COPD und Asbestose

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Artikel aus der Zeitschrift Patienten-Bibliothek / COPD in Deutschland – Winter 2017
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…oder COPD durch Asbestose?

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Zunächst wurde COPD diagnostiziert, das zusätzliche Vorliegen einer Asbestose erst 10 Jahre später als Zufallsbefund.

Rudolf Bitsch (73) lebt mit seiner Familie in Lebach, einer kleinen Stadt im saarländischen Landkreis Saarlouis. Er hat COPD mit Lungenemphysem,
Stadium IV und benötigt eine Langzeit-Sauerstofftherapie.

Aufgrund des Lungenemphysems wurde die Möglichkeit einer Lungenvolumenreduktion in Betracht gezogen. Zu den üblichen Voruntersuchungen zählt eine Bronchoskopie (Lungenspiegelung). Während dieser Untersuchung wurde Rudolf Bitsch auch eine Probe seines Lungengewebes entnommen. In der anschließenden
zellgeweblichen Untersuchung fanden sich Asbestfasern.

Die zusätzliche Diagnose Asbestose schloss eine Lungenvolumenreduktion aus. Nun galt es für Rudolf Bitsch sich auf die neue Situation einzustellen, ein Leben mit zwei chronischen Erkrankungen.

Die Ursache der Asbestose konnte aufgrund seiner früheren beruflichen Tätigkeit im Baugewerbe im Umgang mit asbesthaltigem Zement eindeutig belegt werden. Die Anerkennung der Asbestose als Berufserkrankung erfolgte durch die Berufsgenossenschaft (BG).

Ob sich die COPD aufgrund der Asbestose entwickelt hat, ist bis heute nicht geklärt. Zwei Gutachten, die der Frage nachgingen, wurden erstellt (ein Gutachten aufgrund der Aktenlage). Das Ergebnis: ein eindeutiger, wissenschaftlich nachweisbarer Zusammenhang sei nicht bewiesen.

Auf die therapeutischen Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren hinsichtlich der COPD verordnet wurden, hatte Rudolf Bitsch immer anders reagiert, als zu erwarten gewesen wäre. Inhalationen wirkten bei ihm nur sieben, anstatt 24 Stunden. Auch weitere Medikamente, wie beispielsweise stark cortisonhaltige Präparate, vertrug er schlechter. Inzwischen erfolgt eine speziell auf Asbestose abgestimmte Medikation.

Derzeit machen akute Verschlechterungen Rudolf Bitsch Probleme, geringste Bewegungen führen zu Atemnot. Die eigene Mobilität ist absolut eingeschränkt, Fahrten mit dem Auto oder gar Besuche der Selbsthilfegruppe sind nicht mehr möglich.

„Ich werde allerdings sehr gut betreut durch eine spezialisierte ambulante palliative Versorgung, der SAPV in Merzig-Schwemlingen, die alle 2-3 Tage vorbeikommt“, schildert Rudolf Bitsch, der inzwischen die Pflegestufe III hat. Durch diese Betreuung ist auch eine Verabreichung morphinhaltiger Medikamente zur Linderung der Atemnot und der damit einhergehenden Ängste möglich.

Seine Familie ist in seiner Nähe. „Neben meiner Frau, habe ich auch zwei Kinder und zudem zwei tolle Enkel“, erzählt Rudolf Bitsch mit Stolz. Aktuell macht er sich vor allem hinsichtlich der Versorgung seiner Frau die größten Sorgen, denn für eine Witwenrente kommt die Berufsgenossenschaft nicht mehr auf.


Rudolf-Bitsch-239x300 COPD und AsbestoseMögliche Gefahrenquellen

Die Anzahl möglicher asbesthaltiger Produkte ist groß. Gefährlich wird es vor allem, wenn diese Altlasten unsachgemäß saniert werden. Insbesondere wenn ein Umbau oder die energetische Sanierung
eines Hauses ansteht, kann ein verborgenes Problem akut werden. In Häusern bis Baujahr 1994 kann Asbest nach wie vor eine Gefahr darstellen.

Asbest im privaten Umfeld wird immer dann gefährlich, wenn Fasern freigesetzt und eingeatmet werden können. Dies kann bei verbauten Produkten dadurch passieren, dass sie abnutzen, im Zuge von
Renovierungen entfernt oder besonderen Beanspruchungen ausgesetzt werden. Zu einer besonders hohen Freisetzung von Fasern kann es dann kommen, wenn asbesthaltige Bauteile bearbeitet (zum
Beispiel angebohrt oder angesägt), nicht sachgerecht ausgebaut oder entsorgt werden.

Die häufigsten asbesthaltigen Produkte in Haushalten befinden sich in Dächern und Fassaden aus Asbestzement, in Innenräumen (Wänden, Decken, Verkleidungen, Fensterbänke, Rohrleitungen), Fußbodenplatten aus PVC, Vinyl-Fußbodenbelägen, Asbestpappe z. B. hinter Öfen und Heizkörpern, Asbestschnüre z. B. zum Hitzeschutz. Auch Elektro-Speicherheizungen (Nachtspeicherhöfen vor allem
aus den Baujahren 1977-1982) können Asbest enthalten.

Quellen: www.umweltbundesamt.de, www.test.de, 05.01.2017, Asbest im Haus: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt – Informationsdokument zum kostenlosen Downloaden

Bundesverband der Asbestose Selbsthilfegruppen e.V.

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Der Bundesverband ist ein Zusammenschluss der Landesund Ortsverbände der Asbestose-Selbsthilfegruppen.
Wir informieren – wir beraten – wir fördern:

Kontakte sowie den Gedanken- und Erfahrungsaustausch
zwischen den Erkrankten und auch den Angehörigen.
Beratung durch Betroffene, Fachärzte, Fachkliniken und
Therapeuten über Diagnose, Vorsorge, Therapie, medizinische
Behandlungen und ergänzende alternative Heilmethoden.
Kontakte zu den Krankenkassen, zur Klärung der Vorsorge,
Heilbehandlung, Therapien, Rehabilitation, Anerkennung
von Berufskrankheiten und Rente.

Als Bundesverband wirken wir vor allem gesellschaftspolitisch und geben den Interessen der Geschädigten eine Stimme.

Laut offizieller Berufskrankenstatistik gibt es 36.000 Asbesttote, konservativ geschätzt sind es weit mehr als 70.000.


Die Anerkennungsraten von asbestbedingten Berufskrankheiten sind in Deutschland epidemiologisch belegbar viel zu gering. Dies gilt insbesondere für Lungenkrebs, der mit einer 2,5-mal höheren Rate anerkannt werden müsste. Jüngere epidemiologische Studien gehen noch von weit höheren Raten aus.

Lesen Sie weiter auf www.asbesterkrankungen.de

Kontakt
Bundesverband der Asbestose Selbsthilfegruppen e.V.
1. Vorsitzender Harald Niemann
Ottmuther Weg 13, 22848 Norderstedt
Telefon 040–35775540, Telefax 040–35775541
bundesverband@asbestererkrankungen.de
www.asbesterkrankungen.de


Fotonachweis:
Rudolf Bitsch
vvoe, Piotr Pawinski – Fotolia.com

Interview/Text:
Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek

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Der Beitrag wurde in der Winterausgabe 2017 der Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge veröffentlicht.

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