Freude erleben – trotz Alzheimer

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Liebe Leserin, lieber Leser,

vielleicht befürchten Sie, ein nahe stehender Angehöriger könnte an einer Demenz erkrankt sein. Vielleicht haben Sie und Ihr Angehöriger auch gerade eine solche Diagnose mitgeteilt bekommen. Wie auch immer – Sie brauchen und suchen Informationen. Die vorliegende Broschüre will Ihnen hierbei eine erste Orientierung bieten.

Die meisten Demenzen sind derzeit noch nicht heilbar. Dieser negativen Sichtweise lässt sich jedoch mit guten Gründen eine positive entgegensetzen: Medikamentöse wie psychosoziale Maßnahmen können den Verlauf verzögern und die Lebensqualität sichern – sowohl die des Kranken als auch Ihre eigene. Zudem bleibt die Persönlichkeit lange erhalten: Eine Demenzdiagnose macht aus dem Ihnen vertrauten Menschen keinen Fremden.

Dennoch werden Sie in Zukunft mehr Verantwortung für Ihr erkranktes Familienmitglied übernehmen müssen. Die Angebote von Selbsthilfevereinen sind dabei von unschätzbarem Wert. Sie bieten nützliche Informationen und individuelle Beratung, emotionalen Zuspruch durch andere Angehörige, Entlastung von der Pflege, Förderung von Menschen mit Demenz und anderes mehr. Die Alzheimer Angehörigen-Initiative ist dabei als verlässlicher Ansprechpartner nicht mehr wegzudenken.

Angehörige, die einen Menschen mit Demenz betreuen wollen, haben keinen leichten Weg vor sich. Vieles lässt sich aber gemeinsam leichter bewältigen. Wie das möglich ist, soll Ihnen diese Broschüre zeigen.

Lassen Sie andere ein Stück des Weges mit Ihnen gehen!

Broschur_Alzheimer-3 Freude erleben - trotz Alzheimer

Prof. Dr. med. Elisabeth Steinhagen-Thiessen
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Evangelisches Geriatriezentrum Berlin


Demenz – Was ist das ?

Demenz ist der Oberbegriff für Erkrankungen, die mit einem Verlust geistiger Funktionen wie Gedächtnis, Orientierung, Sprache und Denken einhergehen und dazu führen, dass alltägliche Aktivitäten nicht mehr eigenständig durchgeführt werden können. Demenzen treten typischerweise im höheren Lebensalter auf. In einigen Fällen können sie bei frühzeitiger Diagnose ursächlich behandelt werden, z.B. bei einer Fehlfunktion der Schilddrüse. Die meisten Demenzen sind jedoch fortschreitend und können derzeit lediglich in ihrem Verlauf verzögert werden. Im Folgenden werden die wichtigsten fortschreitenden Demenzen vorgestellt.

Rund 60 % aller Demenzen werden durch eine Alzheimer-Krankheit hervorgerufen, die von dem bayerischen Nervenarzt Alois Alzheimer 1906 erstmalig beschrieben wurde. Krankhafte Eiweiß-Ablagerungen lassen Nervenzellen absterben und blockieren die Informationsweiterleitung im Gehirn. Um deren Ursache zu finden, untersuchen Forscher in der ganzen Welt derzeit u.a. genetische Einflüsse, Botenstoffe und Entzündungsprozesse im Gehirn.

Alzheimer-Patienten fallen zunächst durch eine erhebliche Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses auf, während das Langzeitgedächtnis anfangs noch intakt ist. Zu diesem Zeitpunkt hat das Gehirn aber schon eine Jahrzehnte währende schleichende Veränderung hinter sich, da Schädigungen lange von gesunden Nervenzellen ausgeglichen werden können. Wichtige Botenstoffe, die von der Erkrankung betroffen werden, sind das Acetylcholin und das Glutamat.

Die zweithäufigste Demenz ist mit 10 -20 % die vaskuläre Demenz. Sie tritt infolge von Durchblutungsstörungen auf, bei denen die das Gehirn versorgenden Arterien verengt oder verschlossen werden. Dadurch kommt es zu einer Mangelversorgung mit Sauerstoff und einem Absterben vieler Nervenzellen. Auch eine vaskuläre Demenz kann sich schleichend entwickeln; häufig kommt es jedoch zu abrupten Verschlechterungen mit vorübergehenden Besserungen. Das klinische Bild ist abhängig vom Ort der Schädigung: So treten bei manchen Patienten früh Halbseitenlähmungen auf, bei anderen Sprachstörungen; die Diagnose einer vaskulären Demenz setzt jedoch immer eine Gedächtnisstörung voraus.
Mischformen von Alzheimer-Krankheit und vaskulärer Demenz sind ebenfalls häufig, insbesondere bei hochbetagten Patienten.

Üblicherweise werden Demenzen in drei Stadien unterteilt:
Im leichten Stadium fallen die Betroffenen vor allem durch ihre Vergesslichkeit auf, bewältigen ihren Alltag jedoch noch weitgehend selbstständig. Im mittleren Stadium wird zunehmend Unterstützung notwendig. Die Kranken benötigen immer öfter Anleitung in den Aktivitäten des täglichen Lebens wie Waschen oder Anziehen.
Im schweren Stadium benötigen die Betroffenen Anleitung und Pflege bereits bei einfachsten Alltagshandlungen wie der Nahrungsaufnahme. Sie sind harn- und stuhlinkontinent. Zuletzt verlieren die Menschen mit Demenz die Fähigkeit, sich zu bewegen, zu sprechen und zu schlucken.


Warum ist eine Frühdiagnose wichtig?

Immer noch werden Demenzen gar nicht oder erst sehr spät diagnostiziert. Das ist äußerst bedauerlich, weil:

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  • einige seltenere Demenzformen geheilt werden können, z.B. wenn Depressionen, Schilddrüsenerkrankungen oder ein Vitaminmangel die Ursache sind,
  • bei den fortschreitenden Demenzen immerhin der Abbau verzögert werden kann,
  • eine Frühdiagnose den Patienten und seine Familie entlasten kann, weil sie eine Erklärung für das Verhalten liefert
  • der Betroffene dann eigenverantwortlich seine Zukunft planen, Verfügungen treffen und Vollmachten erteilen kann,
  • erst nach Diagnosestellung gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und Angehörigen möglich sind

Die Erkrankung früh zu erkennen, ist nicht einfach, da die meisten Demenzen sich sehr schleichend entwickeln. Demenzkranke werden zudem in der Öffentlichkeit häufig als unfähig, verrückt oder unzurechnungsfähig dargestellt und sind das Opfer billiger Witze. Dass die Betroffenen unter diesen Umständen meist versuchen, ihre Defizite zu kaschieren, muss man verstehen.

Die folgende Aufstellung bietet dem Laien dennoch eine kleine Orientierungshilfe zur Früherkennung.


Warnzeichen

Vergesslichkeit:
Die meisten Menschen vergessen ab und an einen Namen oder einen Termin. Tritt dies deutlich häufiger als früher auf, kann das ein erstes Zeichen für eine ernsthafte Gedächtnisstörung sein. Eine regelmäßige Einnahme der verordneten Medikamente ist oft schon im Frühstadium nicht mehr möglich.

Verlegen von Gegenständen:
Jeder Mensch hat schon einmal einen Schirm verloren oder seinen Schlüssel verlegt. Menschen mit Demenz passiert das wesentlich häufiger. Die Suche nach Brille, Schlüssel oder Portemonnaie wird zum Dauerthema.

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Räumliche Orientierung:
Im Frühstadium sind die an Demenz Erkrankten in ihrer gewohnten Umgebung noch orientiert. In einem anderen Stadtteil können sie jedoch hilflos sein. Wenn sie überhaupt noch öffentliche Verkehrsmittel benutzen, vermeiden sie Strecken mit Umsteigen.

Sprachprobleme:
Es ist normal, dass man sich einmal verspricht oder dass einem gelegentlich nicht das richtige Wort einfällt. Menschen mit Demenz passiert dies jedoch oft. Ihre Sprache wird auch inhaltsärmer und floskelhafter.

Umgang mit Geld:
Die Betroffenen verlieren das Gefühl für die Größe von Geldbeträgen. So werden auf einmal ungewöhnlich großzügige oder auch „geizige“ Trinkgelder gegeben. Durch die Vergesslichkeit werden manche Rechnungen doppelt, andere gar nicht bezahlt.

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Schwierigkeiten in neuartigen Situationen:
Probleme werden offensichtlich, wenn sich die Umgebungsbedingungen ändern. Kritisch kann etwa der Kauf eines neuen Haushaltsgerätes sein: Die moderne Waschmaschine, eigentlich leichter zu handhaben als das alte Gerät, kann nicht mehr selbstständig bedient werden.

Verlust der Eigeninitiative:
Demenzkranke verlieren häufig den Schwung bei ihrer Arbeit und das Interesse an ihren Hobbies. Sie meiden neue Aufgaben.

Stimmungs- und Verhaltensänderungen:
Im Frühstadium der Demenz, in dem die Kranken ihre Hirnleistungsschwäche meist gut wahrnehmen, kommt es häufig zu Angst und Depression. Apathie, Unruhe, Reizbarkeit und starke Stimmungsschwankungen sind ebenfalls möglich.


Wo ist eine Untersuchung möglich ?

Besonders im Frühstadium kann die Diagnostik schwierig und zeitaufwändig sein. Spezialisten findet man vor allem in den Gedächtnissprechstunden, die an psychiatrische, neurologische oder geriatrische Kliniken angeschlossen sind. Hier arbeiten Ärzte und Neuropsychologen eng bei der Diagnostik zusammen.


Wie wird die Demenz behandelt?

Eine ganzheitliche Behandlung der Demenz umfasst nicht medikamentöse und medikamentöse Ansätze. Es geht dabei nicht nur um eine Behandlung der Hirnleistungsstörungen, etwa des Gedächtnisses. Genauso wichtig ist es, sogenannten psychiatrischen Begleitsymptomen der Demenz wie Depression, Unruhe und Aggressivität entgegenzuwirken. Ein einfühlsamer Umgang der Angehörigen mit dem Patienten ist entscheidend. Aber auch die pflegenden Angehörigen müssen wirksam entlastet werden.

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Die nicht medikamentöse Behandlung

Ein Gedächtnistraining mit dem Ziel einer Leistungsverbesserung ist unrealistisch, weil bereits im leichten
Krankheitsstadium die Fähigkeit, Neues zu lernen entscheidend beeinträchtigt ist. Im Frühstadium profitieren
viele Kranke aber von Erinnerungshilfen wie einer Pinnwand oder einer Medikamenten-Dosierhilfe.
Im späteren Stadium wird auch dies nicht mehr erfolgreich sein. Memory-Spiele und Ähnliches können Kranke
sehr frustrierenSinnvoller ist es, sich auf die erhaltenen Fähigkeiten zu konzentrieren und diese spielerisch
zu fördern. Was man regelmäßig benutzt, bleibt länger erhalten! So stimuliert das gemeinsame Anschauen von
Fotoalben Erinnerungen an früher. Gleichzeitig sorgt man so für Erfolgserlebnisse. Menschen mit Demenz
sollten deshalb auch nicht vorzeitig Tätigkeiten abgenommen werden. Im Zweifelsfall sollte man über kleine
Fehler hinwegsehen bzw. diese unauffällig korrigieren.

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Eine gezielte Förderung der Alltagsfähigkeiten ermöglicht ambulante Ergotherapie. Der Therapieinhalt ist abhängig vom Krankheitsstadium: Im Frühstadium vielleicht die Benutzung eines Kalenders, im Spätstadium vielleicht der Umgang mit Besteck. Was immer geübt wird, muss kombiniert werden mit Tätigkeiten, die Freude bereiten und das Selbstbewusstsein fördern.
Bei vaskulärer Demenz kommt es oft zu einer Halbseitenlähmung. Dann wird regelmäßige Physiotherapie notwendig. Alzheimer-Kranke dagegen sindmeist bis ins späte Stadium mobil. Ausreichende Bewegung genügt dann. Logopädie zur Verbesserung der Sprach- und Sprechfähigkeit ist in der Regel nicht sinnvoll, da sie die Kranken überfordert.
Sinnvoll ist für viele Menschen mit Demenz auch der Besuch einer Tagespflegestätte. Dort werden Hirnleistung und Alltagsfähigkeiten von geschultem Pflegepersonal gefördert, vor allem in der Gruppe. Positive Erlebnisse und der Austausch mit anderen Menschen wirken auch Depressionen und Apathie entgegen. Tagespflege kann in allen Stadien sinnvoll sein, in der Regel jedoch besonders im mittleren.
Lebensqualität ist auch bei fortgeschrittener Demenz möglich, wenn das Umfeld stimmt. Ganz entscheidend ist hier der einfühlsame Umgang der Angehörigen. Menschen mit Demenz müssen das Gefühl haben, dass sie akzeptiert und geschätzt werden, unabhängig von ihrem Leistungsvermögen. Mehr dazu unter „Einrichten auf ein Leben mit Alzheimer“.


Welche Medikamente werden bei der Demenzerkrankung eingesetzt?

Obwohl etliche Arzneimittel gegen nachlassende Gedächtnisleistungen erhältlich sind, bleibt die Zahl der sinnvollen Mittel begrenzt. Nach strengen wissenschaftlichen Kriterien haben sich nur wenige Substanzen als wirksam erwiesen.

Zur medikamentösen Behandlung der Alzheimer-Demenz stehen zwei Arzneimittelgruppen zur Verfügung, welche die Botenstoffe Glutamat und Acetylcholin positiv beeinflussen. Eine Heilung der Erkrankung ist mit beiden Wirkstoffgruppen zwar nicht möglich; sie verzögern aber den Verlauf. Die Betroffenen gewinnen so für einen bestimmten Zeitraum an Selbstständigkeit und Lebensqualität. Den Angehörigen und Pflegekräften wiederum wird dadurch der Umgang mit den Patienten erleichtert.
Die sogenannten Acetylcholinesterase-Hemmer, zugelassen für das leichte und mittlere Stadium der Alzheimer-Krankheit, hemmen die Aktivität des Enzyms Cholinesterase, welches den Botenstoff Acetylcholin abbaut. Dadurch steigt die Menge des bei der Alzheimer-Krankheit verminderten Acetylcholins im Gehirn wieder an. Das verbessert dann die Informationsweiterleitung zwischen den Nervenzellen. Zu dieser Substanzgruppe gehören derzeit Donepezil (Aricept®), Galantamin (Reminyl®) und Rivastigmin (Exelon®).
Im Gegensatz zum Acetylcholin, dessen Konzentration bei der Alzheimer-Demenz vermindert ist, liegt der Botenstoff Glutamat im Überschuss vor. Der Wirkstoff Memantin (derzeit Axura®, Ebixa®) wirkt auf Glutamat. Ein Zuviel dieses Botenstoffes stört die Informationsübertragung, behindert damit die Nervenzellen in ihrer Funktion und lässt sie zugrunde gehen. Memantin verändert diese schädlichen Auswirkungen von Glutamat an den Bindungsstellen im Gehirn (sogenannte NMDA-Rezeptoren); gleichzeitig schützt es die Nervenzellen. Auf diese Weise können Lernsignale wieder erkannt werden. Zugelassen ist die Substanz zur Behandlung von moderater bis schwerer Alzheimer-Demenz.
Depressive Begleitsymptome der Demenz lassen sich mit sogenannten Antidepressiva gut behandeln. Dabei müssen Substanzen gewählt werden, die sich nicht nachteilig auf die Hirnleistung auswirken. Zur Behandlung von Unruhe, Wahnvorstellungen oder Aggressivität sollte man nach Möglichkeit zuerst nicht medikamentöse Maßnahmen einsetzen, da viele der hier verwendeten Arzneimittel die Hirnleistung verschlechtern können.


Einrichten auf ein Leben mit Alzheimer

Wenn Sie als Pflegender einen Angehörigen mit Demenz begleiten, brauchen Sie Geduld und Ausdauer. Suchen Sie sich deshalb frühzeitig Rat und Unterstützung, um Ihrer Aufgabe über längere Zeit gerecht werden zu können.

Folgende sechs Schritte helfen Ihnen, die Pflegesituation besser zu bewältigen:

Schritt 1Wissen über die Krankheit aneignen
Der „gesunde Menschenverstand“ ist nicht immer ein guter Ratgeber im Umgang mit Menschen mit Demenz. Eignen Sie sich deshalb das notwendige Basiswissen an, das Ihnen für die nächsten Jahre hilft, Ihr erkranktes Familienmitglied zu verstehen, zu begleiten und zu pflegen. Erfreulicherweise gibt es dazu bereits eine Fülle an Literatur (siehe www.AlzheimerForum.de). Fragen Sie aber auch bei Ihrer Pflegekasse nach speziellen Schulungen für Angehörige Demenzkranker gemäß §45 SGB XI. Ist eine Gerontopsychiatrische Beratungsstelle oder Alzheimer-Gesellschaft in Ihrer Nähe, sollten Sie nicht versäumen, sich individuell beraten zu lassen. Auch über das Internet finden Sie zu vielen speziellen Fragen ausführliche Informationen. Dort beantworten übrigens auch Experten Ihre individuellen Fragen per Email. Die Antworten können Sie dann ggf. an weitere Familienmitglieder weiterleiten, um sich darüber auszutauschen. Noch schneller ist der persönliche Rat, den Sie auch anonym über das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft erhalten (018 03 – 171017, Mo.- Do. 9 – 18 Uhr, Fr. 9 – 15 Uhr, 9 Cent pro Minute).

Schritt 2 – Die Krankheit als Tatsache annehmen
Gegen eine Demenz anzukämpfen, ist nicht nur aussichtslos sondern bindet auch viel Kraft und konzentriert Ihre Aufmerksamkeit auf die allmählich eintretenden Verluste. Viel hilfreicher ist es, Sie lenken Ihre Aufmerksamkeit auf die noch vorhandenen Fähigkeiten und helfen Ihrem Angehörigen, diese auch zu nutzen. Der Wechsel der Blickrichtung von den Defiziten zu den Fähigkeiten erleichtert Ihnen beiden, den Alltag zu bewältigen.

Im Dialog mit anderen Pflegenden gelingt Ihnen dieser Wechsel eher als alleine. Nehmen Sie deshalb an einer fachlich geleiteten Angehörigengesprächsgruppe oder Selbsthilfegruppe teil. Die Gruppe bietet Ihnen eine ausgezeichnete Möglichkeit zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch. Gibt es im näheren Umkreis keine Angehörigengesprächsgruppe oder können Sie aus zeitlichen Gründen nicht daran teilnehmen, stehen Ihnen mehrere Internet-Selbsthilfegruppen offen.

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Wichtig: der Dialog mit anderen Pflegenden

Schritt 3 – Das eigene Verhalten der Krankheit anpassen

Ihr Angehöriger mit Demenz kann sein Verhalten nicht mehr jeder Situation anpassen. Dann müssen z.B. Sie einspringen, um diese Defizite zu neutralisieren und möglichst noch vorhandene Fähigkeiten zu aktivieren.
Wird Ihr Angehöriger beispielsweise unruhig oder gar misstrauisch, wenn Sie ein längeres Telefonat führen, dem er nicht mehr folgen kann, dann beziehen Sie ihn körperlich in das Telefongespräch mit ein, indem Sie z.B. Ihren Arm um ihn legen und ihm zwischendurch erklären, um was es in diesem Gespräch geht. So können Sie weiterhin Kontakt zu Freunden und Bekannten halten, ohne dass Ihr Angehöriger mit Demenz sich ausgegrenzt fühlt. Dadurch nimmt er emotional am Gespräch teil und bleibt in dieser Situation ruhig.

Schritt 4 – Den Erkrankten verstehen
Viele konfliktträchtige Situationen lassen sich leichter bewältigen, wenn Sie sich in die Situation des Angehörigen mit Demenz versetzen und die Welt mit seinen Augen bzw. Gehirn sehen, das Gegenwart und Vergangenheit nicht mehr klar trennt. Wenn beispielsweise ein schon lange berenteter Demenzkranker morgens ins Büro gehen möchte, hilft es nicht, ihn auf seinen Irrtum hinzuweisen. Er befindet sich gerade in einer anderen Realität und wird gereizt auf Korrekturversuche reagieren. Stattdessen sollte man den Kranken ablenken – die Erinnerung an die geplante Aktivität geht dann meist schnell verloren.

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Schritt 5 – Die Lebensbedingungen der Krankheit anpassen
Haben Sie die ersten vier Schritte getan, fällt es Ihnen leichter, z.B. die Nachbarschaft über die Demenz aufzuklären, damit ungewöhnliches Verhalten als krankheitsbedingt akzeptiert wird. Ihren Alltag können Sie aber auch durch Veränderungen in Ihrer Wohnung erleichtern. Nutzen Sie dazu möglichst das Fachwissen einer Beratungsstelle für Wohnraumanpassung (www.wohnungsanpassung.de).

Schritt 6 – Für sich selber sorgen
Wenn Sie langfristig für Ihren Kranken sorgen wollen, müssen Sie auch an sich denken. Wer sich nur „aufopfert“, wird später möglicherweise zum zweiten Patienten. Um das zu vermeiden, sollten Sie sich regelmäßig wenigstens für ein paar Stunden aus der Pflegesituation zurückziehen und diese Zeit nutzen, um sich selbst etwas Gutes zu tun. Nutzen Sie die gewonnene Freizeit möglichst so, dass diese Sie gefühlsmäßig wieder aufbaut, etwa indem Sie wöchentlich Ihr Enkelkind besuchen. Dies tut auch Ihrer Pflegemotivation gut, die Sie brauchen, um die Pflege lange leisten zu können. Alles was Sie für sich selber tun, kommt auch dem Familienmitglied mit Demenz zugute. Jede Minute Auszeit gibt Ihnen neue Kraft für Ihre anspruchsvolle Aufgabe.
Seit einigen Jahren haben viele Träger so genannte niedrigschwellige Betreuungsangebote für Menschen mit Demenz eingerichtet. Hier sind vor allem die i.d.R. vierstündigen Betreuungsgruppen zu nennen. Sie sind oft wichtige Wegbereiter zur Nutzung ganztägiger gerontopsychiatrischer Tagespflegestätten, die Sie als Sachleistung in Anspruch nehmen können. Ist Ihr Familienmitglied mit Demenz nicht gruppenfähig, sollten Sie Einzelbetreuungen in Ihrem häuslichen Umfeld nutzen. Sie werden inzwischen vielerorts angeboten. Die Pflegekassen erstatten die Kosten hierfür regelmäßig im Rahmen der niedrigschwelligen Betreuungsangebote (§ 45 a/b SGB XI) – manchmal auch im Rahmen der Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI). Tanznachmittage, gemeinsame Ausflüge und Betreute Urlaube ermöglichen es Ihnen, zusammen mit dem erkrankten Angehörigen nicht nur ein Stück Normalität zu bewahren, sondern auch gemeinsame Momente der Freude zu erleben – trotz Alzheimer.

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Gemeinsame Ausflüge sorgen für ein Stück Normalität

Menschen mit Demenz verstehen und betreuen

Durch die sorgfältige Beobachtung der Körpersprache lassen sich die Gefühle Ihres Angehörigen durchaus entschlüsseln. Sie auch zu verstehen und angemessen darauf einzugehen, ist aber nicht immer einfach. Dazu gehört es, die aktuelle Situation aus der Sicht des Kranken nachzuempfinden („in seinen Schuhen gehen“). Dabei ist es nützlich, sich stets vor Augen zu halten, dass durch den Verlust des Kurzzeitgedächtnisses Menschen mit Demenz ihr Dasein als eine verwirrende Folge von Filmschnipseln erleben.

Je verständnisvoller, einfühlsamer und phantasievoller die Pflege, desto langsamer schreitet die Krankheit fort. Beachten Sie bitte:

  • Nichts geschieht aus Böswilligkeit oder Verstocktheit.
  • Ihr Angehöriger mit Demenz verhält sich immer nur so, wie sein Gehirn es zulässt.
  • Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto mehr sind wir Gesunde gefordert.
  • Streben Sie einen fürsorglichen, aber zugleich bestimmten Umgangston an.
  • Warten Sie geduldig auf eine Reaktion oder Entgegnung (Minuten, nicht Sekunden).
  • Geben Sie klare Anweisungen in einfachen, kurzen Sätzen.
  • Erleichtern Sie das sprachliche Verständnis durch Mimik und Gestik.
  • Vermeiden Sie Diskussionen. Sie sind zwecklos. Lenken Sie lieber ab oder ein, statt auf der eigenen Meinung zu bestehen.
  • Anschuldigungen und Vorwürfe überhören Sie am besten, auch wenn es schwer fällt.
  • Sorgen Sie für Beständigkeit und Routine im Tagesablauf.
  • Indem Sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit konkrete Angaben zu Zeit, Datum, Ort und Namen machen, helfen Sie bei der Orientierung.
  • Fordern Sie den Kranken, ohne ihn zu überfordern.
  • Suchen Sie Problemlösungen auf der Ebene Ihres Angehörigen.

Menschen mit Demenz haben genauso differenzierte Bedürfnisse wie Menschen ohne Demenz. Sie können sie in der Regel lediglich nicht mehr ausdrücken. Daher ist wichtig, die Bedürfnisse zu kennen, um daraus die richtigen Verhaltensweisen abzuleiten:

körperliche Bedürfnisse

  • Überwachen Sie die Trinkmenge, da sich Durst, Hunger zurückentwickeln.
  • Überprüfen Sie, ob der Kranke friert oder schwitzt, da ein alter Mensch leichter friert.
  • Sorgen Sie für ausreichend Ausgang, besonders bei dem häufig ausgeprägten Bewegungsdrang.
  • Schicken Sie den Kranken nicht zu früh ins Bett, da sich bei alten Menschen das Schlafbedürfnis zurückentwickelt.

Bedürfnis nach Sicherheit

  • Beugen Sie Unfällen vor, z.B. durch eine Herdsicherung.
  • Vermeiden Sie Unruhe und Hektik.
  • Pflegen Sie Rituale, z.B. das Tischgebet.
  • Geben Sie bei Ortswechseln (z.B. Kurzzeitpflege) vertraute Gegenstände mit.
  • Sprechen Sie Themen an, die in gesunden Jahren von Bedeutung waren und es möglicherweise noch immer sind.

soziale Bedürfnisse

  • Nutzen Sie Möglichkeiten der nonverbalen Kommunikation (Berühren, Blickkontakt).
  • Sorgen Sie für eine konstante, verlässliche Bezugsperson.
  • Vertrauen Sie den Kranken einer Gruppe Gleichbetroffener an, z.B. in einer Tagespflegeeinrichtung.

Bedürfnis nach Selbstachtung

  • Bieten Sie Tätigkeiten an, die zur Biografie und noch vorhandenen Fähigkeiten passen.
  • Loben Sie selbst den kleinsten Erfolg.
  • Sprechen Sie gezeigte Gefühle an (auch „negative“, z.B. Traurigkeit) statt sie zu ignorieren oder gar zu bagatellisieren.

Bedürfnis nach Selbstverwirklichung

(Fähigkeit dazu geht stark zurück!)

  • Lenken Sie ein statt zu beharren.
  • Bieten Sie Tätigkeiten mit Bezug zum früheren Leben an.
  • Stellen Sie Bezüge zur Biographie her.
    Die Biographie ist oftmals der Schlüssel zu noch vorhandenen Fähigkeiten, die es bewusst zu fördern gilt, um das Selbstwertgefühl zu stärken.

Das folgende Beispiel zeigt, wie die oben stichpunktartig skizzierten Verhaltensweisen umgesetzt werden können:

Menschen mit fortschreitender Demenz entwickeln zuweilen Fehlwahrnehmungen. Sie glauben dann etwa, fremde Menschen seien in ihrer Wohnung und fürchten sich entsprechend. Das Gefühl der Angst sollte ernst genommen werden. Statt gemeinsam durch die Wohnung zu gehen, um zu beweisen, dass dort niemand ist, kann es viel einfacher – und vor allem auch entlastender – sein, die Wohnungstür zu öffnen, die vermeintlichen Eindringlinge laut und bestimmt der Wohnung zu verweisen, die Tür wieder zu schließen und kundzutun, dass man dafür gesorgt habe, dass jetzt niemand fremdes mehr in der Wohnung sei. Und das ist ja nicht einmal gelogen.

Freude erleben trotz Alzheimer – Angehörige erzählen

Sollten Sie eines schönen Montag nachmittags in Berlin zufällig am Zehlendorfer Nachbarschaftsheim vorbeispazieren und Ihnen schlägt laute Musik, Gelächter und fröhliches Stimmengewirr entgegen, so treten Sie ruhig etwas näher und staunen Sie! Dort findet keine Jugend-Disco statt, sondern das Tanzcafé der Alzheimer Angehörigen-Initiative! „Tanzcafé? Alzheimer? Wie passt das zusammen?“ – mögen Sie nun vielleicht denken. Es passt!!

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, zu glauben, Alzheimer-Kranke merken nichts mehr, vegetierten nur vor sich hin…

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Musik, Bewegung, liebevolle Zuwendung, ein unbeschwerter Urlaub oder ein befreiendes Lachen – sei es auch mal über sich selbst – all das hilft, den schweren und oft aussichtslos scheinenden Alltag mit einem Alzheimer-Kranken besser zu meistern!

Ihre Ines Krüger
MDR-Moderatorin der Polit-Talkshow
“FAKT ist …..!”

PS: Ich habe schon viele schöne Nachmittage im Tanzcafé erlebt.

Regelmäßige Alzheimer-Tanzcafés, gemeinsame Ausflüge (etwa Dampferfahrten, Zoobesuche oder Spaziergänge im Botanischen Garten und Nachmittage in einem guten Restaurant oder Café mit gehobenem Ambiente) sowie Betreute Urlaube – wie sie z.B. die Alzheimer Angehörigen-Initiative anbietet – vermitteln nicht nur ein Stück Normalität, sie schaffen auch den Rahmen, wenigstens Momente der Freude zu erleben. Sie sind die Leuchttürme im meist grauen Pflegealltag und tragen wesentlich dazu bei, verloren geglaubten Optimismus und Lebensfreude zurück zu gewinnen.

Akzeptanz, Wertschätzung und Verständnis für die demenziell Erkrankten sowie Entlastung, Informationsaustausch und neue soziale Kontakte, die auch über den Betreuten Urlaub hinaus gepflegt werden, stehen im Vordergrund. Einige mitreisende Angehörige berichten:

„Meine Frau hat sich wie beim letzten Betreuten Urlaub auch diesmal wieder regeneriert: Sie zeigt jetzt wieder mehr Anteilnahme an dem Geschehen um sie herum, bewegt sich sicherer und mehr und spricht vor allem auch wieder besser.“ Siegfried Köppel

„Der beschützende Rahmen und die familiäre Atmosphäre während des Betreuten Urlaubs, die Geborgenheit und Nähe sowie die Herzlichkeit der Betreuer geben mir Zuversicht.“ Elvira Horn

„Ich habe gelernt, freundlicher und gelassener mit meiner Frau umzugehen.“ Werner Hellwig

„Ich habe auf dem Betreuten Urlaub den Mut gefunden, mich künftig stärker meiner Selbsthilfegruppe anzuschließen.“ Gertrud Straßburg

„Ich habe das Lachen wiedergefunden. Ich habe Zukunftsängste abgebaut, und die Zuversicht gewonnen, dass auch trotz des fortschreitenden Krankheitsverlaufs das Leben für uns beide lebenswert bleibt und der Kranke zu einer inneren Zufriedenheit finden kann.“ Jutta Eggenmüller

„Die Freundschaft zu anderen, wieder lachen zu können und die vielen Tipps, die ich während des Betreuten Urlaubs bekommen habe, sind für mich von bleibendem Wert.“ Irma Dittberner

Die folgende Episode gibt einen Einblick in ganz konkrete Situationen, in denen demenziell Erkrankte und ihre Angehörigen wieder Freude erleben durften – trotz Alzheimer:

Laurentia, liebe Laurentia mein

Bei unseren zahlreichen Betreuten Urlauben in Bad Bevensen ist ein Besuch des großzügig angelegten Jod-Sole-Thermalbades die Attraktion für unsere Demenzkranken und deren Angehörige. Bereits ein, spätestens zwei Tage nach der Ankunft verabreden sich einige Angehörige für den Nachmittag zu einem gemeinsamen Besuch der Therme, um sich dort wohl zu fühlen und Spaß zu haben.

Letztens sorgten wir dort sogar für ein kleines Aufsehen. Alle Angehörigen bildeten im Wasser einen Kreis, umarmten sich, sangen und tanzten „Laurentia, liebe Laurentia mein, wann wollen wir wieder beisammen sein, am Mo-on-tag!“ Wer das Lied nicht kennt: Das Lied hat sieben Strophen und wird bei jedem Wochentag um einen Wochentag verlängert. Bei jedem Laurentia und jedem Wochentag wird eine Kniebeuge gemacht. Na, das gab einen riesigen Spaß, dem sich andere Badekurgäste wohl gerne angeschlossen hätten.

Viel Freude erleben aber auch unsere demenziell Erkrankten, wenn sie die Kurbahn Thermelinchen zum Thermalbad bringt, wo jeder von ihnen von einem unserer Betreuer erwartet wird.

Mit dabei Wilhelm H., langjähriger Gast unserer Weddinger Betreuungsgruppe und Ehemann einer der Laurentia-Frauen vom Vortag. Als ehemaliger Geschäftsmann ist er immer sehr bedächtig und lässt sich alles genau erklären. Für ihn, wie auch für alle anderen demenziell Erkrankten, ist das Thermalbad eine ganz neue Erfahrung. Geleitet am Arm seiner Betreuerin Ellen überwindet er seine anfängliche Ängstlichkeit und folgt ihr vertrauensvoll am Treppengeländer ins warme Nass – bis ihm das Wasser bis zur Brust reicht. Nun spürt er die scheinbare Schwerelosigkeit seines Körpers. Er fühlt sich sichtlich wohl. Nach und nach lösen sich die Spannungen seiner Muskulatur.

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Schließlich ermutigt ihn Ellen sich auf den Rücken zu legen. Sie würde ihn mit ihren Armen über Wasser halten. Voller Zutrauen lässt er sich auf ihren Vorschlag ein.

Ellen lässt seinen Körper langsam auf dem Wasser gleiten, das durch den Salzgehalt besonders gut trägt. Wie eine Feder schwebt er auf den Wellen! Seine Arme und Beine bewegen sich gemächlich im seichten Wasser.

Nach einer Weile des Schwebens wollte Herr H. diesen angenehmen Schwebezustand auch seiner Betreuerin zukommen lassen. Während ich bei einem anderen Demenzkranken leichte Bewegungsübungen am Unterwasserstrahler durchführte, traute ich meinen Augen kaum. Mit einem freudigen Juchzen ließ sich Ellen rücklings in die Arme von Herrn H. gleiten. “Sehn Sie mal,“ rief Herr H. ganz aufgeregt „ich trage sie ganz einfach auf meinen Händen!“ Dabei tippelte er stolz im Wasser mit der nicht gerade zierlich gebauten Ellen auf dem Arm an mir vorbei.

Andere Demenzkranke tummeln sich mit ihren Betreuern im Außenbecken, das durch die etwas kältere Luft dampft. Mutig drehen sie sich im Strömungskanal oder lassen die warme Schwalldusche auf die Schultern prasseln.

Mit leuchtenden Augen tauschen wir Betreuer uns am Abend noch lange über unsere außergewöhnlichen Erlebnisse dieses Tages aus. Sie waren wie eine Offenbarung für unsere Krankenpflege-Azubis vom Berliner Vivantes-Klinikum, die als Gastbetreuer mitgereist sind. Ihre positiven Erfahrungen von der Betreuung Demenzkranker in der Therme wollen sie unbedingt ihren Kommilitonen und Dozenten weitergeben.

Gerhard Pohl, Berlin, Teamleiter der Alzheimer Angehörigen-Initiative

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Erlebnisse und Gedanken zum Tanzcafé
Seit 2005 komme ich jeden Monat mit einer kleinen Gruppe unserer Bewohner ins Alzheimer Tanzcafé im Nachbarschaftsheim Mittelhof. Meist begleite ich Menschen mit mittlerer bis schwerer Demenz.

Im Tanzcafé spielt eine Live-Band alte Schlager, Altberliner Melodien und Gassenhauer. Das soziale Gedächtnis erinnert sich. Ein Strahlen erscheint auf sonst angespannten Gesichtern.

Trotz meines Wissens über die Wirkung von Musik bei Menschen mit Demenz, bin ich jedes Mal wieder erstaunt über Reaktionen / Emotionen und fühle mich in der Arbeit bestätigt.

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So beginnen etwa Menschen, die sonst sehr schwer zu mobilisieren und an ihren Rollstuhl gebunden sind, im Rhythmus der Musik mitzuschunkeln. Bewegen ihre sonst immobilen Arme, wackeln mit dem Fuß im Takt. Manchmal gelingt es mir, mit genau diesen Bewohnern zu tanzen. Es herrscht ein Moment der Sicherheit und Geborgenheit im Hier und Jetzt.

Auch erlebe ich, dass Bewohner, die kaum noch Worte zu einem Satz zusammenstellen können, sich an die Lieder erinnern; erst mitsummen und dann die alten und bekannten Texte erinnern und die Lieder mitsingen.

Ich schätze auch die Situation für Angehörige im Tanzcafé für sehr angenehm ein. Für einige Stunden erleben sie die Beziehung zu ihrem erkrankten Angehörigen aus einer anderen Perspektive. Krankheit und Sorgen können an diesem Nachmittag vergessen werden. Evtl. vorhandene Schwierigkeiten z.B. beim Essen spielen keine Rolle. Es existiert eine diskriminierungsfreie Umgebung.

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Im Tanzcafé bemerkt man, welche Schranken die Musik überwinden kann. Durch die Musik und das Tanzen, das Beisammensein und Wohlfühlen kommt verloren gegangene Lebensfreude zurück. Lebensqualität wird geschaffen. Die Musik ist den Menschen mit Demenz vertraut; sie lässt Sicherheit und auch Kompetenz spüren in einer Umwelt, die für die Menschen unvertraut und auch bedrohlich geworden ist. Die Musik holt Erinnerungen und Emotionen zurück und ist Nahrung für Körper und Seele.

Dipl. Sozialpädagogin Sylvia Becker,
Ev. Pflegeheim Lutherstift, Berlin

Hilfe annehmen heißt: Lebensqualität erhalten

Einem Menschen in der Demenz beizustehen, ihn zu beaufsichtigen, zu schützen, zu betreuen und zu pflegen, lässt der Hauptpflegeperson auf Dauer immer weniger Zeit für eigene Interessen und die Pflege sozialer Kontakte. Aber gerade die sind jetzt so wichtig, Kraft zu tanken, die dringend gebraucht wird, um jahrelang Tag für Tag die notwendige Unterstützung leisten zu können.

Vielerorts haben sich deshalb Angehörige zu Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen und Städte und Gemeinden Beratungsstellen eingerichtet. Alzheimer-Gesellschaften bündeln oftmals diese Angebote und entwickeln weitere hinzu.

Eine Vielfalt an Informations-, Beratungs- und Entlastungsangeboten, wie sie die Alzheimer Angehörigen-Initiative (AAI) seit fünfzehn Jahren in Berlin aufrechterhält, wird nicht überall anzutreffen sein. Manchmal werden diese Leistungen aber von verschiedenen Trägern angeboten. Im Folgenden werden sie kurz vorgestellt und ihre Wirkungen beschrieben:

Persönliche Beratung per Telefon oder in einer Beratungssprechstunde

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In einer schwierigen Situation können Sie durch die telefonische Beratung schnellen Rat erhalten. Der Rat wird umso hilfreicher sein, je besser Ihr Berater Sie und Ihre Lebenssituation kennt. Deshalb
sollten Sie – soweit noch nicht geschehen – umgehend einen Termin für eine persönliche Erstberatung vereinbaren.


Wenn Sie dann in der Beratungssprechstunde von einem Gesprächspartner erwartet werden, der Ihre Sorgen, Probleme und Nöte versteht und sich derer annimmt, werden Sie bereits die erste psychische Entlastung erfahren. Im weiteren Gesprächsverlauf werden grundlegende Fragen angesprochen wie:

  • die Veranlassung einer fundierten Diagnose (z.B. durch eine Gedächtnissprechstunde)
  • die Beantragung einer (höheren) Pflegestufe sowie zusätzliche Leistungen bei der Pflegeversicherung (Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie niedrigschwellige Entlastungsangebote nach dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz)
  • das Erstellen einer Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung bzw. Betreuungsverfügung oder Beantragung der gesetzlichen Betreuung
  • die weitere Begleitung entweder durch fortlaufende Einzelgespräche oder die Teilnahme an einer nahe gelegenen Angehörigengesprächsgruppe bzw. Internet-Selbsthilfegruppe.
  • Ihre mögliche Entlastung durch Einzel- o. Gruppenbetreuung, ortsnahe Tagespflegestätten, Sozialstationen, Kurzzeitpflegeeinrichtungen, etc.

Darüber hinaus kann es noch zahlreiche andere Anlässe für eine individuelle Beratung geben, z.B. Hilfe beim Widerspruch, wenn eine Pflegestufe abgelehnt wurde.

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Persönliche Beratung im häuslichen Umfeld

Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf wird es immer schwieriger, die eigene Wohnung zu verlassen. Dann werden Sie gerne das eventuelle Angebot annehmen, sich zu Hause beraten zu lassen. Wir
empfehlen Ihnen, dem Berater bei dieser Gelegenheit Einblick in Ihr häusliches Umfeld zu gewähren.


Denn je besser das ein Berater kennt, desto individuellere Tipps (z.B. zur krankheitsgerechten Wohnraumanpassung) kann er Ihnen geben und Sie – ggf. auch weitere Familienmitglieder – praxisnah im Umgang mit dem Demenzerkrankten anleiten.
Wurde eine Pflegestufe beantragt, entsendet der Medizinische Dienst der
Krankenfassen (MDK) einen Gutachter, um u.a. den Pflegebedarf festzustellen. Damit dabei auch alle Besonderheiten berücksichtigt werden, die bei Menschen mit Demenz zu beachten sind, ist es erfahrungsgemäß vorteilhaft, auch hier den Berater hinzuzuziehen.

Persönliche Beratung via InternetBroschur_Alzheimer-3 Freude erleben - trotz Alzheimer

Mitglieder unterschiedlicher Berufsgruppen beantworten persönlich Ihre Fragen per Email: www.AlzheimerForum.de\beratung.html

Fachlich geleitete Angehörigengesprächsgruppen …

In einer Angehörigengruppe können Sie Aufgeschlossenheit und ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl erleben. Gegenüber Menschen in gleichen Situationen fällt es leichter, sich zu öffnen. Fremdheitsgefühle werden schnell vergessen. Die gegenseitige Anteilnahme ist wohltuend. Die Angehörigen reden über Schuldgefühle, sprechen Ängste aus, trösten und bestärken sich gegenseitig, schöpfen Kraft und fassen neuen Mut.

Die fachkompetente Leitung hilft auch Ihnen bei der gemeinsamen Suche nach individuellen Problemlösungen, klärt über die Krankheit auf, macht auf die veränderte innere Lebenswelt von Menschen mit Demenz aufmerksam und schult die Wahrnehmung z. B. für deren unausgesprochenen Bedürfnisse und Gefühle.

… mit gleichzeitiger Betreuung der Erkrankten (Betreuungscafé)

Damit Sie an der Angehörigengesprächsgruppe teilnehmen können, ohne sich um Ihren erkrankten Angehörigen sorgen zu müssen, können Sie ihn idealerweise zu den Gruppentreffen mitbringen, um ihn von geschultem Personal in einem gesonderten Raum betreuen zu lassen.

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In diesen Gruppen werden die Gäste nicht nur beaufsichtigt, sondern aktivierend betreut. Die Betreuer gestalten das Programm so, dass die Gäste untereinander in Kontakt treten und sich deren Stimmung aufhellt. Dabei aktivieren und trainieren sie die verbliebenen und verdeckten geistigen und körperlichen Fähigkeiten der Gäste, was auch deren Selbstwertgefühl stärkt.

Nach der Angehörigengesprächsgruppe geben die Betreuer ihre während der Betreuungstätigkeit gewonnenen Erkenntnisse gerne an Sie weiter. So erhalten Sie weitere wichtige Hinweise, die Ihnen helfen können, die häusliche Versorgung zu verbessern.

Betreuungsgruppen

Vielerorts werden so genannte „Betreuungsgruppen“ angeboten. Sie sollen Ihnen einen persönlichen Freiraum ermöglichen und Sie zeitweise entlasten, damit Sie

  • Zeit für sich haben, um Kraft zu schöpfen
  • wichtige Termine wahrnehmen können
  • Einkäufe erledigen können
  • soziale Kontakte pflegen können
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Wie im Betreuungscafé werden hier bis zu acht gruppenfähige Menschen mit Demenz aktivierend betreut – allerdings unabhängig von einer Angehörigengesprächsgruppe und vor allem länger, i.d.R. für vier bis fünf Stunden. Idealerweise wird zusätzlich ein Fahrdienst angeboten, der die Gäste von zu Hause abholt und heimbringt. Dadurch verlängert sich nicht nur Ihr persönlicher Freiraum entsprechend, Sie werden auch vom Bringen und Holen entlastet.

Auch die Aktivitäten ähneln denen des Betreuungscafés. Zusätzlich werden hier noch gemeinsam mit einigen Gästen die Mahlzeiten zubereitet. Zuvor werden die notwendigen Lebensmittel gemeinsam von Betreuern und Gästen eingekauft. Nach dem Essen helfen sogar einige Gäste unter Anleitung bei der Küchenarbeit. Dabei werden viele Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung trainiert und bleiben so länger erhalten.

Häusliche Entlastungsbetreuung

Ist die Teilnahme an einer Betreuungsgruppe nicht möglich, können Sie sich dennoch zeitweise entlasten, indem Sie Ihren demenziell erkrankten Angehörigen zu Hause betreuen lassen. Dabei werden ganz individuell seine verbliebenen geistigen und körperlichen Fähigkeiten aktiviert und die Beziehung zum Betreuer gepflegt und das Selbstwertgefühl gestärkt. Diese Wirkungen lassen sich auch dann noch erzielen, wenn sich Ihr Angehöriger vorübergehend oder dauerhaft in stationärer Pflege befindet.

Alzheimer-Tanzcafés

Entfliehen Sie mit Ihrem demenziell erkrankten Angehörigen regelmäßig dem grauen Alltag und erleben Sie einige freudvolle Stunden in einer anregenden und entspannten Umgebung. Im Alzheimer-Tanzcafé finden Sie den geschützten Rahmen, in dem Sie der sozialen Ausgrenzung vorbeugen können bzw. wieder Zugang zum gesellschaftlichen Leben finden und neue Kontakte knüpfen. Hier erleben Sie Freude – trotz Alzheimer.

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Vertraute Schlager und bekannte Melodien regen alle Gäste zum Mitsingen oder Summen an. Sie erinnern an frühere „gesunde“ Zeiten und die damit verbundenen positiven Gefühle. Dadurch werden beide Hirnhälften aktiviert, was zu einer unerwarteten Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit führt.

Betreute Urlaube

Gönnen Sie sich regelmäßig Urlaub von der Pflege, um neue Kraft zu schöpfen. Um den Erholungswert nicht zu gefährden, sollte die Urlaubszeit nicht durch die Sorge um das zurückgebliebene Familienmitglied mit Demenz überschattet werden.

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Deshalb bieten einige Alzheimer-Gesellschaften mindestens einwöchige „Betreute Urlaube“ in nahe gelegene Urlaubsregionen an, die Erholung bei gleichzeitiger Nähe zum Erkrankten ermöglichen. Sie können sich körperlich und seelisch regenerieren und Ihren Urlaub unbeschwert genießen und brauchen sich nicht um den Erkrankten sorgen. Ihre so gewonnene Gelassenheit wird sich auf den Kranken übertragen und Ihnen beiden ermöglichen, auch Momente der Freude zu erleben. Darüber hinaus werden körperliche, soziale und geistige Fähigkeiten Ihres erkrankten Angehörigen gefördert, wie bei den anderen Hilfsangeboten beschrieben.

Leistungen der Pflegeversicherung

Viele Broschüren zur Pflegeversicherung berücksichtigen eine demenzielle Erkrankung allenfalls am Rande. Das ist kein Zufall, denn der Gesetzgeber hat vorgeschrieben, dass Anerkennung einer Pflegestufe nur folgende Bereiche zu berücksichtigen sind:

  1. Körperpflege: Hilfe beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- oder Blasenentleerung
  2. Ernährung: mundgerechtes Zubereiten oder die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme
  3. Mobilität: Hilfe beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
  4. hauswirtschaftliche Versorgung: Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung und das Beheizen

Die Pflegestufe I wird anerkannt, wenn der tägliche Pflegeaufwand für die genannten vier Bereiche mindestens 90 Minuten beträgt – davon mind. 46 Minuten in der Grundpflege.

Um eine Pflegestufe zu erreichen,

  • führen Sie ein Pflegetagebuch
  • dokumentieren Sie darin jeweils auch die Dauer Ihrer zeitlichen Gebundenheit bei der „aktivierenden Pflege“, also die Zeiten für die Motivation, Anleitung und Beaufsichtigung während der oben genannten ersten drei Bereiche
  • legen Sie den Schwerpunkt niemals auf Ihre hauswirtschaftlichen Hilfestellungen
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Ausführliche Informationen dazu finden Sie im Internet unter www.AlzheimerForum.de/2/14/1/2141inh.html#SGB_XI-Antrag.

Bei Anerkennung einer Pflegestufe haben Sie Anspruch auf so genannte Sachleistungen wie z.B. die Nutzung ambulanter Pflegedienste oder Tagesbetreuung. Wenn Sie die Kombinationsleistung (§ 38 SGB XI) nutzen, können Sie zusätzlich zu den Sachleistungen auch anteiliges Pflegegeld erhalten. Das heißt, wenn die Kosten für die Sachleistungen den Maximalbetrag nicht erreichen, erhalten Sie zusätzlich ein prozentual anteiliges Pflegegeld.

Zusätzliche Pflegeversicherungsleistungen

Trotz Ablehnung einer Pflegestufe können Sie Anspruch auf Betreuungsleistung (§45 a/b SGB XI) in Höhe von jährlich bis zu 1.200 € (Grundbetrag) bzw. bis zu 2.400 € (erhöhter Betrag) haben. Deshalb sollten Sie bei einer bestehenden Demenz in jedem Fall Leistungen der Pflegeversicherung beantragen. Für die Betreuungsleistung spielt es nämlich keine Rolle, ob die für eine Pflegestufe erforderlichen Zeiten zusammenkommen.

Die Betreuungsleistung, die auch nicht auf das Pflegegeld angerechnet wird, können Sie formlos beantragen. Es wird aber nicht direkt an den Pflegebedürftigen ausgezahlt. Sie müssen es für so genannte „qualitätsgesichert niedrigschwellige Betreuungsangebote“ einsetzen. Das sind z. B.

  • stundenweise Häusliche Entlastungsbetreuung
  • Teilnahme an Betreuungscafés und oder Betreuungsgruppen
  • allgemeine Anleitung und Betreuung durch zugelassene Pflegedienste
  • Tages-, Nacht- oder Kurzzeitpflege (Kosten für Unterkunft und Verpflegung)

Wenn Sie Ihren Anspruch in einem Kalenderjahr nicht ausschöpfen, können Sie den nicht verbrauchten Betrag bis zum 30. Juni des Folgejahres zusätzlich nutzen.

Beantragen Sie die zusätzlichen Betreuungsleistungen umgehend, denn die Betreuungsleistungen werden für das Antragsjahr nur anteilig gezahlt (also bei Antragstellung am 1. Juli bis zu 600 € bzw. 1.200 €).

Wenn Sie bereits 6 Monate zu Hause gepflegt haben und z. B. wegen Krankheit oder Urlaub verhindert sind, ersetzt die Pflegekasse die Kosten für eine Ersatzpflegeperson. Diese so genannte Verhinderungspflege (§39 SGB XI) ist eine Zusatzleistung von bis zu 1.550 € jährlich, die Sie gesondert beantragen müssen. Die Verhinderungspflege können Sie auch stundenweise nutzen, ohne dass deshalb ihr Pflegegeld oder die Sachleistungen gekürzt werden. Begründen Sie in diesem Fall Ihre Verhinderung damit, dass Sie regelmäßig Auszeiten von der aufreibenden Pflege benötigen. Sie können die Verhinderungspflege auch zur Finanzierung der niedrigschwelligen Betreuungsangebote nutzen oder zur Erstattung der Pflegekosten während der Betreuten Urlaube.

Besteht eine Pflegestufe, können Sie – etwa für den Fall, dass Sie selbst erkranken – weitere 1.550 € jährlich für die Kurzzeitpflege (§ 42 SGB XI) beantragen und zwar ohne jede Wartezeit. Falls Sie eine Kurzzeitpflegeeinrichtung in Anspruch nehmen, achten Sie bei Vertragsabschluss darauf, dass die Kosten hierfür nicht über die Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) abgerechnet werden – es sei denn, Sie haben die Kurzzeitpflege bereits ausgeschöpft.

Bei allen drei genannten Zusatzleistungen der Pflegeversicherung werden Ihnen die zuvor verauslagten Kosten erstattet. Die Pflegekasse erstattet Ihnen die Kosten entsprechend den eingereichten und von Ihnen bereits beglichenen Rechnungen, die Sie als Belege einreichen müssen. Wenn Sie jedoch eine so genannte Abtretungserklärung abgeben, brauchen Sie nicht in Vorkasse zu treten. Der Leistungserbringer rechnet dann direkt mit der Pflegekasse ab.

Als weitere Möglichkeit, anfallende Kosten nicht erst verauslagen zu müssen; können Sie auch noch unbeglichene Rechnung bei der Pflegekasse einreichen, die dann den Betrag direkt an den Leistungserbringer überweist.

Verauslagte Kosten können von der Pflegekasse auch rückerstattet werden, wenn die entsprechenden Zahlungsbelege erst dem Antrag beigefügt sind. Grundsätzlich sollten diese Leistungen aber erst beantragt und dann in Anspruch genommen werden.

Über alles Weitere informiert Sie ausführlich der „Leitfaden zur Pflegeversicherung“ der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (siehe: https://www.deutsche-alzheimer.de/ueber-uns/presse/artikelansicht/artikel/aktualisierte-broschuere-der-deutschen-alzheimer-gesellschaft-erschienen-leitfaden-zur-pflegeversic.html).

Bildnachweis:
1. Umschlagseite, Seite 10, 17, 20, 22, 4. Umschlagseite Michael Hagedorn, Rellingen, Telefon 0 4101 – 55 23 37 www.michaelhagedorn.de, alle weiteren Alzheimer Angehörigen-Initiative e.V., Südbild, pixelio.de

Herausgeber:
Alzheimer Angehörigen-Initiative e.V.
Reinickendorfer Str. 61, 13347 Berlin
Telefon 030 – 47378995, Telefax 030 – 47378997
www.Alzheimer-Organistion.de, AAI@AlzheimerForum.de

Autoren:
Rosemarie Drenhaus-Wagner, erste Vorsitzende Alzheimer Angehörigen-Initiative e.V.
Jochen Wagner, Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit

Die pdf-Datei des Ratgebers – Auflage 4/2012 – finden Sie hier:
http://patienten-bibliothek.de/_pb2015/pb/ratgeber/Alzheimer//Broschur_Alzheimer.pdf

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