Alpha´s auf dem Camino

Zeitschrift Patienten-Bibliothek / Atemwege und Lunge – Winter 2018
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Jakobsweg mit Alpha1 …und mit Sauerstoff

Ausgerichtet von der spanischen Alpha1 Selbsthilfeorganisation ist das Ziel der Organisatoren zum einen auf die immer noch viel zu wenig bekannte Erkrankung Alpha-1-Antitrypsinmangel (AATM) aufmerksam machen.

AATM ist eine der häufigsten Erbkrankheiten der Lunge, dennoch bleibt die Erkrankung in den meisten Fällen unerkannt oder wird erst spät diagnostiziert. Erhalten Betroffene im Erwachsenenalter die Diagnose Lungenemphysem, wird meist von einer COPD ausgegangen und oftmals übersehen, dass ein Lungenemphysem auch genetisch durch einen AAT-Mangel entstanden sein kann. Empfohlen wird daher bei jedem COPD-Patienten einmal einen Schnelltest auf AATM vorzunehmen. Siehe auch www.alpha1-deutschland.org.
Wie Sie Gewissheit über einen möglicherweise vorliegenden Alpha-1-Antitrypsinmangel erhalten können, erfahren Sie hier.

Und zum anderen stellt der Jakobsweg für jeden der Teilnehmer eine ganz besonders intensive Form der Herausforderung, Motivation und auch Auseinandersetzung mit der eigenen Erkrankung dar – geprägt vom Austausch und Miteinander. Selbst Nicht-Teilnehmer profitieren aus der Ferne, indem sie die Reise gedanklich begleiten und dessen Berichterstattung verfolgen.

Insgesamt sieben Tage wird die Wanderung von Sarria bis nach Santiago de Compostela, dem Endpunkt des Jakobswegs, der im Spanischen oft nur kurz als „der Weg“ (Camino) bezeichnet wird, dauern. Die Bewältigung der Wegstrecke erfolgt entsprechend der individuellen Möglichkeiten jedes Einzelnen in vier Gruppen: Teilnehmer, die die gesamte Strecke wandern oder die an Bergstrecken gefahren werden sowie Teilnehmer, die täglich 4 oder 2 km wandern. Auch von den sauerstoffpflichtigen Teilnehmern werden einige die Gesamtstrecke wandern, andere kleinere Teilstrecken.

Begleitet wird der Jakobsweg von Ärzten und natürlich ist auch für den notwendigen Sauerstoff gesorgt. Ambulanzen sind, für den Fall, dass ein gesundheitliches Problem auftritt, vor Ort. Selbst die Alpha-1-Antitrypsin-Infusionstherapie kann eingehalten werden. Allein diese Aufzählung macht klar, die Logistik benötigt viele engagierte Akteure.

Alpha1 Deutschland

Bernd Dobbert (62) von Alpha1 Deutschland e.V., selbst Betroffener, betreut die Gruppe der deutschen Teilnehmer. Er kennt den Jakobsweg, hat diesen in Teilstrecken schon vor vielen Jahren erwandert, kann viele Tipps zur Vorbereitung geben und spricht als Dipl.-Dolmetscher zudem fließend Spanisch. „Bereits die Vorfreude und der regelmäßige Austausch während der Vorbereitung, spiegelt die Magie des Jakobsweges wider“, schildert Bernd Dobbert. Man spürt, dass sich viele Teilnehmer gerade aufgrund der Gruppe, in Verbindung mit der einzigartigen Herausforderung, stark genug fühlen, das Ziel zu erreichen.

Die körperlichen Vorbereitungen und Trainingseinheiten für den Jakobsweg gestaltet jeder Teilnehmer individuell und in Absprache mit seinen Therapeuten. Für diejenigen, die die Gesamtstrecke laufen möchten, bedeutet es, dass eine Wanderung von 10 km am Stück körperlich möglich sein muss.

Dafür trainiert Bernd Dobbert sowohl Muskulatur wie Ausdauer. Er geht zweimal wöchentlich zum Kieser Training, 2-3 Mal Walken und besucht den Lungensport. Mit COPD/Lungenemphysem GOLD Stadium 2-3 fühlt sich Bernd Dobbert noch relativ fit, er benötigt keine Sauerstofftherapie. Seine Probleme mit der Luftnot zeigen sich vor allem beim Treppensteigen oder Wandern am Berg.

Begleiten Sie die Wanderer auf Ihrem Weg. Sie finden hier die täglichen Kurzberichte von Bernd Dobbert sowie einige Fotos.


Samstag, 25.08.2018

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem CaminoKurz nach 16:00 Uhr empfange ich die deutschen Teilnehmer der Wanderung fast pünktlich am Flughafen von Santiago. Eine knappe Stunde später steigen wir am Flughafen in den Alfa-Bus nach Lugo. Schnell klappt es in Lugo mit der Völkerverständigung (siehe Siegfried mit spanischen Teilnehmerinnen kurz nach der Ankunft am Hotel). Alle sind gespannt auf den ersten Wandertag.


Sonntag, 26. August 2018

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem CaminoDen ersten Stempel in unseren Pilgerpass erhalten wir im Kloster de la Merced in Sarria. In strahlendem Sonnenschein trifft sich die Gruppe am Beginn des ersten Wandertages. Wir starten mit idealem Wanderwetter Richtung Santiago. Galizien ist ein wunderschönes Land und auch wenn der erste Tag sehr anstrengend ist, werden wir mit einer herrlichen Landschaft mehr als belohnt.


Montag, 27. August 2018

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem CaminoHeute war ein aufregender Tag, auch wenn „nur“ 13 Kilometer zu  laufen waren. Das steile Gelände hat uns Alfas sehr zugesetzt. Aber alle sind pünktlich am Ziel angekommen. Wirklich alle? Nein. Karin aus der deutschen Gruppe tauchte nicht am Treffpunkt auf. Ein Handy hatte sie nicht dabei. So wurden Suchtrupps in beide Laufrichtungen per Auto und zu Fuß losgeschickt. Eine Stunde lang passierte nichts, sie war nicht auffindbar. Die Sorgen waren schon sehr groß, als endlich die gute Nachricht kam, dass sie einfach nur 12 km zu weit gelaufen war, da sie den Treffpunkt verwechselt hatte. Nach dieser großen Aufregung ging es weiter mit dem Bus zum Benediktinerkloster Samos. Eine Führung stand an und sie wurde in Spanisch gehalten. Pater Esteban fragte nach einem Dolmetscher für Deutsch und Englisch und schon riefen alle nach mir. Plötzlich musste ich arbeiten und das Kloster, die Kreuzgänge und das Leben des Klostergründers Don Benito in mehreren Sprachen wiedergeben.


Dienstag, 28. August 2018

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem CaminoDer Tag gestern begann mit heftigem Landregen, aber die Wettervorhersage versprach Sonne ab 10:00 Uhr. Dabei möchte ich besonders auf den Herrn mit Regenschirm Siegfried Bendgen hinweisen. Er hat aus dem Plan für den Jakobsweg viel Kraft gewonnen, hat im Vorfeld 8 kg abgenommen und seine tägliche Gehleistung von 500 m auf fast 10 km gesteigert.

Der Tag wurde nach schwülem und regnerischem Beginn immer luftiger und sonniger und mir fiel das Wandern von Stunde zu Stunde leichter. Am Ende der Wanderung in Coto traf ich meinen viel schnelleren Bruder Michael wieder (siehe Foto mit dem heiligen Jakob).

Gestern hatten wir auch Besuch vom galizischen Fernsehen. Der am Vormittag aufgenommene Bericht von Gruppe 3 (in der Mehrzahl die Sauerstoffpflichtigen) wurde gestern bereits um 14:00 Uhr gesendet.


Mittwoch, 29. August 2018

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem CaminoAm heutigen Mittwoch möchte ich noch einmal auf die erstklassige Organisation von Alfa1 Spanien hinweisen. Auf dem ersten Foto sind Julia und Miguel zu sehen, die sich unauffällig, aber effektiv um alle kleinen und großen Sorgen der Teilnehmer kümmern. Uns begleiten zwei Busse, ein großer und ein kleiner, da der große Bus wegen der kleinen Strassen und Orte nicht überall hinkommt. Über Telefonnummern in der phantastisch vorbereiteten Wanderbroschüre kann man sich jederzeit abholen lassen, wenn man nicht mehr weitergehen kann. Viele haben Probleme mit Blasen an den Füssen.

Der heutige Weg (Sonnenschein den ganzen Tag) hatte viele Steigungen und Gefälle, so dass die Muskeln und die Lunge sehr gefragt waren. Ich selbst merke, wie ich jeden Tag besser, schneller und mit schwindenden Luftproblemen selbst die steileren Stellen bewältige. Wieder bestätigt sich, für uns Alphas ist der Sport extrem wichtig. Zum Abschluss noch ein Foto von unserem neuseeländischen Alpha Jim Clarke.


Donnerstag, 30. August 2018

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem CaminoHeute ist der Tag der rompepiernas, der Tag, der durch die vielen Steigungen und Gefälle sprichwörtlich auf die Knochen geht. Der Morgen beginnt mit Nebel in den Tälern und die Luft ist für viele Alphas nicht ideal. Auch ich spüre die feuchte Luft und kämpfe. Die Sonne wird jedoch von Minute zu Minute stärker und das Glück, bisher nur einen Regenmorgen gehabt zu haben, bleibt uns hold. Wir überholen Mitglieder der Gruppe 3 (siehe Foto), die hauptsächlich aus Sauerstoffpflichtigen und ihren Angehörigen besteht. Im nächsten Dorf treffen zufällig alle Gruppen und die Techniker des Sauerstofftransporters zusammen. (drei Fotos). Wir bleiben länger als gedacht und wundern uns, dass morgen schon der letzte große Wandertag beginnt.


Freitag, 31. August 2018

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem CaminoWieder beginnt der Tag mit wolkenfreiem Himmel. Heute ist die letzte längere Wanderung, diesmal über 17,5 km bis zum Monte Gozo, Von dort oben kann man zum ersten Mal Santiago und die Spitzen der Kathedrale sehen. Heute wandern zwei Mitarbeiter eines Substittutionsherstellers mit. Sie sind auch morgen beim Einzug nach Santiago und beim Gottesdienst in der Kathedrale dabei. Danach wird die Erklärung von Santiago in Anwesenheit von Presse und/oder Fernsehen vorgestellt. Morgen abend ist das Abschiedsabendessen mit allen Mitwanderen. Michaela Baummüller und ich haben als einzige Alphas mit ZZ die gesamten 110 km zurückgelegt. Auch Siegfried Bendgen hat in seiner Gruppe täglich zwischen 5 und 8 km bewältigt.

Samstag, 01. September 2018

1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem Camino1-300x200 Alpha´s auf dem CaminoAm letzten Wandertag war die Spannung groß. Inzwischen waren wir mit Medizinern und Presse 100 Menschen, die nach Monte Gozo gefahren werden mussten, und das natürlich mit dem gesamten Gepäck. Wir waren unter Zeitdruck, da wir um 11:15 Uhr in der Kathedrale sein mussten. Also liefen wir nach dem Aussteigen gleich los. Es war das erste Mal, dass alle zusammen wanderten. Die Organisation und das Wetter waren wie immer super. Die Stadt Santiago unterstützte uns ebenfalls, denn alle Überwege wurden durch das Ordnungsamt abgesichert. Wir kamen pünktlich an und wir gratulierten uns gegenseitig. 85 Alphas, davon 7 Sauerstoffpflichtige und ein Lungentransplantierter hatten es geschafft. Wir waren alle sehr stolz und glücklich. In der Kathedrale drehte sich während der Predigt alles um Alpha1 und Mariano und Gonny lasen ein vorbereitetes Gebet vor und zum Auszug zog eine mexikanische Folkloregruppe voran. Mit den Tänzern und Musikern aus Monterrey tanzten wir auf dem Vorplatz noch intensiv und bekamen den ein oder anderen Rosenkranz geschenkt. Am Abend gab es das große Abschiedsessen und mein Fazit ist, ohne Alpha1 und diese großartige Idee hätte ich all diese tollen Menschen nie kennengelernt.

Liebe Grüße von einer unvergesslichen Reise

Bernd Dobbert


Fotos/Text: Privat; Bernd Dobbert, Alpha1 Deutschland; Alpha1 Spanien

Hinweis: Die Tagesmeldungen wurden von Bernd Dobbert während des Reiseverlaufs übermittelt.

Link zu einem Beitrag von TV Galicia

http://www.crtvg.es/informativos/personas-con-problemas-hepaticos-e-pulmonares-queren-dar-visibilidade-o-seu-problema-facendo-o-camino-3886061-1

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