Asbest

© RUB, Kramer
Artikel aus der Zeitschrift Patienten-Bibliothek / COPD in Deutschland – Winter 2017
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Verboten bedeutet nicht beseitigt

„Asbest wurde wegen seiner vielen praktischen Eigenschaften in so großen Mengen wie kaum ein anderer Werkstoff verwendet – bis er in Deutschland im Jahr 1993 verboten wurde, da er krebserregend ist. Die vielen langlebigen Asbestprodukte wie Bodenbeläge oder Dachplatten begegnen uns noch heute im Alltag. Besonders Heimwerker sollten über Asbest Bescheid wissen, um sich und andere nicht zu gefährden“, formuliert das Umweltbundesamt im November 2017.

Asbest ist unvergänglich
Einmal in die Lunge gelangt, bleiben Asbestfasern ein Leben lang nachweisbar. Und gefährlich.

Asbest, ein in natürlichem Gestein vorkommendes faseriges Mineral, wurde in der Industrie wegen seiner Biobeständigkeit hoch geschätzt. Daher sein Name vom altgriechischen Wort „Asbestose“, das für „unvergänglich“ steht. Durchgeführte Lungenstaubanalysen und nun erstmals im Längsschnitt ausgewertete Daten bestätigen diese Biobeständigkeit auch für die menschliche Lunge.

Asbestfasern sind in der menschlichen Lunge über fast 40 Jahre in derselben Menge nachweisbar. Das hat die Auswertung eines weltweit einzigartigen Datensatzes des Deutschen Mesotheliomregisters am Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gezeigt. Der Datensatz enthält Messergebnisse der Asbestkonzentration in der Lunge ein und derselben Menschen, die im Abstand von 4 bis 21 Jahren gewonnen wurden.

Das Forscherteam um Inke Feder und Professor Dr. Andrea Tannapfel hat die Ergebnisse der Studie gemeinsam mit Kollegen vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung im European Respiratory Journal – einem der renommiertesten wissenschaftlichen Journale – veröffentlicht. Dieses Ergebnis gilt sowohl für den als gesundheitsgefährlicher geltenden Blauasbest als auch für den Weißasbest. Für letzteren – der in der Industrie am meisten verwendet wurde – war in der Fachwelt bislang umstritten, ob die Fasern in der Lunge überdauern oder nicht.

Asbest in der Lunge
Während in die Lunge eingedrungene Fremdpartikel normalerweise durch Flimmerhärchen abgefangen, zurück in die Atemwege transportiert und ausgehustet werden, können feine Fasern wie Asbest bis tief in die Lungenbläschen vordringen. Als Reaktion der Lunge können sich geflechtartige-netzähnliche diffuse Vernarbungen (Fibrose) mit den darin eingelagerten Stäuben bilden, die sogenannte Asbestose. Da die Asbestfaser so biobeständig ist, können die Fresszellen des Immunsystems sie nicht abbauen. Diese Fresszellen sterben ab und bilden die typischen Asbestkörper.

Dabei werden Inhaltsstoffe frei, die eine chronische Entzündung verursachen, woraus Krebs entstehen kann. Zudem reichern sich in dieser Hüllstruktur Elemente an, die ebenfalls für die krebserzeugende Wirkung der Asbestkörper verantwortlich sein können. Die Zeit zwischen dem ersten Asbestkontakt und dem Ausbruch einer asbestbedingten Erkrankung kann 10 bis 60 Jahre betragen. „Das heißt, eine asbestinduzierte Erkrankung kann noch ausbrechen, obwohl der letzte Asbestkontakt schon sehr lange zurückliegt“, verdeutlicht Professor Andrea Tannapfel.

Lungenfibrose von einer Asbestose kaum unterscheidbar
Da sich die Behandlungsmöglichkeiten stark unterscheiden, ist es wesentlich, asbestbedingte Erkrankungen von anderen zu trennen. Eine nicht durch Asbest verursachte Lungenfibrose zum Beispiel ist mit Medikamenten behandelbar, die für Asbestosen nicht zugelassen sind, da bisher keine Wirksamkeit gezeigt werden konnte.

Auch eine Lungentransplantation bei fortgeschrittener Fibrose kommt für Asbestose-Patienten in der Regel eher nicht in Betracht. „Im Röntgenbild sind nicht asbestbedingte Lungenfibrosen von einer Asbestose kaum zu unterscheiden“, erklärt Professor Dr. Rolf Merget, Arbeitsmediziner am IPA. „Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass Asbestfasern im Lungengewebe nach so langer Zeit noch nachweisbar sind.“


Quelle und Fotonachweis:
Ruhr Universität Bochum, RUB, 31. Juli 2017, Meike Drießen,
www.rub.de

Redaktion:
Sabine Habicht, Redaktionsleitung Patienten-Bibliothek

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Der Beitrag wurde in der Winterausgabe 2017 der Patienten-Bibliothek – Atemwege und Lunge veröffentlicht.

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