Praktische Tipps bei Essproblemen im Alter

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Guten Appetit – Ein Stück Lebensfreude

Liebe Leserinnen und Leser,

Essen und Trinken gehören zu den angenehmsten Seiten des Lebens. Das stimmt für jedes Lebensalter vom Säugling bis zum Greis. Eine gute Mahlzeit in angenehmer Gesellschaft versorgt uns nicht nur mit Energie und mit den Nährstoffen, die wir täglich brauchen, sondern macht uns auch satt und zufrieden und trägt ganz wesentlich zu unserem Wohlbefinden bei.

Im Alter ist es mit der Ernährung jedoch häufig nicht mehr so einfach wie früher. Alte Menschen vernachlässigen oft das Essen und Trinken, weil es ihnen nicht mehr richtig schmeckt, weil das Kauen und Schlucken Schwierigkeiten macht oder weil ihnen der Schwung fehlt, sich um die Zubereitung einer Mahlzeit zu kümmern.

Eine ungenügende Ernährung kann jedoch gravierende gesundheitliche Folgen haben – die sich durch etwas Achtsamkeit und das entsprechende Wissen vermeiden lassen. Die vorliegende Broschüre macht auf häufige Probleme aufmerksam und gibt praktische Tipps, Essprobleme im Alter zu überwinden.

Guten Appetit wünscht

Guten_Appetit-4 Praktische Tipps bei Essproblemen im Alter
Dorothee Volkert

PD Dr. Dorothee Volkert
Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften,
Universität Bonn

Warum eine gute Ernährung im Alter wichtig ist

Immer mehr Menschen werden heute bei guter Gesundheit alt und bleiben rüstig. Alter muss also keinesfalls gleichbedeutend mit Krankheit sein. Wichtig für die Lebensqualität sind auch nicht die Zahl der Erkrankungen, sondern der Erhalt von Beweglichkeit, Koordinationsvermögen, Ausdauer und geistiger Leistungsfähigkeit.

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Wer seine Selbstständigkeit und sein Wohlbefinden möglichst lange erhalten möchte, tut gut daran, sich auch im Alter um eine gesunde Lebensweise zu bemühen. Dazu gehören angemessene körperliche und geistige Aktivitäten, Kontakte mit anderen Menschen und vor allem eine bedarfsgerechte Ernährung.

Nur die ausgewogene Mischung verschiedener Lebensmittel liefert dem Körper alle benötigten Nährstoffe. Und erst im Zusammenspiel der verschiedenen Nährstoffe kann der Körper alle Funktionen erfüllen. Umgekehrt gilt: Wird nicht ausreichend gegessen, schwinden die Kräfte. Der Mensch wird schwächlich und unbeweglich, er wird leichter krank und schwerer wieder gesund. Dies gilt es zu verhindern. Deswegen sollte die Ernährung gerade im fortgeschrittenen Alter von höchster Qualität sein!

Warum das Essen beschwerlich werden kann

Der Körper kann bis ins 8. und 9. Lebensjahrzehnt gesund und funktionsfähig sein. Allerdings büßt er im Lauf der Zeit an Flexibilität und Belastbarkeit ein. Alles geht etwas langsamer, behutsamer. Einige dieser alterstypischen Veränderungen beeinträchtigen auch den Appetit und das Essverhalten.

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  • Der Energiebedarf des Körpers sinkt: Im hohen Alter genügen für Männer oft schon 1.800 Kilokalorien, für Frauen 1.400 Kilokalorien täglich. Gleichzeitig bleibt der Bedarf an Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen aber gleich oder steigt sogar etwas an. Alte Menschen benötigen eine nährstoffreiche Ernährung mit geringem Kaloriengehalt. Diese Anforderung erfüllen neben Gemüse, Obst, Kartoffeln und Getreideprodukten auch fettarme Milch und Milchprodukte, mageres Fleisch sowie Fisch.
  • Geruchs- und Geschmackssinn lassen nach, sodass die Speisen nicht mehr so wohlschmeckend wie früher empfunden werden. Vor allem Saures und Bitteres, gelegentlich auch Salziges, kann man nicht mehr so gut schmecken. In der Folge verlieren Gemüse, Kräuter und manche Obstsorten an Reiz. Ein Tipp: Durch geschicktes Würzen lässt sich die Attraktivität des Essens meist erhalten. Süßes wird dagegen weiterhin gut geschmeckt. Daher rührt vermutlich die große Vorliebe vieler alter Menschen für süße Speisen.
  • Das Durstgefühl lässt nach. Weil ein Mangel an Flüssigkeit jedoch ernsthafte Konsequenzen nach sich zieht, erfordert das Trinken mehr Aufmerksamkeit und gegebenenfalls eine richtige „Planung“. Jedenfalls reicht es bei weitem nicht, nur nach seinem Durst zu trinken.
  • Die Regulation von Appetit, Hunger und Sättigung funktioniert nicht immer reibungslos, sodass es zu Appetitlosigkeit kommt. Lange Nahrungspausen werden jedoch nicht mehr so gut vertragen, der Blutzucker steigt mitunter nach üppigen Speisen übermäßig an. Jetzt sind fünf bis sechs kleinere Mahlzeiten sinnvoller als drei große Hauptmahlzeiten.
  • Die Fähigkeit des Körpers, in der Haut genügend Vitamin D (z. B. wichtig für die Knochen) zu bilden, lässt nach, sodass Vitamin-D-reiche Nahrungsmittel wie Fisch, Eier und Milch bedeutsamer werden.
  • Schlechte Zähne oder schlecht sitzende Zahnprothesen können das Kauen behindern.
  • Nachlassende Beweglichkeit erschwert das Einkaufen frischer Lebensmittel und das Kochen.
  • Auch Medikamente können die Nährstoffversorgung beeinträchtigen. So mindert manche Magenarznei die Verwertung von Vitamin B12, Entwässerungsmittel schwemmen insbesondere den Mineralstoff Kalium aus.
  • Einsamkeit und Inaktivität mindern den Appetit.

Körpergewicht: es darf ein bisschen mehr sein

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Bei der Bewertung des Körpergewichts im Alter gelten andere Maßstäbe als bei jüngeren Menschen. Ärzte benutzen meist den so genannten Körpermasse-Index (oder englisch: Body Mass Index, BMI), um das Körperwicht eines Menschen zu beurteilen – also, ob ein Patient über-, normal- oder untergewichtig ist. Ein Mensch im mittleren Lebensalter gilt als übergewichtig, wenn sein BMI größer als 25 ist. Alte Menschen werden dagegen erst ab einem BMI von 29 als zu schwer eingestuft. Allerdings ist Übergewicht bei Hochbetagten sowieso eher selten. In diesem Lebensabschnitt ist Untergewicht das häufigere Problem. BMI-Werte unter 22 gehen meist insgesamt mit einem schlechten Ernährungszustand einher, sodass die Anfälligkeit für Krankheiten steigt und die Heilungschancen sinken.

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Status quo: wie ist der Ernährungszustand?

Ein schlechter Ernährungszustand kann nicht nur das Wohlbefinden beeinträchtigen und zu Antriebslosigkeit führen, sondern auch drastische Folgen für Mobilität und Gesundheit nach sich ziehen. Je älter der Mensch und je mehr Krankheiten ihn plagen, desto häufiger ist ein schlechter Ernährungszustand. So sind zwischen 5 und 12 % der über Neunzigjährigen mangelernährt, auch wenn sie noch selbstständig zuhause leben.
Regelmäßiges Wiegen hilft, rechtzeitig gegenzusteuern. Wer binnen eines Monats mehr als 3 Kilogramm abnimmt oder im Lauf von 6 Monaten mehr als 10 % seines ursprünglichen Gewichts verliert, gilt als gefährdet. Eine angemessene Ernährung und gezieltes Training können helfen, alte Menschen bei Kräften zu halten.

Gesundes Essen: auf die richtigen Lebensmittel kommt es an

Die Ernährung muss den Körper mit ausreichend Energie (Kalorien) und mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen versorgen. Dazu braucht es in der Regel weder komplizierte Diätvorschriften noch spezielle Produkte oder Präparate. Unsere Lebensmittel enthalten alles, was der Mensch braucht. Durch eine geschickte Auswahl und eine angemessene Zubereitung lässt sich eine ausgewogene und schmackhafte Kost für alte Menschen zusammenstellen. Dies gelingt, wenn alle Lebensmittelgruppen darin vertreten sind.

Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte liefern dem Organismus hochwertiges und leicht verdauliches Eiweiß. Ohne eine ausreichende Eiweißversorgung baut der Körper nicht nur Muskulatur ab, auch die Krankheitsabwehr wird beeinträchtigt. Daneben enthalten diese Lebensmittel wichtige Mineralstoffe wie leicht verwertbares Eisen für die Blutbildung (v.a. im Fleisch), Jod für die Schilddrüsenhormone (v.a. im Seefisch), Calcium für gesunde Knochen (v.a. in Milch) sowie Magnesium für die Nerven- und Muskelfunktion.

An Vitaminen steuern diese Lebensmittel unter anderem Vitamin A für die Augen und Schleimhäute bei, Vitamin D für die Knochen und das Immunsystem, Vitamin B1 und B6 für die Nervenzellen, Vitamin B2 für die Energieversorgung der Körperzellen und Vitamin B12 für die Blutbildung. Die Vitamine A und B12 finden sich ausschließlich in tierischen Lebensmitteln wie Eiern und Fleisch. Innereien wie z. B. Leber sind zudem reich an dem Vitamin Folsäure. Fisch enthält hochwertige Fette, die Herz und Gefäße schützen.

Gemüse, Salate und Obst versorgen den Körper unter anderem mit Vitamin C für das Immunsystem und ein kräftiges Bindegewebe, mit Betacarotin, aus dem der Körper Vitamin A bilden kann, mit Folsäure für eine geregelte Zellteilung sowie mit Vitamin K, das für stabile Knochen und die Blutgerinnung vonnöten ist. Wichtige Mineralstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln sind vor allem Magnesium und Kalium.

Zudem liefern Obst, Gemüse und Salat reichlich Ballaststoffe. Sie sorgen für einen regelmäßigen Stuhlgang und harmonisieren den Blutzuckerverlauf. Ein weiteres Plus dieser Lebensmittel ist ihr Gehalt an so genannten sekundären Pflanzenstoffen. Diese Stoffe haben sich als gesundheitsförderlich erwiesen, weil sie unter anderem schädliche Umwelteinflüsse abwehren und somit Körperzellen schützen können.

Getreide, Brot, Kartoffeln, Reis und Nudeln liefern in erster Linie Energie in Form von Kohlenhydraten. Daneben tragen sie auch zur Eiweißversorgung bei und beinhalten etwas Fett, vor allem aber Ballaststoffe. An Vitaminen sind Vitamin B1 und Vitamin B6 bedeutsam, bei den Mineralstoffen pflanzliches Eisen, Selen, Zink, Magnesium und Kalium.

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Kurz und knapp

Auch im hohen Lebensalter ist es nicht kompliziert, sich gesund zu ernähren. Das Wesentliche lässt sich mit ein paar Punkten zusammenfassen:

Empfohlen wird täglich

  • eine warme Mahlzeit
  • mindestens ein Stück Obst
  • mindestens eine Portion Gemüse oder Salat, zubereitet mit einem hochwertigen Öl
  • mehrere Portionen Milch, Joghurt, Quark oder Käse
  • eine Portion Fleisch, Fisch oder ein Ei
  • möglichst eine Scheibe Vollkornbrot
  • etwa 1,5 Liter zu trinken

Kann nicht mehr ausreichend gegessen werden oder wurde ein Nährstoffmangel nachgewiesen, sollte mit dem Arzt über Trinknahrung bzw. eine gezielte und angemessen dosierte Nahrungsergänzung (z. B. Vitamin D, Vitamin B12) gesprochen werden.

Auch Trinken gehört zur guten Ernährung

Da das Durstempfinden mit den Lebensjahren nachlässt, gerät das Trinken leicht in Vergessenheit. Zudem nimmt auch die Fähigkeit der Nieren ab, das Wasser im Körper zurückzuhalten. Aus diesen Gründen sind alte Menschen besonders gefährdet auszutrocknen (zu dehydrieren). Eine Dehydratation kann zu Müdigkeit, Schwäche, Schwindel bis hin zu Verwirrtheit führen. Nicht selten kommt es zu Unfällen im Haushalt oder zu lebensbedrohlichen Stürzen. Deswegen ist ausreichendes Trinken im Alter so wichtig.

Viele betagte Menschen scheuen sich davor reichlich zu trinken, damit sie nachts nicht öfter zur Toilette müssen. Dieses Problem lässt sich weitgehend verhindern, wenn die Haupttrinkmenge in der ersten Tageshälfte aufgenommen wird.
Wie viel Flüssigkeit soll es sein? Bei einem Körpergewicht von 70 Kilogramm wird eine Trinkmenge von 1,4 Litern täglich empfohlen, bei 60 Kilogramm sind es 1,2 Liter. Achtung: Bei großer Hitze, Durchfall, Fieber oder Erbrechen muss mehr getrunken werden! Das Trinken fällt leichter, wenn man nicht immer dasselbe trinkt. Außer Leitungswasser steht eine Fülle geeigneter Getränke zur Auswahl:

  • Mineralwässer
  • Gemüse- und Fruchtsäfte sowie Saftschorlen.
    Eine Schorle wird oft besser vertragen als pure Säfte.
  • Früchte- und Kräutertees
  • Schwarzer Tee und Kaffee
    Entgegen früherer Ansichten dürfen Tee und Kaffee bei Menschen, die daran gewöhnt sind, voll in die Flüssigkeitsbilanz eingerechnet werden.
  • Kakao und Milchmixgetränke
  • Klare Suppen und Brühen können sowohl als Vorspeise als auch als Getränk zwischendurch gereicht werden.
  • Wer ein Glas Wein oder Bier zum Essen liebt, darf dies auch im hohen Alter weiterhin genießen, es sei denn, die Einnahme bestimmter Medikamente spricht dagegen.
  • Gegen ein gelegentliches Glas Limonade ist ebenfalls nichts einzuwenden, wenn dadurch nicht der Appetit auf andere, nährstoffreiche Speisen und Getränke sinkt.

Damit das Trinken nicht vergessen wird, ein paar Tipps: Machen Sie es sich zur Gewohnheit, zu jeder Mahlzeit etwas zu trinken. Zudem sollte überall dort, wo man sich länger aufhält, gut sichtbar immer etwas Trinkbares bereitstehen.

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Wer krank ist, braucht (manchmal) eine besondere Kost

Spezielle Diäten für bestimmte Erkrankungen werden heute nur noch selten verordnet, da sich zahlreiche „Schonkostformen“ als nutzlos erwiesen haben. Im Gegenteil: Jede Empfehlung, die die Lebensmittelauswahl einschränkt, kann leicht mehr schaden als nutzen. Bei alten Menschen kommt es vor allem darauf an, dass sie ausreichend essen, um bei Kräften zu bleiben. Dies ist im Krankheitsfall ganz besonders wichtig, um nicht dauerhaft abzubauen, sondern bald wieder auf die Beine zu kommen.

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Die Verdauung kann man durch reichliches Trinken und eine hohe Zufuhr von Ballaststoffen unterstützen. Reicht es nicht aus, viel Obst (v.a. Beerenobst), Gemüse und Getreideprodukte zu essen, können zwei oder drei eingeweichte und gegebenenfalls pürierte Trockenpflaumen für Abhilfe sorgen. Auch ein Glas lauwarmes Wasser oder Sauerkrautsaft, morgens auf nüchternen Magen getrunken, sind bewährte Hausmittel. In hartnäckigen Fällen hilft etwas Milchzucker oder Weizenkleie. Wird Kleie gegessen, muss unbedingt reichlich dazu getrunken werden, weil sich die Verstopfung sonst bis hin zum Darmverschluss verschlimmern kann.

Diabetes mellitus
Eine spezielle Diabetikerkost oder besondere Diabetikerlebensmittel werden heute nicht mehr empfohlen. Allerdings sollten Diabetiker versuchen, vorhandenes Übergewicht abzubauen und sich besonders ausgewogen zu ernähren. Wichtig ist es auch, körperlich aktiv zu sein. Um den Blutzuckerspiegel nicht zu sehr in die Höhe zu treiben und den Insulinbedarf in Grenzen zu halten, empfiehlt es sich außerdem, süße Lebensmittel nicht alleine, sondern in Kombination mit eiweiß- und/oder ballaststoffreichen Lebensmitteln zu verzehren, z. B. Honig auf Vollkornbrot, Obst mit Quark.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Wenn es darum geht, einen hohen Cholesterinspiegel zu verringern, um Herzinfarkte und Schlaganfälle zu vermeiden, erreicht man mit Medikamenten die größten Erfolge. Die Ernährung kann nur unterstützend wirken. Neben einer ausgewogenen und nicht zu reichlichen Kost ist die Auswahl des richtigen Fettes von Bedeutung. Denn die enthaltenen Fettsäuren können sich positiv auf die Gesundheit auswirken.

Heute wird zum Schutz von Herz und Gefäßen vor allem Rapsöl aufgrund seines Gehaltes an Linolensäure (eine Omega-3-Fettsäure) empfohlen. Auch regelmäßige Gemüse- und Fischmahlzeiten sowie ein regelmäßiger aber mäßiger Nuss- und Alkoholkonsum sind hier von Bedeutung.

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Krebs
Es gibt keine spezielle Krebsdiät. Viele Krebspatienten zehren jedoch rasch aus, sodass ihre Widerstandskraft nachlässt. Daher kommt es bei Tumorerkrankungen vor allem darauf an, den Ernährungszustand so gut wie möglich zu erhalten, indem der Patient seine „Wunschkost“ erhält.

Knochengesundheit
Etwa ab dem 40. Lebensjahr nimmt unsere Knochenmasse natürlicherweise langsam aber stetig ab. Durch eine ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D lässt sich auch im hohen Lebensalter etwas Gutes für die Knochen tun. Milch und Milchprodukte sind die bedeutendsten Calciumlieferanten. Wer keine Milch verträgt, kann meist auf Joghurt oder Käse ausweichen. Auch Nüsse, Brokkoli, Fenchel, Spinat und Grünkohl enthalten nennenswerte Mengen Calcium, die durch calciumreiche Mineralwässer ergänzt werden können. Vitamin D ist vor allem in Fisch, Ei und Innereien enthalten sowie in geringerer Menge auch in Pilzen und Milchprodukten.

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Wenn der Geldbeutel nicht mehr so prall gefüllt ist

Wenn die Rente knapp ist oder wenn durch Krankheit hohe Kosten entstehen, wird nicht selten am Essen gespart. Doch damit kann man sich leicht einen Bärendienst erweisen. Zudem muss gesunde Ernährung nicht teuer sein.

Folgende Tipps können helfen, nicht nur gesund, sondern auch preiswert zu essen:

  • Kaufen Sie saisongerecht ein, dann sind vor allem Gemüse und Obst preiswert.
  • Heimisches Obst und Gemüse ist meistens preiswerter als importierte exotische Ware.
  • Wenn frische Ware zu teuer ist, greifen Sie auf Tiefkühlware oder Konserven zurück. Es ist besser, Gemüse aus der Dose zu essen als kein Gemüse.
  • Kaufen Sie möglichst auf Vorrat ein, wenn es Sonderangebote gibt. Was nicht gleich verbraucht wird, kann portionsweise eingefroren werden.
  • Wenn frischer Fisch zu teuer ist, wählen Sie Fischkonserven.
  • Auch mit Eiern oder Quark lassen sich leckere Hauptmahlzeiten herstellen, die dem Körper hochwertiges Eiweiß liefern.

Wenn man nicht mehr alles selbst machen kann

Wenn das Einkaufen, das Zerkleinern und Zubereiten des Essens aus frischen Lebensmitteln schwieriger oder gar unmöglich wird, ist es an der Zeit, sich helfen zu lassen. Einkäufe können von Angehörigen oder freundlichen Nachbarn besorgt werden. Trauen Sie sich ruhig nachzufragen. Vielleicht freut sich ja ein Jugendlicher aus der Umgebung, dass er auf diese Weise sein Taschengeld etwas aufbessern kann. Für Getränke und Lebensmittel gibt es heute auch immer mehr Bringdienste. Der Fachhandel bietet zudem eine Reihe von Zerkleinerungs-, Ess- und Trinkhilfen an, die sich bei Beeinträchtigungen der Hände sowie bei Kauoder Schluckstörungen bewährt haben.

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Wer nicht mehr selbst kochen kann, hat heute eine große Auswahl an Halbfertig- und Fertigprodukten. So können anstelle von frischem Obst fertiges Apfelmus oder Obstpürees aus Babygläschen für Desserts oder das Frühstück verwendet werden. Bei Gemüse und Fleisch sind Tiefkühlprodukte und -gerichte empfehlenswert. Tiefgefrorenes Gemüse übertrifft die „frische“ Ware, die lange im Kühlschrank gelegen hat, oft im Nährstoffgehalt. Mit ein paar Gewürzen, einem Schluck Milch oder einem Stich Butter, können Fertiggerichte so nachgewürzt werden, dass sie schmecken wie selbst gemacht.

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Tipps für den Alltag

Wenn Krankheiten den Alltag erschweren, bleibt eine gesunde Ernährung leicht auf der Strecke:

  • Schmeck- und Riechstörungen sind im Alter häufig und können durch Krankheiten wie Morbus Parkinson noch verschlimmert werden. Wichtig ist eine ausreichende Zinkversorgung. Sie kann man vor allem mit Fleisch, Fisch, Nüssen, Hülsenfrüchten und Getreide verbessern. Ansonsten hilft gegen den nachlassenden Geschmackssinn nur intensiveres und abwechslungsreicheres Würzen. Probieren Sie ruhig neue Gewürze und Kräuter aus und würzen Sie das Essen so kräftig, dass es Ihnen wieder schmeckt.
  • Augenerkrankungen wie der graue Star lassen Mahlzeiten blass, konturlos und damit wenig appetitanregend erscheinen. Farbliche Kontraste auf dem Teller (z.B. verschiedene Gemüse- und Obstsorten) können hier ebenso helfen wie buntes Geschirr oder Platzdeckchen in kräftigen Farben. So wirkt ein helles Hähnchenfilet auf einem bunten Teller appetitlicher als auf weißem Geschirr.
  • Nachlassende Sehkraft kann dazu führen, dass Verdorbenes oder Verschimmeltes nicht erkannt wird. Um einen Lebensmittelverderb zu verhindern, sollten nur Mengen eingekauft werden, die in absehbarer Zeit auch verbraucht werden. Eine hygienische Lagerung im Kühlschrank und in gut schließenden Behältnissen beugt dem Verderb ebenfalls vor. Schimmelpilzgifte werden beim Kochen nicht abgetötet, sie sind unteranderem schädlich für die Leber. Werfen Sie ein Lebensmittel im Zweifel lieber weg.
  • Kauprobleme können viele Ursachen haben, von der schlecht sitzenden Zahnprothese bis hin zu Entzündungen durch mangelhafte Mundhygiene. Neben einer sorgfältigen täglichen Zahn- und Prothesenreinigung ist es notwendig, gelegentlich vom Zahnarzt den Sitz der Prothese prüfen und gegebenenfalls anpassen zu lassen. Bleiben die Kauprobleme bestehen, kann die Konsistenz der Nahrung angeglichen werden. Zum Frühstück kann es Haferflocken oder Grießbrei mit Milch und fein zerkleinertem Obst geben oder eine Milchsuppe mit Obstpüree.
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Weitere Tipps:
– Rinde vom Brot entfernen.
– Statt Körnerbrot Brot aus fein gemahlenem Vollkornmehl auswählen.
– Fleisch und Gemüse klein schneiden oder pürieren.
– Mehlig kochende Kartoffeln wählen und mit einer Gabel zerdrücken.
– Pürieren statt Weichkochen, das schont die Vitamine.
– Lebensmittel einzeln pürieren, damit kein unansehnlicher „Einheits-Brei“ aus der Mahlzeit wird.
  • Schluckstörungen behindern häufig, vor allem nach einem Schlaganfall, das Essen. Sie erfordern besondere Aufmerksamkeit, weil ein Verschlucken gefährliche Folgen haben kann. Auch hier sollten feste Lebensmittel püriert werden. Da jedoch auch Flüssigkeiten bei Schluckstörungen Schwierigkeiten bereiten, bieten Apotheken spezielle Mittel zum geschmacksneutralen Andicken an. Oft ist es ratsam, eine Ernährungsfachkraft zu Rate zu ziehen, die mit dem Patienten das richtige Schlucken wieder einübt.
  • Manche Medikamente mindern den Appetit oder verursachen Mundtrockenheit. Einige Rheumamittel fördern Entzündungen im Magen-Darmtrakt, entwässernde Medikamente begünstigen Flüssigkeitsmangel und Mineralstoffverluste. Eine möglichst regelmäßige Ess- und Trinkroutine hilft, diesen Problemen vorzubeugen. Sorgen Sie für eine angenehme Atmosphäre beim Essen und für Abwechslung bei den Gerichten.
  • Wird aufgrund einer Unverträglichkeit von Milchzucker (Laktose-Intoleranz) keine normale Milch vertragen, kann auf laktosefreie Milch ausgewichen werden. Häufig werden auch Sauermilchprodukte wie Joghurt oder Dickmilch sowie Käse gut vertragen.
  • Vergesslichkeit und auch das Alleinsein können dazu führen, dass zu wenig oder zu viel oder das Falsche gegessen wird. Wenn süße Speisen bevorzugt werden, sollten diese möglichst nährstoffreich sein. Dies gelingt leicht durch die Verwendung von Milch, Eiern und Obst, z.B. in Form von Grießbrei mit Obstpüree oder Eierpfannkuchen mit Äpfeln. Sorgen Sie so oft wie möglich für Gesellschaft beim Essen. So schmeckt es nicht nur besser, es fällt auch eher auf, wenn gesundheitliche Probleme auftreten.
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Guten Appetit: Essen mit Genuss

Ernährung ist weit mehr als Versorgung des Körpers mit wichtigen Nährstoffen. Menschen empfinden auch im hohen Lebensalter noch Freude am Essen und Trinken und möchten dies, so gut es geht, genießen. Damit es rundum stimmt, sollte die altersgerechte Kost

• gut schmecken
• gut bekömmlich / verträglich sein
• eingeschränkte Körperfunktionen berücksichtigen
• die Organfunktionen unterstützen
• die Abwehrkräfte stärken
• körperliche und geistige Fähigkeiten optimal fördern

Wer mit seinen lieb gewonnenen Essgewohnheiten 80 oder 90 Jahre alt geworden ist, wird der Ansicht sein, dass die gewohnte Kost nicht so falsch gewesen sein kann. Solange der Ernährungszustand und der Appetit gut sind, ist das auch völlig in Ordnung. Seinem Appetit zu folgen, ist ohnehin ein guter Rat, denn nicht selten „meldet“ sich der Körper mit speziellen Esswünschen, wenn ihm etwas fehlt.

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Allerdings sollte man bedenken, dass sich der Ernährungszustand im hohen Alter durch eine Erkrankung oder einen Unfall sehr schnell und nachhaltig verschlechtern kann. Nimmt man in jungen Jahren bei einem grippalen Infekt mal zwei Pfund ab, so ist das Ursprungsgewicht danach schnell wieder hergestellt. Im hohen Alter funktioniert dies nicht mehr so leicht. Dann bleibt das Gewicht meist niedriger, als es vorher war. Probieren Sie daher schon beizeiten die eine oder andere Verbesserung aus, um auf schlechtere Tage vorbereitet zu sein.

Tipps für Angehörige und Betreuer

Die gesündeste Kost nützt nichts, wenn sie nicht schmeckt oder nicht bekömmlich ist und deswegen auf dem Teller liegen bleibt. Wer nie Fisch aß oder keine Milch vertrug, wird diese auch mit 75 nicht mögen. Und wer ein Leben lang Weißbrot gegessen hat, dessen Darm wird im Alter mit Vollkornprodukten eher unangenehme Erfahrungen machen. Zu viele ungewohnte Speisen sind dem Erhalt des Appetits und eines guten Ernährungszustands nicht förderlich. Neben guter Absicht und dem Wissen um die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung ist daher vor allem Fingerspitzengefühl gefragt. Veränderungen sollten behutsam erfolgen und auf die individuellen Geschmacksvorlieben und Verträglichkeiten der Ihnen anvertrauten Senioren soweit irgend möglich Rücksicht nehmen.

Essen ist nicht alles: Frische Luft und Bewegung halten gesund

„Wer rastet, der rostet“, sagt der Volksmund wie immer knapp und treffend. Denn neben einer guten Ernährung ist die körperliche Aktivität der wichtigste Eckpfeiler für ein gesundes Altern. So nimmt die Muskelkraft zwischen dem 40. und dem 70. Lebensjahr um etwa 1,5 % pro Jahr ab. Bei Bettlägerigkeit sinkt sie jedoch um 5 % pro Tag!

Wer schwächer wird, bewegt sich weniger, wer sich weniger bewegt, läuft eher Gefahr zu stürzen. Wer stürzt, muss das Bett hüten, was die Kraft weiter mindert. Um die Muskelkraft, aber auch Koordination und Gleichgewicht zu erhalten, ist körperliche Aktivität unerlässlich.

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Idealerweise findet ein Teil der Aktivitäten im Freien statt, denn an der frischen Luft ist Bewegung noch nützlicher als drinnen. Der Körper benötigt das Sonnenlicht, um Vitamin D zu bilden, das die Knochen und das Immunsystem stärkt. Außerdem stimuliert das Tageslicht die Bildung von stimmungsaufhellenden Botenstoffen im Gehirn, es hilft den Hormonhaushalt, den Appetit, die Wasserausscheidung und den Schlaf zu harmonisieren.

Ein altersangemessenes Kraft- und Koordinationstraining, das auch Elemente aus fernöstlichen Trainingsmethoden wie dem Tai Chi enthalten kann, ist ebenfalls sinnvoll. Günstig sind Gruppenangebote, denn in Gesellschaft macht das Training mehr Spaß und schafft zudem soziale Kontakte. Allerdings sollten diese Gruppen von einem im Seniorensport erfahrenen Trainer angeleitet werden, um Überforderungen und Verletzungen zu vermeiden.

Mithilfe eines gezielten Trainings können selbst Hochbetagte ihre Muskel kraft binnen sechs Monaten verdoppeln. Das erleichtert nicht nur das Laufen oder das Treppensteigen, es reduziert auch die Sturzgefahr um etwa ein Drittel. Senioren, die aufgrund von degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates häufig unter Schmerzen leiden, erfahren nicht selten durch gezieltes Training eine Linderung.
Auch ganz normale Alltagsaktivitäten wie Haus- oder Gartenarbeit, Treppen steigen und Laufen sind ein gutes Training. Also: Erledigen Sie so lange wie möglich die alltäglichen Dinge selbst. Gehen Sie regelmäßig spazieren. Wenn sich die Gelegenheit bietet, schwingen Sie mal wieder das Tanzbein, denn mit Musik fällt das Bewegen leichter.

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Glücklicherweise wächst die Zahl der an die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Senioren angepassten Angebote, sei es im Sportverein oder in ambulanten Therapie- oder Seniorenzentren. Auch die Fitnessstudios öffnen sich allmählich den älteren Mitbürgern.

Denn: Wer nicht rastet, der rostet auch nicht.

Herausgeber:
CMA Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH
Ressort Wissenschafts-Service (Text)
Koblenzer Straße 148, 53177 Bonn
und
Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e.V. www.dggeriatrie.de

Bildnachweis aus Ratgeber:
CMA Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH, Bonn-Bad Godesberg, Seite 3 (unten): © Valentine – Fotolia.com, Seite 4: © Leon Forado – Fotolia.com, Seite 10: © Kristian Peetz – Fotolia.com, Seite 11 (oben): © bilderbox- Fotolia.com, Seite 11 (unten): © Mario – Fotolia.com, Seite 12: © eAlisa – Fotolia.com, Seite 13: © Carmen Steiner – Fotolia.com, Seite 14: © carmeta – Fotolia.com, Seite 15: © Glenda Powers – Fotolia.com, Seite 16: © falkjohann – Fotolia.com

Die pdf-Datei des Ratgebers – Auflage 1/2008 – finden Sie hier: http://patienten-bibliothek.de/_pb2015/pb/ratgeber/guten-appetit/Guten_Appetit.pdf
Die Printversion kann unter www.Patienten-Bibliothek.de bestellt werden.

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