Die Bauchfelldialyse ist in ca. 2 – 3 Wochen vom Patienten erlernbar. Die notwendigen Hygienemaßnahmen, aber auch das Öffnen des Zugangs zur Dialyselösung und damit zum Katheter, werden entsprechend geschult.

Im Durchschnitt ist die Bauchfelldialyse fünf Jahre durchführbar. Danach kann zu einer Hämodialyse/Heimhämodialyse gewechselt werden.

Verschiedene Verfahren der Peritonealdialyse

  • Bei der sogenannten kontinuierlich ambulanten PD muss die Dialyselösung vier bis fünf Mal am Tag gewechselt werden. Der Wechsel dauert jeweils etwa 30 Minuten.
  • Bei der automatischen Peritonealdialyse übernimmt ein spezielles Dialysegerät(ein sog. Cycler) den automatischen Wechsel der Dialyselösung. Dies erfolgt in der Nacht während man schläft, etwa in einem Zeitraumvon acht Stunden.

Vorteile gegenüber der Hämodialyse

  • flexible Durchführung zu Hause / zeitsparend / höhere Mobilität
  • die diätetischen Vorschriften sind weniger streng – Flüssigkeit und Eiweiß dürfen in höherem Maße aufgenommen werden
  • Venenpunktion ist nicht erforderlich
  • die Entgiftung erfolgt kontinuierlicher
  • die Kreislaufbelastung ist geringer
  • Einnahme von gerinnungshemmenden Substanze ist nicht notwendig

Gegenanzeigen

Eine Bauchfelldialyse darf nicht bei folgenden Gegenanzeigen durchgeführt werden:

  • Verwachsungen im Bauchraum
  • Tumore oder Entzündungen im Bauchraum
  • chronisch entzündliche Darmerkrankungen
  • künstlicher Darmausgang
  • fehlende Eignung des Patienten, das Verfahren eigenständig und unter Berücksichtigung der notwendigen Hygienemaßnahmen durchzuführen

Besonderheiten

  • Alle 8 – 12 Wochen sind Kontrolluntersuchungen im Dialysezentrum notwendig, um zu prüfen, ob das Bauchfell noch die volle Reinigungs- und Entwässerungsfunktion hat.
  • Tritt eine Infektion auf, kann sich das Bauchfell entzünden. Die Bauchfellentzündung ist jedoch vom geschulten Patienten leicht erkennbar und mit Medikamenten gut behandelbar.

Hämodialyse (Blutwäsche)

Bei der Hämodialyse bzw. Blutwäsche wird das Blut durch eine künstliche Membran, die sich in einer Dialysemaschine befindet, geleitet und dort von den Schlakkenstoffen sowie weiteren Substanzen, die sonst über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden würden, gereinigt. Der Filtervorgang erfolgt mittels Diffusion. Die Dialyse der Blutwäsche findet außerhalb des Körpers des Patienten statt.
In der Regel wird das Blut aus einer Unterarmvene über ein Schlauchsystem in den Dialysator geleitet. Der Dialysator ist im Prinzip eine künstliche Niere.
Die Hämodialyse im Dialysezentrum findet meist drei Mal pro Wochen statt und dauert jeweils etwa vier bis fünf Stunden.

Gefäßzugänge
Für das Verfahren der Hämodialyse ist es notwendig, pro Minute eine relativ große Menge an Blut zu entnehmen. Dies müssen mindestens 200 bis 400 ml/min sein. Über den normalen Weg einer Blutentnahme aus den Arm-Blutgefäßen ist dies nicht möglich. Daher wird ein spezieller ständiger Gefäßzugang am Unterarm gelegt, was in einer kleinen Operation, in der Regel unter örtlicher Betäubung, geschieht.

Drei mögliche Arten von Gefäßzugängen:

  1. Am häufigsten wird der Shunt, der auch als AV Fistel bezeichnet wird, gelegt. Hierbei wird ein Kurzschluss zwischen einer Arterie und der Hauptvene hergestellt.
  2. Shunt mit Hilfe einer Gefäßprothese. Ein dünner Schlauch wird als Verbindungsstück zwischen Arterie und Vene gesetzt.
  3. Dialysekatheter und Port Systeme. Feste Kunststoffschläuche werden in die zentrale Vene eingesetzt.

Der Umgang mit einem Shunt kann während eines sogenannten Shunt-Trainings geübt werden. Sprechen Sie Ihren Arzt darauf an.

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Wichtige Ernährungsregeln

  • Begrenzung der täglichen Flüssigkeitszufuhr auf 1 Liter. Kontrolle durch eine maximale Gewichtszunahme von 1 kg/Tag.
  • Einschränkung der Kaliumzufuhr (z.B. in Obst, Obstsäften, Wein, Sekt, Most, Schokolade, Nüsse, Marzipan, Suppen enthalten), Lebensmittel möglichst meiden. Zu viel Kalium kann zu Herzrhythmusstörungen führen.
  • Eine kalorien- und eiweißreiche Ernährung ist empfehlenswert.

Heimhämodialyse
Die Heimhämodialyse kann eine Reihe von Vorteilen mit sich bringen. So sind die Zeiten der Dialyse flexibler, die langen Wochenenden ohne Dialyse entfallen – es kann also kontinuierlicher entgiftet werden.
Mögliche Probleme mit dem Shunt reduzieren sich, da immer die gleiche Person (bestenfalls man selbst) die Punktion vornimmt.
Patienten berichten zudem von einer Reduzierung der notwendigen Medikamente und weniger Nebenwirkungen, wie z. B. einem Blutdruckabfall.

Voraussetzungen
Um eine Heimhämodialyse anzuwenden, muss die Bereitschaft bestehen, sich intensiv mit dieser Form der Dialyse auseinander zu setzen, da diese wesentlich komplexer und technisch aufwendiger als die Bauchfelldialyse ist.
Die notwendige Schulung für Patient und ggfs. Angehörigen dauert in der Regel drei bis sechs Monate.

Weitere Notwendigkeiten:

  • betreuende Praxis/Zentrum mit einem 24-Stunden-Bereitschaftsdienst für Notfälle
  • räumliche Voraussetzungen (ca. 6 qm) für Liege, Wasseraufbereitung, Dialysegerät – Achtung! Der finanzielle Aufwand hierfür wird im Normalfall übernommen.
  • gesundheitliche Stabilität bei der Dialyse und keine weiteren Begleiterkrankungen, wie z.B. nicht gut einstellbarer Blutdruck
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Mit der Bauchfelldialyse zu Hause den Alltag gestalten

Im Gespräch mit Marion Petznick, Berlin, Vorsitzende Heim Dialyse Patienten e.V.:

Welcher Aspekt war für Sie persönlich ausschlaggebend für Ihre Entscheidung zur Heimdialyse?
Ich hatte schon seit meiner frühen Kindheit Zeit, mich auf das einzustellen, was mich eines Tages erwarten würde. Und wie so oft in meinem Leben ging ich in die Offensive, das heißt ich informierte mich. Ich sprach mit Betroffenen, Ärzten, Schwestern und natürlich suchte ich den Kontakt zu Selbsthilfegruppen. Dabei merkte ich schnell, dass die Heimdialyse nicht so verbreitet ist, wie die Dialyse in der Praxis oder Klinik. Doch ich wollte mobil bleiben, reisen, meiner Arbeit nachgehen und selbst Verantwortung für mich übernehmen.

Wie verlief Ihre Eingewöhnungsphase im Umgang mit der Heimdialyse?
Die ersten Tage zu Hause stellten eine große Herausforderung für mich dar. Ohne Fachschwestern und Ärzte steril selbständig zu dialysieren und im vertrauten Heim allerhand medizinische Mittel vorzufinden, bedeutet auch: „Hier musst du genau wissen was du tust, um Infektionen zu verhindern“. Doch nach einer relativ kurzen Eingewöhnungszeit wurde ich immer sicherer. Ich war froh, dass ich diesen Sprung gewagt hatte.

Wie fügt sich der Umgang mit der Heimdialyse in Ihren Alltag ein?
Ganz wichtig war für mich, dass auch mein Mann gleich bei der Entscheidungsfindung diesen Weg mit mir gehen wollte. Seitdem ich die Dialyse nach Hause holte, sahen wir sie als unsere Dialyse an. Mein Mann war für das Equipment und ich für meine Dialyse verantwortlich. Mittlerweile sehe ich diese Form der Dialyse wie eine Reinigung an. Ja, es wurde mir sogar zum echten Bedürfnis, wie auch das Duschen oder Zähneputzen selbstverständliche Dinge sind. Die Heimdialyse wurde ganz selbstverständlich in den Tagesablauf integriert.

Was ist Ihnen besonders wichtig, anderen Betroffenen mitzuteilen, wenn sie vor der Entscheidung für oder gegen eine Heimdialyse stehen?
Prüfen Sie genau Vor– und Nachteile der verschiedenen Dialyseverfahren und entscheiden Sie sich dann für das, was am besten in Ihr Lebenskonzept passt.
Meine Jahrzehnte langen Erfahrungen zeigen, dass es von erheblichem Vorteil ist mit einem Heimdialyseverfahren zu beginnen. Sie können länger mobil bleiben und medizinische Marker machen zudem deutlich, dass dies sich nicht nur auf die Psyche, sondern auch auf die körperliche Befindlichkeit positiv auswirkt.

Mit der Heimhämodialyse den Alltag gestalten

Im Gespräch mit Dirk Spannenkrebs, Vogtland:

Welcher Aspekt war für Sie persönlich ausschlaggebend für Ihre Entscheidung zur Heimdialyse?
Ich wollte ungebunden sein, nicht abhängig von anderen. Ich wollte nicht, dass die Dialyse mein Leben bestimmt.
In meinem betreuenden Dialysezentrum wurde es mir leicht gemacht, die Dialyse zu Hause durchzuführen. Nach ein paar Gesprächen entschloss ich mich dann für die PD (Peritoneal Dialyse). Durch die PD war ich sehr flexibel und konnte meine Zeit selbst einteilen. Die Urlaubsplanung war auch wesentlich einfacher. Ich konnte alles in den Kofferraum packen und mit in den Urlaub nehmen.
Heute führe ich die Heimhämodialyse durch, da die PD nach drei Jahren bei mir nicht mehr möglich war.

Wie verlief Ihre Eingewöhnungsphase im Umgang mit der Heimhämodialyse?
Ich gewöhnte mich schnell daran, die Dialyse zu Hause durchzuführen. Das lag daran, dass ich von meinem Dialysezentrum sehr gut trainiert wurde und meine Frau mich zudem in allem unterstützt.

Wie fügt sich der Umgang mit der Heimdialyse in Ihren Alltag ein?
Ich mache fünf Mal die Woche 4 Stunden Dialyse. Meist am späten Nachmittag. Wenn es notwendig ist, verschiebe ich die Dialyse. Dadurch bin ich flexibel und kann meinen Tag so einrichten wie ich will. Ich passe die Dialyse an mein Leben an und nicht mein Leben an die Dialyse!

Was ist Ihnen besonders wichtig, anderen Betroffenen mitzuteilen, wenn sie vor der Entscheidung für oder gegen eine Heimdialyse stehen?
Ich möchte Betroffenen zeigen, dass man mit einer Dialyse ein fast normales Leben führen kann. Dass es nicht nur die Dialyse im Zentrum gibt, sondern eben auch die Dialyse zu Hause. Mit der Heimdialyse, egal ob PD oder Heimhämodialyse, ist man nicht mehr an feste Zeiten im Zentrum gebunden. Man hat weniger Einschränkungen beim Essen und Trinken, ist unabhängig und man ist zu Hause bei der Familie, nicht in einer Klinik. Die Verantwortung ist natürlich auch größer. Durch die Dialyse zu Hause ist man selbst für sich verantwortlich. Alles rund um die Dialyse plant man selbst.

Doch ich finde, ein selbstbestimmtes Leben ist wichtig!

Transplantation

Die Dialyse ist leider kein absolut perfekter Ersatz für die eigenen Nieren. Langfristig können sich durch die Belastungen der Dialyse Folgeschäden wie Gefäßverkalkungen, Herzerkrankungen oder Knochen- und Gelenkschäden einstellen. Diese Auswirkungen können jedoch wiederum mit zusätzlichen therapeutischen Maßnahmen gemildert werden. Jeder Dialysepatient ist daher auch ein möglicher Patient für eine Nierentransplantation bzw. die Transplantation kann als weitere Alternative zur Dialyse gesehen werden.

Rund 8.000 Dialysepatienten warten in Deutschland auf eine Nierentransplantation. Im Jahr 2011 wurden 2.850 Patientinnen/en transplantiert. Die durchschnittliche Wartezeit beträgt etwa fünf bis sechs Jahre.

Quelle: Deutsche Stiftung Organtransplantation www.dso.de

Die Niere ist das bei weitem am häufigsten transplantierte Organ. Mehr als 90 Prozent der erfolgreich transplantierten Patienten benötigen nach der Transplantation keine Dialyse mehr und können ein nahezu beschwerdefreies Leben führen.

Voraussetzung für die Aufnahme in die Warteliste zur Transplantation ist das Vorliegen eines endgültigen Nierenversagens oder ein bereits eingeleitetes Dialyseverfahren. Um den allgemeinen Gesundheitszustand festzustellen und insbesondere Risiken und Chancen einer Transplantation abschätzen zu können, werden verschiedene Voruntersuchungen durchgeführt. Sind die Kriterien für eine Nierentransplantation erfüllt, kann Ihr behandelnder Arzt eine Anmeldung für die Warteliste in einem Transplantationszentrum vornehmen.

Die Betreuung und Vorbereitung auf die Transplantation erfolgt durch das Transplantationszentrum.

Weitere Informationen speziell zum Thema Transplantation finden Sie unter www.eurotransplant.org (Stiftung Eurotransplant, europäische Service-Organisation für die Zuteilung von Spenderorganen) und www.dso.de, Deutsche Stiftung für Organtransplantation (beauftragte Koordinationsstelle für Organspenden in Deutschland).

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Heim Dialyse Patienten (HDP) e.V.

Wir sind ein bundesweites Netzwerk von Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen und deren Angehörige.

Bei uns können sich Betroffene und deren Angehörige über ein lebenswertes Leben mit chronischer Nierenerkrankung persönlich und individuell informieren. Aufgrund unseres persönlichen Erfahrungshintergrundes decken wir alle Bereiche der chronischen Nierenerkrankung ab.

Prädialyse               
Hämodialyse           
Heimhämodialyse     
Bauchfelldialyse       
Transplantation        
Ernährung
Reisen
Beruf
Familie
Partnerschaft und Sexualität
Psychologische Bewältigung
und vieles mehr …

Unsere Erfahrungen möchten wir gerne weitergeben. Sicher befindet sich auch in Ihrer Nähe ein Ansprechpartner, der Sie informieren und unterstützen kann.

Sie haben die Möglichkeit einen Betroffenen aus Ihrer Region zu kontaktieren oder mit einem Betroffenen mit einem speziellen Ersatzverfahren in Verbindung zu treten. Wir unterstützen Sie bei der Kontaktvermittlung.

Wir nennen Ihnen auch Adressen der nächstgelegenen Interessengemeinschaft von nierenkranken Menschen, bei denen Sie sich informieren und soziale Kontakte pflegen können.

Unsere Aktivitäten:

  • Internetseite mit vielfältigen Informationen wie Downloads von Vorträgen, Abhandlungen und Broschüren etc.
  • Newsletter, Broschüren, Flyer, Informationsmaterial
  • Seminare, Kongressbeteiligungen / Informationsstände
  • Hilfe zur Selbsthilfe / Betroffene informieren Betroffene
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Heim Dialyse Patienten (HDP) e.V.
Paul-Gerhardt-Ring 23
13589 Berlin
Telefon 030 – 3630333
Telefax 030 – 36415538
Hdp-info@hdpev.de
www.hdpev.de

Herausgeber des Ratgebers ist Heim Dialyse Patienten (HDP) e.V.

Text/Redaktion: Marion Petznick, Vorsitzende Heim Dialyse Patienten e.V. und Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek

Erscheinungtermin des Ratgebers: 01/2012

Bildnachweis aus Ratgeber:
Deckblatt: © GIS – Fotolia.com, Schmiedel, – v. li. nach re. – S. 3 © Marion Petznick, S. 4 © bilderzwerg – Fotolia, © Andrea Danti – Fotolia, © freshidea – Fotolia, S. 5 © 1+2 Klaus Eppele – Fotolia, © JPC-PROD, – Fotolia, S. 6 © Alexander Raths – Fotolia, © Jürgen Fälchle – Fotolia, © PhotoSG – Fotolia, S. 9 © Lechner, © Marion Petznick, S. 11 © Annette Hach Jung, © Lechner, S. 12 © 1 + 3Gina Sanders – Fotolia, © Fresenius Medical Care, S. 16, 1 + 2 © Alexander Raths – Fotolia

Die pdf-Datei des Ratgebers – Auflage 1/2012 – finden Sie hier: http://patienten-bibliothek.de/_pb2015/pb/ratgeber/Heimdialyse//Heimdialyse.pdf
Die Printversion kann unter www.Patienten-Bibliothek.de bestellt werden.

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