Osteoporose und Wechseljahre

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Die Wechseljahre sind ein natürlicher Abschnitt im Leben einer Frau, auch wenn sie manchmal Beschwerden verursachen. Sie sind kein Fehler der Natur und auch keine Krankheit, sondern beschreiben die Zeitspanne, in der der Körper ein neues hormonelles Gleichgewicht sucht und findet. Die Betrachtung des bereits seit Jahren stetig ansteigenden Altersdurchschnitts zeigt uns, dass die Wechseljahre nicht den letzten Abschnitt unseres Lebens einläuten — sondern eher in der Mitte des Lebens einer Frau stehen. Gerade weil wir die Chance haben, ein hohes Lebensalter zu erreichen, sollten wir informiert über das sein, was durch die hormonellen Veränderungen während der Wechseljahre in unserem Körper vor sich geht, welche möglichen Risiken für unsere Gesundheit damit verbunden sind und wie wir ihnen begegnen können. In dieser Broschüre beschreiben wir die Einflüsse der Wechseljahre auf den Knochenstoffwechsel, da das Versiegen der Hormonproduktion in den Eierstöcken ein erhöhtes Risiko für Osteoporose mit sich bringt. Wir wissen heute, dass jede dritte Frau nach der Menopause an Osteoporose erkrankt. Diese so genannte „postmenopausale Osteoporose“ ist die häufigste Form dieser Erkrankung.

Der in dieser Zeit einsetzende Mangel an Östrogenen führt nicht zwingend zur Osteoporose. Nicht bei jeder Frau kommt es nach den Wechseljahren zum verstärkten krankhaften Knochenabbau. Das liegt daran, dass Osteoporose eine Erkrankung ist, die unter vielfältigen Einflüssen entsteht. Beeinflussbare Risiken sollten Sie kennen, denn nur dann können Sie Osteoporose verhindern bzw. im Falle einer bestehenden Erkrankung die weitere Entwicklung zu Ihren Gunsten positiv beeinflussen.

 

Wechseljahre und der Einfluss der Hormone

Während der Wechseljahre stellen die Eierstöcke allmählich die Bildung von Östrogenen und anderen Hormonen ein.

Östrogen ist ein Oberbegriff für die wichtigsten weiblichen Geschlechtshormone, wie Estradiol, Estron und Estriol. Es gibt über 30 verschiedene Hormone, die in dieser Gruppe zusammengefasst sind.

Östrogene werden während der Reifephase in den Eibläschen der Eierstöcke gebildet und während einer Schwangerschaft auch in der Plazenta (Mutterkuchen), in geringem Maße im Unterhautfettgewebe und anderen Organen produziert. Sie haben im weiblichen Körper verschiedene Aufgaben. Insgesamt  sind  Östrogene  diejenigen

Hormone, die den größten Beitrag zur körperlichen und psychischen Entwicklung und zum Lebensgefühl jeder Frau leisten. Beginnend in der Pubertät mit der Brustentwicklung über den monatlichen Zyklus bis hin zum Knochenaufbau, Fettstoffwechsel und der Kollagenbildung zur Erhaltung der Hautelastizität, sind Östrogene im Spiel.

 

Die Wechseljahre lassen sich in drei Abschnitte einteilen:

Prämenopause:  Rückgang der Hormonproduktion vor der letzten Regelblutung (ca. 40. Lebensjahr bis zur letzten Regelblutung)

Perimenopause: Einsetzen der typischen Beschwerden (einige Jahre vor der letzten Regelblutung bis exakt 1 Jahr nach der letzten Blutung)

Postmenopause und Senium:      Zeitraum nach der letzten Regelblutung (etwa bis zum 65. 70. Lebensjahr)

 

Der Begriff Menopause bezeichnet: die letzte Regelblutung. In den verschiedenen Übergangsphasen verändert sich der Hormonspiegel der weiblichen Geschlechtshormone kontinuierlich, denn die Produktion des Hormons Östrogen nimmt beständig ab.

Das deutlichste Signal für die Wechseljahre ist das Ausbleiben der Regelblutung (Menstruation).

5 % erleben die Menopause vor ihrem 48. Lebensjahr 80 % sind bis zum 53. Lebensjahr in der Menopause

  1. 1 % erleben die Menopause erst mit Erreichen des 58. Lebensjahres

 

Basisinformationen Osteoporose

Osteoporose ist eine Skeletterkrankung, die durch eine unzureichende Festigkeit des Knochens gekennzeichnet ist. Dadurch steigt das Risiko, Knochenbrüche zu erleiden. Die Knochenfestigkeit wird im Wesentlichen durch zwei Faktoren beeinflusst:

die Knochendichte und die Knochenqualität, die aus einer niedrigen Knochenmasse und einer Verschlechterung der Mikroarchitektur des Knochengewebes charakterisiert ist.

Knochen sind keine tote Substanz. Knochen sind ein lebendes Gewebe, das sich im Laufe unseres Lebens in einem dauernden Aufund Abbauprozess befindet. Wird dieses Gleichgewicht gestört, kommt es zu Veränderungen von Knochenmasse und Knochenarchitektur. Schon bei geringer Belastung und/oder einfachen Stürzen können weniger belastbare Knochen brechen.

Die Knochenzellen, aus denen u. a. ein Knochen besteht, werden nach ihrer Funktion unterschieden.

Die Osteozyten entstehen während der Knochenneubildung aus Osteoblasten. Die Osteozyten bilden mit ihren Zellfortsätzen ein fein verzweigtes “Netzwerk”. Das ist in etwa vergleichbar mit den Nervenzellen im Gehirn. Kommt es zu einer feinen Bruchlinie im Knochen, registriert dieses Netzwerk die Schädigung und leitet die Erneuerung des Knochengewebes ein.

Osteoklasten sammeln und vereinigen sich und bauen alte, schadhafte Knochensubstanz in dem lokalisierten Gebiet ab. Im Anschluss bauen dann Osteoblasten wieder neues Knochengewebe auf. Auf diese Weise werden alle Knochen ständig punktuell erneuert, ohne die für sie typische Form und Funktion zu verlieren. Man spricht auch von einem Knochenstoffwechsel.

 

Knochenstoffwechsel

 Während des gesamten Lebens wird Knochensubstanz aufund abgebaut. Bis etwa zum 30. Lebensjahr überwiegen die Aufbauprozesse, das heißt die Knochenmasse nimmt ständig zu. Ein verminderter Knochenaufbau in den ersten  drei  Lebensjahrzehnten kann die Entstehung einer späteren Osteoporose dadurch begünstigen, dass die individuell maximale Knochenmasse nicht erreicht wurde. Nach dem 30. Lebensjahr vermindert sich altersbedingt die Knochenmasse, wir verlieren mehr alte Knochenmasse als wir produzieren,   normalerweise   jährlich etwa 1 % — unabhängig vom Geschlecht.

Dies ist ein natürlicher Prozess. Er wird erst dann als Knochenschwund bezeichnet, wenn der Prozess Störungen unterliegt, die in der Summe den natürlichen Knochenabbau beschleunigen.

Der Knochenstoffwechsel wird durch vielfältige Faktoren beeinflusst. Gesteuert wird er durch Hormone, z. B. durch das Schilddrüsenhormon Kalzitonin und das aus den Nebenschilddrüsen stammende Parathormon, durch Vitamin D und durch Östrogene und Testosteron.

Östrogene beeinflussen den Knochenstoffwechsel, indem sie die Wirkung und Bildung der für den Knochenstoffwechsel wichtigen Hormone steuern. Sie regend den Knochenaufbau an.

Ab dem 35. Lebensjahr beginnen die Eierstöcke langsam ihre Tätigkeit einzuschränken. Sie reagieren zunehmend träger auf die Impulse der Steuerzentrale des Gehirns. Immer häufiger bleibt der Eisprung aus und die Produktion des Östrogen wird reduziert.

Wichtig:
Trotz der erwiesenen Zusammenhänge zwischen Östrogenen und Osteoporose erkrankt nicht automatisch jede Frau nach den Wechseljahren an Osteoporose.
Das liegt daran, dass Osteoporose eine Erkrankung ist, die unter vielfältigen Einflüssen entsteht. Fast immer müssen mehrere Faktoren zusammen und über eine längere Zeit auftreten, damit sich ein krankhafter Knochenschwund entwickelt. Allerdings ist bei etwa 30 Prozent der Frauen von einer Gefährdung durch den wechseljahresbedingten Abfall der Östrogene auszugehen.

 

Einige Zahlen und Fakten

Bei Frauen erhöht sich der Verlust an Knochenmasse nach der Menopause durch den Abfall des Östrogenspiegels von vorher 1 % auf bis zu 4 % pro Jahr.

Das heißt, dass manche Frauen von ihrem 40. bis zum 70. Lebensjahr im Durchschnitt etwa 40 % ihrer Knochenmasse verlieren, ein Mann hingegen verliert im gleichen Zeitraum nur etwa 20 %.

Da Männer in jungen Jahren zudem einen stärkeren Knochen als Frauen aufbauen, ist ihr Knochenschwund im Alter bei weitem nicht so dramatisch.

Für Frauen wurde errechnet, dass 75 % der Wirbelkörperbrüche und 50 % der Oberschenkelhalsbrüche aus dem hohen Knochenschwund während der Menopause resultieren.

 

Risiken erkennen

Osteoporose gehört laut WHO (Weltgesundheitsorganisation) zu den zehn wichtigsten chronischen Erkrankungen unserer Zeit.

Doch noch immer wird die Häufigkeit der Erkrankung unterschätzt. Dies liegt vor allen Dingen daran, dass Osteoporose eine so genannte stille Erkrankung ist. Sie entwickelt sich meist langsam und verläuft über viele Jahre äußerlich unauffällig. Oftmals wird Osteoporose erst diagnostiziert, wenn als Folge der Erkrankung Knochenbrüche ohne größere äußere Einwirkung auftreten.

Doch genau diese Knochenbrüche gilt es zu vermeiden. Durch den Östrogenmangel der Wechseljahre ist das Risiko, an einer Osteoporose zu erkranken, bereits erhöht.

Zusätzliche Risikofaktoren zeigen eine erhöhte Gefährdung für Osteoporose. Besprechen Sie mögliche Risiken mit Ihrem Arzt.

Bei Vorliegen eines Risikofaktors oder mehrerer der folgenden Faktoren sind Sie besonders gefährdet (gemäß Leitlinien des Dachverband Osteologie):

 

Unbeeinflussbare Risiken:

  • Erbanlagen: Osteoporose-Erkrankungen in der Familie (vor allem Schenkelhalsfrakturen der Eltern)
  • Alter: bei Frauen über 70 Jahren sollte grundsätzlich eine Basisdiagnostik hinsichtlich einer möglichen Osteoporose vorgenommen werden

 

Beeinflussbare Risiken:

  • Geringes Körpergewicht — Body Mass Index (BMI) unter 20 kg / m2
  • Kalziumund/oder Vitamin D-Mangel
  • Rauchen
  • Alkohol
  • Mangelnde körperliche Aktivität

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Erkrankungen oder Medikamente, die ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für eine Osteoporose und damit einen Knochenbruchrisiko verbunden sind.

 

Zu den wichtigsten Risiken gehören:

  • Geschlechtshormonmangel (Hypogonadismus, Klimakterium praecox, chirurgische Entfernung der Eierstöcke)
  • Überproduktion von Cortisol (Hypercortisolismus, Cushing Syndrom)
  • Überfunktion der Nebenschilddrüse (Hyperparathyreoidismus)
  • Wachstumshormonmangel (Hypophyseninsuffizienz)
  • Langzeitbehandlung (länger als 3 Monate) mit Glucocorticoiden (Cortison)
  • Schwere chronische Nierenfunktionsstörung (Niereninsuffizienz)
  • Insulinpflichtige Zuckerstoffwechselerkrankung (Diabetes mellitus Typ I)
  • Medikamente zur Behandlung des Typ 2 Diabetes (Glitazone)
  • Milchzuckerunverträglichkeit (Lactoseintoleranz)
  • Zöliakie (chronische Erkrankung des Darmtraktes durch Getreideunverträglichkeit)
  • Operative Entfernung von Magenund/oder Dünndarmteilen
  • Epilepsie, Einnahme von Antiepileptika
  • Langjährige Einnahme von Medikamenten zur Verringerung der Magensäure (Protonenpumpenhemmer)
  • Multiple Stürze sowie sturzbegünstigende Medikamente (z. Sedativa, Antidepressiva)
  • Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
  • Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
  • Entzündlich rheumatische Erkrankungen (z. chronische Polyarthritis)
  • Bestimmte Behandlungsformen von Brustkrebs (Aromatasehemmer)
  • ein oder mehrere Knochenbrüche (Frakturen) an der Wirbelsäule
  • andere Frakturen bei Frauen über 50 Jahren
  • Magersucht
  • Organtransplantation

 

Sie sollten daher im Gespräch mit Ihrem Arzt abklären, ob evtl. weitere Risikofaktoren für eine Osteoporose vorliegen und, falls notwendig, eine entsprechende Diagnostik vornehmen lassen.

 

Basisdiagnostik

Besteht ein erhöhtes Osteoporoseund somit Bruchrisiko wird Ihr Arzt eine Basisdiagnostik durchführen. Die vom Dachverband Osteologie empfohlene Basisdiagnostik besteht aus Anamnese, klinischem Befund, einer DXAKnochendichtemessung, einem Basislabor und ggfs. einer Röntgenuntersuchung der Brust und Lendenwirbelsäule.

 

Risiken vermeiden

Beeinflussbare Risiken für Osteoporose können und sollten vermieden werden.

Wichtig ist die frühe Vorbeugung / Behandlung noch vor dem ersten Knochenbruch. Hat der Körper erst einmal Knochenmasse verloren, ist ein Wiederaufbau langwierig. Ziel der Maßnahmen ist deshalb in erster Linie, das Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau wieder herzustellen.

Das sollten Sie wissen:
Das Risiko, weitere Brüche zu erleiden, erhöht sich im Jahr nach dem ersten Knochenbruch um das 3- bis 5-fache.

Geeignete Bewegung sowie eine „knochenfreundliche“ Ernährung sind die beiden Eckpfeiler, um einer Osteoporose vorzubeugen. Aber auch bei einer vorhandenen Osteoporose sind neben einer individuellen medikamentösen Therapie die Faktoren Ernährung und Bewegung ein Muss für eine erfolgreiche Behandlung.

 

Ernährung

Ausreichende Versorgung mit Kalzium (1.000 mg/Tag)

Kalzium ist ein wichtiger Baustein des Knochens. Der Knochen dient aber auch als Reservespeicher für Kalzium. Bekommt unser Körper nicht genügend Kalzium mit der Nahrung, wird Knochen abgebaut.

Durch eine entsprechende Ernährung kann der tägliche Bedarf in der Regel gedeckt werden.

Hauptkalziumlieferanten in der Nahrung sind vor allem Milch und Milchprodukte, aber auch grünes Gemüse, Salate, Kräuter, Nüsse, Ölsardinen, Sprotten, Mineralwässer (mehr als 200 mg/l Kalzium — auf Etikett achten).

Der Richtwert von Kalzium ist eine tägliche Gesamt-Zufuhr von 1.000 bis max. 1.500 mg.

 

Ausreichende Versorgung mit Vitamin D

Obwohl als „Vitamin“ bezeichnet, ist Vitamin D eigentlich ein Hormon. Vitamin D fördert im Darm die Kalziumaufnahme aus der Nahrung ins Blut sowie den Transport von Kalzium in die Knochen. Es wird für die Stabilität des Knochens und vor allem auch für die Muskelleistung benötigt.

Vitamin D wird über die Nahrung (z. B. Fisch) zugeführt und wird zudem unter Einfluss von Sonnenlicht (UVB-Licht) in der Haut gebildet. In unseren Breiten ist der UVB-Anteil des Sonnenlichtes im Winterhalbjahr zu schwach, um ausreichend Vitamin D zu bilden. Zudem nimmt die Vitamin D-Bildung mit zunehmendem Alter ab. Für eine ausreichende Bildung von Vitamin D wird pro Tag mindestens eine 30-minütige Sonnenlichtbestrahlung von Gesicht und Armen empfohlen.

Der Richtwert für eine tägliche Zufuhr von Vitamin D3 beträgt 800 bis 2.000 I.E. oder eine gleichwertige Dosis in mehrwöchigen Zeitabständen. Der Vitamin D-Gehalt von Lebensmitteln wird häufig auch als µg angegeben. 1µg = 40 I.E.

 

Bewegung

Zur Stärkung der Knochen ist ausreichende und vor allem regelmäßige und geeignete Bewegung sehr wichtig, denn Bewegung fördert die Neubildung des Knochengewebes.

Wer nicht trainiert, verliert etwa fünf bis zehn Prozent Muskelmasse pro Lebensjahr und das bedeutet ebenfalls einen Verlust an Knochenmasse.

Der Bewegungsapparat ist dazu da, um sich gegen die Schwerkraft zu behaupten und sich fortzubewegen. Bei jeder Bewegung übertragen die Sehnen den Zug und Druck der Muskeln auf den Knochen. Dieser physikalische Reiz motiviert die Knochenzellen, neue Knochenmasse aufzubauen. Hierbei spielt das Alter keine Rolle.

 

Sturzprophylaxe

Ein Sturz ist häufig Anlass für einen Bruch. Wer sich vor Stürzen schützt, vermeidet also Knochenbrüche. Ältere Menschen stürzen häufiger. Bei Frauen liegt die Rate der Stürze um 50 Prozent höher als bei Männern.

 

Knochenbrüche verhindern

Osteoporose ist eine der wenigen chronischen Krankheiten, der man durch eigene Aktivität entgegenwirken kann. Durch die drei Säulen — medikamentöse Therapie, Bewegung und Ernährung — und deren individuell ausgerichtetem Einsatz für den einzelnen Patienten, ist es heute möglich, die gefürchteten Knochenbrüche zu vermeiden. Auch eine knochengesunde Lebensweise z. B. Meiden von Nikotin oder Alkoholmissbrauch ist zu beachten. Schon vor dem ersten Knochenbruch ist der Betroffene bereits ein Osteoporose-Patient; er hat bereits eine krankhaft verminderte Knochendichte. Der Knochenbruch selbst ist eine sogenannte Spätfolge der Erkrankung — durchaus vergleichbar mit einem Herzinfarkt als Spätfolge von zu hohem Blutdruck. Die Behandlung eines Osteoporose-Patienten nach einem Knochenbruch ist um ein Vielfaches schwieriger, aufwendiger und natürlich teurer als die vorbeugenden Maßnahmen vor einem Bruch.

Die Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung der Osteoporose wird abhängig gemacht vom persönlichen Risiko, einen Knochenbruch zu erleiden.

Die Knochenbruchgefährdung (gemäß Leitlinien) wird ermittelt durch:

  • vorhandene Risikofaktoren
  • bereits bestehende Knochenbrüche nach Bagatellbelastung
  • das Ergebnis der Knochendichtemessung
  • das Lebensalter
  • das Geschlecht

Liegt aufgrund Ihrer individuellen Situation ein erhöhtes Knochenbruchrisiko vor, ist eine medikamentöse Therapie notwendig, bzw. stimmt Ihr Arzt die Maßnahmen gemeinsam mit Ihnen ab.

Die medikamentöse Therapie der Osteoporose ist eine Langzeitbehandlung über mehrere Jahre.

 

Behandlungsmöglichkeiten

 

Basistherapie Kalzium und Vitamin D

Die Basistherapie ist immer eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D (siehe auch Kapitel Ernährung). Ist das Erreichen des täglichen Bedarfs an Kalzium und Vitamin D über die Nahrung und Sonneneinstrahlung fraglich, ist eine medikamentöse Ergänzung von Kalzium und Vitamin D empfehlenswert. Kalzium und Vitamin D sind alleine bei einem hohen Bruchrisiko nicht ausreichend, aber sie bilden immer die Basis einer erfolgreichen Behandlung.

 

Hormontherapie (HRT)

Östrogene werden bei der Frau vor den Wechseljahren in den Eierstöcken gebildet. Auch nach den Wechseljahren ist die Bildung von geringen Mengen Östrogen im Muskelund Fettgewebe, Brustdrüsen und anderen Organen über Vorstufen möglich, die Hauptproduktion in den Eierstöcken fällt jedoch weg. Das Versiegen der Eierstockfunktion nach den Wechseljahren ist der Hauptgrund, warum manche Frauen im späteren Lebensabschnitt von Osteoporose betroffen sind. Eine Behandlung mit Hormonen bei Frauen nach den Wechseljahren sollte bei vorhandener Gebärmutter immer in einer Kombination von Östrogenen und Gestagenen liegen. Bei Frauen, bei denen eine Gebärmutterentfernung vorgenommen wurde, reicht eine Östrogenbehandlung.

Eine Hormonbehandlung ist außerordentlich wirksam zur Beseitigung von Wechseljahresbeschwerden. Studien haben gezeigt, dass eine Hormontherapie auch zu einer Senkung des Risikos von Wirbelkörperund Oberschenkelhalsbrüchen führt.

Als Nebenwirkung einer Hormontherapie zeigt sich unter bestimmten Umständen ein erhöhtes Risiko für die Diagnose Brustkrebs, für das Auftreten von Herzinfarkt und Schlaganfällen sowie für Thrombosen und Embolien, so dass eine Osteoporosebehandlung mit Östrogenen als Mittel der ersten Wahl nicht empfohlen wird.

Derzeit sind Östrogenpräparate zur Vorbeugung einer Osteoporose bei einem hohen Risiko für Brüche nur dann verordnungsfähig, wenn Frauen unter nicht beherrschbaren Wechseljahrsbeschwerden leiden und/oder andere Medikamente zur Vorbeugung einer Osteoporose nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind. Östrogene wirken nur solange sie eingenommen werden.

Zu einer medikamentösen Osteoporose-Therapie mit dem Nachweis einer Verringerung der Gefahr von Knochenbrüchen an der Wirbelsäule und Hüfte sind derzeit

  • Bisphosphonate (Alendronat, Risedronat, Zoledronat) und Strontiumranelat Daneben sind
  • Ibandronat
  • Raloxifen und
  • PTH (1-84) Teriparatid zur Verringerung der Gefahr von Knochenbrüchen an der Wirbelsäule zugelassen.

 

Bisphosphonate

Nach der Einnahme werden Bisphosphonate rasch aus dem Blut in die Knochen aufgenommen, wo sie langfristig an der Oberfläche gebunden bleiben und ihre Wirkung entfalten.

Bisphosphonate reichern sich auf der Oberfläche des Knochens an und hemmen den Knochenabbau. Für die Substanzklasse der Bisphosphonate ist wissenschaftlich belegt, dass sie für den Zeitraum der Einnahme, empfohlen sind 3 5 Jahre, die Häufigkeit von Knochenbrüchen verringern können. Bisphosphonate sind in unterschiedlichen Darreichungsformen zugelassen (tägliche und wöchentliche Tabletten, Monatstablette, Dreimonatsspritze, Jahresinfusion). Bei Bisphosphonaten, die als Tabletten verabreicht werden,

sind unbedingt die Einnahmevorschriften einzuhalten. Häufigste Nebenwirkungen bei oral verabreichten Bisphosphonaten sind Reizungen der Schleimhäute (in Speiseröhre, Magen und Darm), bei intravenösen sind es grippeähnliche Symptome und sehr selten Kiefernekrosen. Verschiedene Bisphosphonate sind auch zur Behandlung  der Osteoporose beim Mann und zur Glukokortikoidinduzierten Osteoporose zugelassen (Alendronat, Risedronat, Zoledronat).

 

Raloxifen

Raloxifen gehört zur Substanzklasse der Selektiven Estrogen Rezeptor Modulatoren (abgekürzt SERMs). Raloxifen hemmt den Knochenabbau und reduziert das Risiko für Wirbelbrüche. Am Knochen wirkt es wie ein Östrogen. Zusätzlich hat es bei einer bestimmten Patientengruppe einen positiven Stellenwert in der Behandlung von Brustkrebs. Raloxifen steht als Tablette zur täglichen Einnahme (unabhängig von der Tageszeit und den Mahlzeiten) zur Verfügung. Unter einer Einnahme von Raloxifen können gelegentlich Thrombosen und selten Schlaganfälle auftreten. Frauen, bei denen schon einmal eine Lungenembolie oder tiefe Beinvenenthrombose aufgetreten ist, dürfen Raloxifen nicht einnehmen.

 

Strontiumranelat

Strontiumranelat hat einen dualen Wirkmechanismus in verschiedenen Studien belegt: Es aktiviert den Knochenaufbau und bremst gleichzeitig den Knochenabbau. Die Knochenqualität wird positiv beeinflusst. Strontiumranelat reduziert das Risiko für Wirbelkörperund Hüftfrakturen. Dies ist für alle Altersgruppen ab der Menopause und über einen Zeitraum von 5 Jahren nachgewiesen. Die anhaltende Wirksamkeit wird über 8 Jahre bestätigt. Strontiumranelat steht als Granulat zur täglichen Einnahme zur Verfügung und wird 2 Stunden nach dem Abendessen, in Wasser aufgelöst getrunken. Vor allem zu Beginn der Einnahme kann es zu weichem Stuhl oder Übelkeit kommen. Strontiumranelat sollte bei Patientinnen mit erhöhtem Risiko für venöse Thromboseembolien mit Vorsicht angewendet werden.

 

Parathormon und Abkömmlinge

Parathormon ist ein Hormon, das in den Nebenschilddrüsen gebildet wird. Die Hauptfunktion des Parathormons im Körper ist die Erhöhung der Kalzium-Konzentration im Blut durch die Freisetzung aus dem Knochen. Von außen zugeführt, regen diese Medikamente den Knochenaufbau an. Sie werden vom Patienten selbst täglich unter die Haut gespritzt. Die Behandlungsdauer beträgt maximal 24 Monate und wird danach in der Regel mit einem anderen Osteoporose-Medikament fortgesetzt. Unerwünschte Nebenwirkungen sind Gliederschmerzen, Übelkeit und Erhöhungen von Kalzium und Harnsäure im Blut. Die derzeit auf dem Markt befindlichen Medikamente unterscheiden sich in der Dosierung (Teriparatid 1-84: 20 µg/Tag; PTH 1-34: 100 µg/Tag) und in der Zusammensetzung des Parathormons. Teriparatid 1-34 muss zusätzlich kühl gelagert werden.

 

Häufige Fragen und ihre Antworten

 

Warum erkranken Frauen häufiger an Osteoporose als Männer ?

 Frauen haben einen zarteren Knochenbau, meist weniger Muskulatur und speichern dadurch weniger Kalzium. Bei der Frau kommt der Östrogen-Abfall in den Wechseljahren hinzu, der bei ca. jeder dritten Frau zu einem krankhaften Verlust an Knochenmasse führen kann.

 

Kann man Osteoporose heilen ?

Nein, bis heute nicht; aber es ist möglich, den Knochen so weit zu stabilisieren, dass keine oder keine zusätzlichen Knochenbrüche auftreten. Je früher mit einer Vorbeugung bzw. Behandlung begonnen wird, desto größer sind die Chancen auf den Erhalt gesunder Knochen. Ziel jeder Osteoporose–Behandlung ist es, insbesondere Knochenbrüche zu verhindern.

Sollte bei jeder Frau nach den Wechseljahren eine Basisdiagnostik der Osteoporose durchgeführt werden ?

Grundsätzlich sollten Sie sich mit der Thematik der eigenen Knochengesundheit befassen und sich fragen, ob neben dem erhöhten Risiko durch die Wechseljahre ein oder mehrere weitere Faktoren für das Auftreten einer Osteoporose vorliegen könnten.

Empfehlen möchten wir, das Thema Osteoporose und mögliche Risiken bei einem nächsten Termin mit dem Arzt zu besprechen. Ob eine Basisdiagnostik notwendig ist, wird Ihr Arzt dann mit Ihnen besprechen und sie ggfs. durchführen. Grundsätzlich kann man derzeit sagen, dass bei Frauen über 70 Jahren die Abklärung des persönlichen Osteoporoserisikos empfehlenswert ist.

 

Muss ich, wenn in meiner Familie bereits Osteoporose aufgetreten ist, in jedem Fall damit rechnen, auch zu erkranken ?

 

Nein, aber Sie sollten gewarnt sein. Das genetische Risiko ist sicher wichtig, aber welches Schicksal mein Knochen nimmt, kann ich selbst mitbestimmen. Eine möglichst lebenslange knochenstabilisierende Lebensweise kann die Gefahr von Knochenschwund mit nachfolgenden Knochenbrüchen in vielen Fällen verhindern oder zumindest verzögern.

 

Hilfe zur Selbsthilfe

 

Selbsthilfe und Patientenorganisationen

Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose (BfO) e.V. Kirchfeldstraße 149, 40215 Düsseldorf

Tel.: 0211 301314-0, Fax: 0211 301314-10

www.osteoporose-deutschland.de

 

Kuratorium Knochengesundheit e.V. Leipziger Straße 6, 74889 Sinsheim

Service-Tel.: 09001 854525 (25 Cent/Min.)

(Mo – Fr: 8.30 – 12.30) Fax: 07261 64659

www.kuratoriumknochengesundheit.de

 

Netzwerk-Osteoporose e.V. Kamp 21, 33098 Paderborn

Tel.: 05251 280586, Fax: 05251 280586

www.netzwerk-osteoporose.de

 

Wissenschaftliche Ärzteorganisation

 

Dachverband Osteologie (DVO) e.V. Brettreichstraße 11, 97974 Würzburg

Tel.: 0431 5973159, Fax: 0431 5973127

www.dv-osteologie.org

 

Als ergänzende Literatur zum Thema Osteoporose und Wechseljahre möchten wir Ihnen die folgende Broschüren der Patienten-Bibliothek (www.patienten-bibliothek.de) empfehlen:

  • Broschüre Osteoporose Fragebogen — Reduziere Dein Risiko
  • Broschüre Osteoporose und Ernährung
  • Broschüre Kalzium und Vitamin D — Basistherapie bei Osteoporose
  • Broschüre Was Sie über Ihre Therapie wissen sollten

 

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